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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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schmeckte die Entenfrikadelle vorzüglich. Von seinem Kölsch nippte er nur. Bier um diese Uhrzeit machte ihn müde.

    »Alle meinen«, sagte Carola und zerteilte ihren Fisch, »ich sollte heute Abend bei Beckmann einen Zahn zulegen und kein Blatt vor den Mund nehmen. Klare Worte zum derzeitigen Moschee-Boom. Was denkst du, Moritz? Schärfe gibt Schlagzeilen. Populismus kann ich ganz gut.«

    »Vorsicht«, warnte Moritz. »Fahrenhorst lauert darauf, uns als Extremisten hinstellen zu können. Provokationen helfen uns nicht aus dem Umfragetief.«

    »Was sonst?«

    »Wenn wir unserem Projekt noch eine Chance geben wollen …«

    »Was bleibt uns anderes übrig?«

    »… dann sollten wir Kurs halten und die Wähler in der Mitte suchen. Es wird sich über kurz oder lang auszahlen.«

    In der Tür wartete bereits der junge Fahrer, der Carola zum Flughafen bringen sollte. Sie trank ihr Monsun-Dingsda leer und verabschiedete sich mit einem Kuss auf Moritz’ Wange.

    »Warte«, sagte er und notierte die Nummer seines Computerkumpels Henning auf einen Zettel, den er Carola in die Hand drückte.

    Sie zeigte ein flüchtiges Lächeln und bedankte sich.

22.

    Rafi parkte unweit des S-Bahnhofs. Mit Said im Schlepptau erklomm er die Treppe zum Bahnsteig. Yassin wartete bereits auf der hintersten Bank.

    Sie begrüßten sich mit Handschlag.

    »Wir denken an ein Kino«, sagte Rafi leise. »Für den Anfang.«

    Ein ICE brauste vorbei. Für einige Sekunden war keine Unterhaltung möglich. Blätter vom letzten Jahr wirbelten auf. Staub ließ Rafi husten.

    Dann sagte Said: »Ich hab Wasserstoffperoxid besorgt. Bin extra nach Belgien gefahren, damit es keiner registriert. Die Menge müsste jetzt ausreichen.«

    »Vorsicht, Brüder!«, warnte Yassin.

    »Rafi könnte auch versuchen, professionellen Sprengstoff zu besorgen.«

    »Wie lange wollen wir noch warten?«, fragte Rafi. »Ich hab mir das Kinoprogramm angeschaut. Der kommende Samstag wäre ideal.«

    Eine S-Bahn hielt, Leute stiegen aus.

    »Psst!«, machte Yassin und richtete den Blick auf seine Schuhe.

    Heute Nacht bin ich um dreißigtausend Euro reicher, dachte Rafi. Genügend Kohle, um nicht auf Saids Peroxid angewiesen zu sein.

    Männer und Frauen hasteten vorbei. Ein Typ blieb stehen, zündete sich eine Zigarette an und schlenderte weiter.

    »Rafi hat recht«, flüsterte Said. »Wir können auch ohne deine Verbindungen losschlagen.«

    »Kommt nicht infrage, kein Alleingang!« Yassin legte Rafi den Arm um die Schultern und fragte feierlich: »Bist du bereit für deinen Test, Bruder?«

    Rafi wunderte sich. An seinem Test arbeitete er doch längst.

23.

    Die Erkennungsmelodie der Talkshow erklang. Moritz hastete ins Wohnzimmer und kontrollierte den Rekorder, um sicherzugehen, dass das Ding die Sendung aufnahm.

    Die gemalten Ziegelmauern des Studios sollten offenbar die Hamburger Speicherstadt darstellen, die Musik verhieß fröhliche Unterhaltung. Der Moderator trug einen dunklen Anzug, keine Krawatte, die obersten Hemdknöpfe offen. Er blickte in die Kamera, als hinge sein Leben davon ab, das Publikum von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen.

    »Zu Gast bei mir heute, meine sehr verehrten Zuschauerinnen und Zuschauer, ist eine Frau, die polarisiert. Den einen gilt sie als mutig, den anderen als gefährlich. Sie ist attraktiv und versteht, sich in Szene zu setzen. Vor wenigen Tagen ist sie überraschend von der CDU zu den Freiheitlichen gewechselt und gilt seitdem als eine Art Oskar Lafontaine der Rechten. Begrüßen Sie mit mir in meinem Studio: Carola Ott-Petersen!«

    Schnitt in die Totale. Carola saß Beckmann gegenüber und strahlte Gelassenheit aus. »Ott genügt. Wir wollen Ihre Sendezeit ja nicht überziehen.«

    »Wie Sie wünschen.«

    Der Moderator lächelte und lehnte sich nach vorn. Carola wich nicht zurück. Der Tisch stand zwischen ihnen, doch ihre Gesichter waren sich ganz nah.

    »Was alle Welt sich derzeit fragt, Frau Ott: Ist Provokation Ihr Geschäft?«

     
    Zander benutzte die Durchfahrt am Ende des Jürgensplatzes, die der Polizei vorbehalten war, und steuerte den Omega in Richtung Innenstadt. Ihm fiel auf, wie schweigsam seine Beifahrerin war.

    »Was ist eigentlich das Problem mit deinem Freund?«, fragte Zander.

    Sie antwortete nicht. Ich bin zu indiskret, dachte er.

    »Hast du den Durchsuchungsbeschluss bei dir?«

    Anna klopfte gegen ihre Tasche, in der auch der Laptop war.

    Die Graf-Adolf-Straße führte geradewegs ins

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