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Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihm das Gesicht weh tut. Das Ganze nennt sich ›am Geldbaum schüttehv, und es passiert in der vornehmsten Umgebung, aber wenn du nach Hause kommst, hast du das Gefühl, du hättest selbst den ganzen Tag in einer Kinotoilette gekniet und den hoch-angesehenen Geschäftsmännern den Schwanz geblasen.
    Aber was soll’s, das gehört zu meinem Spiel. Es ist ein Teil von meiner ›Buße‹, wenn Sie mir das Wort verzeihen wollen, aber meine Buße umfaßt keine Nekrophilie. Und ich habe das Gefühl, Mr. Dawes, daß Sie mir genau das anbieten. Deshalb muß ich Ihr Geld ablehnen.«
    »Wofür büßen Sie?«
    »Das«, antwortete Drake mit einem verzerrten Lächeln, »ist eine Sache zwischen mir und Gott.«
    »Warum wählen Sie dann diese Finanzierungsmethode, wenn sie Sie so sehr abstößt? Warum holen Sie nicht einfach …«
    »Ich mache es so, weil mir nichts anderes übrigbleibt. Ich bin ein Gefangener.«
    Mit einem plötzlichen, fürchterlichen Gefühl der Verzweiflung merkte er, daß Drake ihm gerade erklärt hatte, warum er hier arbeitete, warum er das alles tat.
    »Geht es Ihnen gut, Mr. Dawes? Sie sehen ein bißchen …«
    »Mir fehlt nichts. Ich wünsche Ihnen viel Glück, selbst wenn Sie so nichts erreichen werden.«
    »Ich mache mir keine Illusionen«, sagte Drake und lächelte. »Sie sollten sich noch einmal besinnen … und nichts Dramatisches unternehmen. Es gibt Alternativen.«
    »Gibt es die?« fragte er lächelnd zurück. »Machen Sie den Laden dicht. Gehen Sie mit mir raus, und wir beide machen zusammen ein Geschäft auf. Das ist ein ernsthafter Vorschlag.«
    »Sie wollen mich auf den Arm nehmen.«
    »Nein«, antwortete er. »Aber vielleicht gibt es da jemanden, der uns beide auf den Arm genommen hat.« Mit diesen Worten ergriff er die Geldscheine und rollte sie wieder fest zusammen. Der Junge in der Wolljacke war eingeschlafen.
    Der alte Säufer hatte seinen halbvollen Becher auf den Tisch gestellt und betrachtete ihn mit leerem Blick. Er summte immer noch vor sich hin. Als er an ihm vorbeiging, ließ er die Geldrolle in den Kaffeebecher fallen. Braune Brühe spritzte auf die Tischplatte. Mit schnellen Schritten verließ er das Kaffeehaus und schloß den Wagen auf. Insgeheim hoffte er, daß Drake ihm folgen würde, um zu protestieren, vielleicht, um ihn zu retten. Aber Drake kam nicht heraus. Vielleicht erwartete er von ihm, daß er zurückkäme und sich selbst rettete.
    Aber er stieg in seinen Wagen und fuhr weg.

14. Januar 1974
    Er fuhr in die Stadt und kaufte sich bei Sears eine Autobatterie und ein paar Starthilfekabel. Auf der Seite der Batterie stand mit gehöhten Plastikbuchstaben:

    EIN ZÄHER BURSCHE
     
    Als er wieder nach Hause kam, stellte er sie zu der Holzkiste im Wohnzimmerschrank. Er versuchte sich auszumalen, was wohl passieren würde, wenn die Polizei mit einem Hausdurchsuchungsbefehl hier auftauchte. Waffen in der Garage, Sprengstoff im Wohnzimmerschrank und eine Un-summe von Geld im Bierkrug auf dem Küchenregal. B. G. Dawes, der verzweifelte Revolutionär. Geheimagent X-g, von einem ausländischen Kartell beschäftigt, das zu geheim ist, um hier genannt zu werden. Er hatte ein Reader’s Digest-Abonnement, und die Hefte waren voll von solchen Geschichten und von den endlosen Kreuzzügen: die Anti-Raucher-Kampagne, die Anti-Pornographie-Kampagne, die Anti-Kriminalitäts-Kampagne. Die Geschichten waren viel spannender, wenn der erwähnte Spion einer aus der Nachbarschaft in der Vorstadt, also einer von uns war. KGB-Agen-ten in Willmette oder Des Moines, die in den Drugstore-Leihbibliotheken Mikrofilme austauschten, in Autokinos den gewaltsamen Umsturz der Republik planten und ihre Big Macs mit einem hohlen Zahn kauten, in dem sie Blausäure aufbewahrten.
    Ja, ein Hausdurchsuchungsbefehl, und sie würden ihn kreuzigen. Aber er hatte keine Angst mehr. Dazu waren die Dinge schon zu weit fortgeschritten.

15. Januar 1974
    »Sagen Sie mir, was Sie wollen«, sagte Magliore müde.
    Draußen regnete und schneite es zugleich; es wa ein grauer, trüber Tag. Ein Tag, an dem die Stadtbusse, wenn sie aus den verhangenen Nebelwolken auftauchten und eine Menge Wasser und Matsch hochspritzten, wie bösartige Ungeheuer aus den Fantasien eines manisch-depressiven Menschen wirkten. Ein Tag, an dem einem allein die Tatsache, daß man am Leben war, etwas psychopathisch vorkam.
    »Mein Haus? Meinen Wagen? Meine Frau? Sie können alles haben, Dawes, wenn Sie mich nur meine letzten Jahre in Ruhe und Frieden

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