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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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hatte.

    »Ich stehe gerade vor deiner Wohnung und finde keinen Schlüssel unter der Fußmatte. Wo hast du ihn versteckt?«

    »Sorry, Petra. Ich hab nicht damit gerechnet, dass du die Wohnung schon am Nachmittag brauchst.«

    »Lass dir deshalb keine grauen Haare wachsen«, sagte sie. »Ich wollte mich nur etwas frisch machen und die Tasche abstellen. Dann schleppe ich das Ding eben zu meinem Termin. Aber heute Abend lässt du mich rein, ja?«

    »Ich bin um sieben Uhr zu Hause. Versprochen. Ich freu mich auf dich!«

    Moritz setzt sich hinter seinen Schreibtisch und holte tief Luft. Ihm ging durch den Kopf, wie gemütlich es zu Hause gewesen war, als Petra und Gretchen noch bei ihm gewohnt hatten. Ein Ort der Ruhe und Vertrautheit – er spürte, wie sehr er das brauchte.

39.

    Natürlich hatte Veller den früheren Flug nicht mehr bekommen, dafür hatte die Zeit gereicht, um in einem Café ein belegtes Croissant hinunterzuschlingen und mit Cappuccino nachzuspülen.

    Immerhin startete auch der Rückflug pünktlich. Veller schnallte sich an und zog einen Schnellhefter aus seiner Tasche, der sein persönliches Dossier zur Sauerland-Gruppe enthielt. Er hatte es angelegt, weil er Fälle dieser Brisanz und Komplexität für lehrreich hielt. Einige der Informationen hatte Veller erst im Nachhinein erhalten, zum Teil aus der Presse. Vielleicht gab es Parallelen zu seinem aktuellen Fall.

    Die Sauerland-Gruppe hatte aus einem Türken und zwei Deutschen bestanden, die Kontakte zur usbekischen Islamischen Dschihad-Union unterhielten. Das Trio hatte zuletzt mehr als fünfhundert Beamte auf Trab gehalten, die als ›Ermittlungsgruppe Zeit‹ von Stuttgart, Wiesbaden und Berlin aus koordiniert worden waren. Nach monatelanger Überwachung war die Bande schließlich im September 2007 von Leuten der GSG-9 und des Bundeskriminalamts in Oberschledorn, einem Dorf im hintersten Hochsauerlandkreis, festgenommen worden.

    Als Drahtzieher galt ein gewisser Fritz Gelowicz, Konvertit wie Yassin alias Dennis Scholl. Bereits 2005 war Gelowicz wegen Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung kurzzeitig festgenommen worden und hatte seither unter Beobachtung gestanden. Fritz und seine Freunde hatten sich im Ulmer Multikulti-Haus kennengelernt, einem islamischen Zentrum, wo sie bei einem Hassprediger namens Yehia Yousif in die Lehre gegangen waren.

    Je tiefer sich Veller in die Kopien und Zeitungsausschnitte wühlte, desto merkwürdiger erschien ihm der damalige Fall.

    Ausgerechnet dieser Yousif war V-Mann des baden-württembergischen Landesamts für Verfassungsschutz gewesen. Seine Verpflichtungserklärung datierte von 2006. Heute lebte er in Ägypten, das Multikulti-Haus war längst geschlossen. Yousifs Sohn Omar war nach Saudi-Arabien ausgereist und arbeitete dort für eine islamische Wohlfahrtsagentur, die in einem Gebäude der US-amerikanischen Vinnell Corporation untergebracht war. Vinnell schulte saudische Sicherheitskräfte und galt als Tarnfirma der CIA.

    An Zufälle wollte Veller nicht recht glauben. Die Doppelrolle, die Yousif senior spielte, war ihm zuwider: Hassprediger und Verfassungsschutzspitzel. Wer hier wen benutzte, ausspionierte, deckte oder führte, darüber konnte Veller nur spekulieren. Natürlich behauptete die baden-württembergische Behörde, von Yousif nur lückenhaft informiert worden zu sein und ihm keinesfalls den Auftrag gegeben zu haben, Fritz Gelowicz und dessen Gesinnungsbrüder zum Terror anzuleiten.

    Es gab noch weitere Ungereimtheiten. Als Fritz G. mit seinen Freunden die US-Kaserne in Hanau als mögliches Anschlagsziel ausspähte, hielten ihn die Ermittler an und nahmen seine Personalien auf. Das Gleiche geschah, als ein Mitglied seiner Zelle in einer von US-Soldaten frequentierten Disco randalierte. Und ein paar Tage später stiegen die Islamisten an einer roten Ampel aus und zerstachen die Reifen des Fahrzeugs, in dem ihre Beschatter vom Verfassungsschutz saßen.

    Fritz und seine Kumpane wussten also, dass man sie kannte und observierte. Warum kauften sie dennoch 730 Kilogramm Wasserstoffperoxid bei einem Großhändler in Hannover, karrten das Zeug zuerst nach und nach in den Schwarzwald, dann einen Teil davon ins verschlafene Neunhundert-Seelen-Sauerlandnest Oberschledorn und machten sich dort ans Sprengstoffmischen? Weil sie dumm waren? Oder weil sie glaubten, ihnen könne nichts geschehen, weil sie protegiert wurden und im Auftrag eines Geheimdienstes handelten?

    Veller konnte nur

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