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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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wenig anders. Wenn ich daran zurückdenke, wie bei uns der Funke übersprang, kann ich immer noch nicht glauben, dass in diesem Moment so etwas wie Liebe in der Luft lag.
    Eigentlich stank es nämlich nur nach Exkrementen.
    Wenige Stunden nach der Geschichte mit Wolfram W. brachte Frank mir einen Junkie in die Notaufnahme, der sich vollgekotet und eingenässt hatte und kaum ansprechbar war.
    Â»Ich bin heute wohl für die Drogies zuständig«, sagte Frank und grinste mich an, während wir den Patienten eilig durch die Gänge schoben.
    Â»Ich freu mich ja immer, dich zu sehen«, lächelte ich zurück. »Drogies hin oder her. Was ist denn mit ihm passiert?«
    Â»Ist mitten auf der Straße zusammengebrochen«, antwortete Frank, und mir war trotz der hektischen Situation nicht entgangen, dass er mir dabei zublinzelte. »Ein Kumpel von ihm erzählte, dass er sich alles Mögliche reingehauen hat. Alkohol, Heroin, Hasch – die volle Dröhnung.«
    Â»Na super.«
    Wir fuhren den Patienten in einen Behandlungsraum und hievten ihn gemeinsam von der Trage auf die Liege.
    Â»Weißt du eigentlich, dass du unglaublich süß bist?«, sagte auf einmal Frank, und er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als der Patient sich plötzlich erbrechen musste – auf mich, auf Frank und auf Boden und Wände.
    Â»Mist.«
    Ein Arzt und zwei Schwestern eilten uns zu Hilfe und übernahmen den Patienten, der sich wenigstens so leer gespuckt hatte, dass er keine Magenspülung mehr brauchte.
    Von oben bis unten beschmutzt standen Frank und ich uns gegenüber, während meine Kollegen den Patienten in ein anderes Behandlungszimmer brachten.
    Â»Süß also«, sagte ich und musste lachen.
    Â»Ja«, lachte Frank. »Vorhin allerdings mehr als jetzt.«
    Wir sahen uns an, und obwohl unser Zustand unwahrscheinlich ekelhaft und der Moment alles andere als romantisch war, fingen wir beide Feuer.
    Mit einem aufgekratzten Kribbeln im Bauch und voll freudiger Erwartung ging ich mich duschen und umziehen, und als ich endlich fertig war, war Frank leider verschwunden. Er musste zu einem neuen Einsatz. So ist das in unserem Job. Richtig viel Platz für Romantik gibt es dann eben doch nicht.
    Das Gute an den Rettungssanitätern aber ist, dass ihr Weg sie natürlich immer wieder in die Notaufnahme führt, und so dauerte es nur wenige Stunden, bis wir uns wiedersahen.
    Wir witzelten über unsere inzwischen wieder sauberen Klamotten und tauschten unsere Nummern aus. Noch am gleichen Wochenende gingen wir zusammen aus, und kurz darauf waren wir ein Paar.
    Auch wenn unsere Liebe nicht gehalten hat, freue ich mich immer noch, wenn ich Frank sehe. Nach unserer Trennung ist er ein guter Freund geworden, und wir müssen oft genug darüber lachen, wie unsere Romanze damals angefangen hat.
    Kot und Erbrochenes kann Amors Pfeil auf jeden Fall nicht aufhalten.
    So viel ist sicher.
    ***
    Neben den Patienten, die im Vollrausch zu uns gebracht werden, gibt es auch noch diejenigen, für deren Rauschzustand die Ärzte verantwortlich sind. Nein, nein, wir verteilen weder Drogen noch Alkohol im Krankenhaus, keine Sorge, aber wenn Sie schon mal eine Vollnarkose bekommen haben, dann wissen Sie vielleicht, wie benebelt man sich danach fühlt. Obwohl man eigentlich schon wieder bei Bewusstsein ist, kann man nicht klar denken und benimmt sich manchmal wie ein betrunkener oder schwer verwirrter Mensch.
    Das ist normal und geht allen Patienten gleich. Gerade die Ärzte wissen das natürlich. Und so wie im Wein die Wahrheit liegt, sind diese umnebelten Patienten vielleicht die ehrlichsten. Auch das wissen die Mediziner. Oder sie ahnen es zumindest.
    Wahrhaben wollen sie es aber nicht.
    Neben der Notaufnahme liegt bei uns die Schleuse zu den Operationssälen. Je nach Dienstplan und Arbeitsaufkommen helfen wir Schwestern uns an dieser Schnittstelle gegenseitig aus. Wenn in der Notaufnahme nicht viel los ist, kümmere ich mich also auch um die Patienten, die gerade aus einer OP kommen.
    In einem dieser Operationssäle war der 72-jährigen Lisbeth B. der Blinddarm entfernt worden. Eine Routineoperation, die die alte Dame gut überstanden hat. Im Vorfeld hatte es allerdings einige Diskussionen gegeben.
    Lisbeth B. war der Typ Frau, den man bei uns in Köln als alte Schickse bezeichnen würde. Immer etwas zu dick geschminkt, immer etwas zu stark toupiert, immer etwas zu

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