Sprengkraft
am Dekor.«
Es klopfte an die Scheibe und die Dolmetscherin stieg ein. Die Frau trug Kopftuch. Auch das noch, dachte Zander.
Der kleine Monitor zeigte die Straße. Autos, die sich auf der rechten Bildseite näherten, fuhren unmittelbar darauf links an ihnen vorbei.
»Zur Ausstattung gehört eine Rückfahrkamera«, erklärte der MEK-Mann.
»Natürlich«, antwortete Zander.
»Da kommen sie«, sagte Anna.
Auf dem Bildschirm erschienen Hiwa und ein weiterer südländisch wirkender, groß gewachsener Typ. Für einen Moment hielt der Große inne, trat seine Zigarette aus und zwinkerte in die Kamera am Wagenheck. Hiwa bekam es nicht mit.
»Der Scheinkäufer vom LKA«, kommentierte Anna.
Zander stellte seine nachgemachte Rolex nach der Uhr am Armaturenbrett. In wenigen Minuten würde auch Rafi eintreffen.
»Es geht mir darum, frei auszusprechen, was mehr und mehr Menschen bewegt seit dem 11. September 2001, seit den Anschlägen in Madrid und London, seit den gottlob vereitelten Anschlagsversuchen in unserem Land. In meinem Kölner Wahlkreis soll eine Großmoschee gebaut werden, eine von 187 neuen Moscheen, die in ganz Deutschland …«
Moritz stellte den Ton lauter, lief in die Küche und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Beim Einschenken schoss der Schaum über den Glasrand. Moritz trank etwas vom Bier ab. Sein Blick fiel aus dem Fenster. Die Mondsichel stand über der Stelle, an der die Ehrenfelder Zentralmoschee geplant war.
Mit dem tropfenden Glas in der Hand kehrte er vor den Bildschirm zurück. Er hatte den Rest von Carolas Antwort verpasst.
»Fanatismus, das ist ein gutes Stichwort. Das gefällt mir. Lassen Sie uns darüber reden, Carola. Gibt es nicht auch einen Fanatismus der Antifanatiker, eine Abwehrhaltung, die selbst zum Ismus werden kann? Schlägt die Verteidigung der Freiheit nicht irgendwo um in die Beschneidung der Freiheit der anderen? Beispiel Antiislamismus.«
Berechtigte Frage, dachte Moritz. Doch darauf gab es eine Antwort.
»Gegenüber Intoleranz darf es keine Toleranz geben.«
Richtig.
»Und wo bleibt die viel beschworene Religionsfreiheit?«
Vorsicht, Carola. Moritz nahm einen kräftigen Schluck.
Per Funk verfolgten sie die Gespräche im Café. Der Scheinkäufer war verdrahtet. Er unterhielt sich mit Hiwa über Qualitäten und Handelswege afghanischen Heroins. Ein wahrer Fachmann, dachte Zander.
»Hat er die dreißigtausend bei sich?«, fragte Anna.
»Wohl kaum. Rafi wird auch kein Rauschgift mit sich herumtragen. Die beiden müssen sich erst einmal beschnuppern. Erst wenn sie Vertrauen fassen, kommt es zum Deal. Wir sollten uns auf mindestens einen Ortswechsel gefasst machen. Aber das MEK wird dafür sorgen, dass wir dranbleiben, stimmt’s?«
Der Typ auf dem Fahrersitz wandte den Blick in den Rückspiegel und nickte.
Anna zog ihr Notebook aus der Tasche. Das Handy von Abderrafi Diouri wurde überwacht und die Signale des Mobilfunkbetreibers landeten nicht nur auf einem Computer im Besprechungsraum des KK 15. Aufgrund eines technischen Wunders, das Zander nicht begriff, konnte Anna drahtlos mithören, sobald Rafi telefonierte.
Doch es tat sich nichts.
»Habt ihr was gegen ein bisschen Musik?«, fragte der MEK-Leiter. »Ich schlaf sonst ein.«
»Solange es keine Country-Musik ist«, antwortete Zander. Er fing einen langen Blick aus dem Rückspiegel ein.
»Dann eben nicht«, sagte der Kollege, schloss die Augen und schmatzte.
Zander bezweifelte, dass der Kaugummi noch nach etwas schmeckte. Er beugte sich verstohlen nach vorn. Der Typ hatte tatsächlich Cowboystiefel an, spitz zulaufend und mit Applikationen.
Ein schlaksiger Pigmentierter, kaum volljährig, blieb draußen neben dem Hummer stehen, im Schlepptau einen Gleichaltrigen, der einen Geldschein in der Faust hielt und sich nervös umsah. Unmittelbar vor den getönten Scheiben der Polizei schlossen sie blitzschnell ihren Handel ab – am liebsten hätte Zander die beiden Kerle sofort aus dem Verkehr gezogen.
Er kontrollierte seine Uhr. Sie lief tadellos. Der junge Marokkaner war jetzt überfällig.
»Religion ist in unserer Gesellschaft Privatsache und in seinem Glauben ist jeder von uns autonom. Religionsfreiheit bedeutet übrigens noch etwas Zweites, und zwar Freiheit von Religion. Sie darf niemandem aufgezwungen werden, ob Christentum …«
Moritz applaudierte in Richtung des Fernsehers. Gut pariert.
Carola lehnte sich zurück und schlug die Beine
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