Sprengkraft
Kurden gemacht. Und als sie ihn nicht mehr brauchten, haben sie ihn abserviert.«
»Sicher?«
»Rafi hat das erzählt.« Noch ein tiefer Zug, dann drückte sie die Zigarette im Aschenbecher aus.
Zander sagte: »Es gibt noch eine zweite Version.«
»Die wäre?«
»Eine Frauengeschichte.«
Fatima lachte. Sie schüttelte die nächste Zigarette aus der Schachtel und drehte sie zwischen ihren Fingern. Unter der rauen Schale steckt ein Nervenbündel, dachte Zander.
»Wer könnte da infrage kommen?«, bohrte er weiter.
»Als Mörder? Jeder große Bruder einer Muslima. So denkt ihr Deutschen doch, oder etwa nicht?«
»Ist es denn anders?«
Anna mischte sich ein: »Mein Kollege will sagen, dass …«
»Nee, schon gut«, unterbrach Fatima. »Noureddine hatte Charme und warf mit seinem Drogengeld um sich. Die Frauen flogen auf ihn, aber er passte auf, mit wem er sich abgab.«
»Gab es vielleicht eine deutsche Frau?«, fragte Zander.
Fatima dachte nach, zündete die Zigarette an und schüttelte den Kopf. »Das hätte er erzählt. Außerdem: Wer sollte Noureddine töten wollen, weil er mit einer Deutschen geht?«
»Ihr Freund, wenn sie einen hatte.«
»So sind die Deutschen nicht.«
Zander blickte Anna an. »Jeder hat so seine Vorurteile, nicht wahr?«
Fatima sagte: »Ihre Wange ist ernsthaft entzündet, Herr Kommissar. Wann haben Sie das Pflaster zuletzt gewechselt? Kommen Sie, ich schau mir das mal an.«
Anna sah auf die Uhr, als wollte sie signalisieren, dass der nächste Termin auf sie wartete.
Zander folgte der Medizinstudentin ins Badezimmer. Sie ließ ihn auf dem Wannenrand Platz nehmen, riss ihm mit einem Ruck das Pflaster ab, das noch gar nicht alt war, und pfiff durch die Zähne. Die Zigarette hatte sie mitgenommen, der fensterlose Raum war im Nu verqualmt.
Fatima tränkte einen Wattebausch mit einer bräunlichen Tinktur und tupfte die Flüssigkeit auf die Wunde. Es brannte tierisch – Zander zuckte zurück.
»Männer sind wehleidiger als Frauen«, sagte sie. »Und das ist kein Vorurteil.«
Während sie Hansaplast zurechtschnitt, fragte Zander: »Noureddine hat es stets im Voraus gewusst, wenn die Polizei eine Razzia in seinem Café geplant hat. Woher?«
»Die Kurden hatten Verbindungen.«
»Die Kurden?«
»Ja. Verbindungen zu Ihren Kollegen.«
»Was wissen Sie darüber?«
»Nichts.«
»Reden Sie. Mir können Sie vertrauen.«
»Nein, ehrlich, ich hab nur gehört, dass es die Kurden waren, die Noureddine Bescheid gaben.«
»Wer genau?«
»Da müssen Sie schon die Kurden selbst fragen.«
Oder deinen kleinen Bruder, dachte Zander. In der Morgenbesprechung hatte es geheißen, dass Rafi morgen aufwachen würde. Zander nahm sich vor, ihn möglichst vor den anderen zu befragen.
Fatima vollendete ihr Werk und drückte die Kleberänder fest. Im Spiegel sah Zander, dass das hautfarbene Pflaster fast die ganze Wange bedeckte. Viel zu groß und auffällig, doch Zander bedankte sich brav. Sie lächelte, wich aber seinem Blick aus.
Du weißt mehr über das Bisnes, als du zugibst, dachte Zander.
Er fragte: »Bringt man Ihnen im Studium nicht bei, dass Zigaretten giftig sind?«
»Halten sich Polizisten stets an die Gesetze?«, entgegnete die Terroristenschwester und schnitt eine Grimasse.
Nebenan befand sich das Schlafzimmer. Keine Geräusche waren zu hören. Aber im Becher auf dem Bord lehnten zwei Zahnbürsten.
Zander steckte den Schlüssel ins Zündschloss, drehte ihn aber nicht.
»Was soll das werden«, fragte Anna. »Mittagspause im arschkalten Auto?«
»Wenn ich blaue Augen hätte wie Paul Newman, würde dir das sicher gefallen.«
»Idiot.«
»Gib mir fünf Minuten.«
»Wozu?«
Zander verglich seine Rolex mit der Uhr am Armaturenbrett und justierte sie nach. »Da war noch jemand in Fatimas Wohnung. Eine Person, die sich versteckt hat.«
»Wie kommst du darauf?«
»Hast du in Fatimas Wohnung ein Katzenklo gerochen?«
»Nein.«
»Na, siehst du.«
Zander verdrehte den Rückspiegel, um die Haustür im Blick zu haben. Anna gab es auf zu protestieren.
Zehn Uhr, Nachrichten. Er schaltete das Radio ein. Der Sprecher zitierte Politiker, die sich mit Kommentaren zur Bombe hervortaten. Nicht jeder Konvertit sei ein Terrorist, nicht jeder Moscheebesucher ein Sympathisant. Und die Deutschen seien zu besonnen, um jetzt auf Muslime loszugehen.
In der nächsten Meldung hieß es, dass Carola Ott-Petersen, die Bundesvorsitzende der
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