Spritztour - Roman
Stimmung wirst du nicht weit kommen.«
»Und«, fügte Lance hinzu und versprühte beim Sprechen ein bisschen orangen Dorito-Staub, »wenn du so eine miese Laune hast, kann das zu einer Dysfunktion der erekti… – hey, sind das Dexys Midnight Runners?! Cool!« Lance reckte den Finger Richtung Radio. »Hey, das ist richtig klassischer Scheiß! Mach lauter!«
Ian tat nichts. Felicia stellte das alte Radio lauter. Lance und Felicia schaukelten in ihren Sitzen und brüllten die Liedtexte in den brausenden Fahrtwind, der durch die offenen Fenster drang.
»At this moment, you mean everything
With you in that dress
My thoughts, I confess
Verge on dirty …«
Ian schlängelte sich durch den Verkehr, nutzte alle Spuren, überholte alle Autos. Er wünschte, er wäre entspannt genug, um singen zu können. Felicias und Lances’ nervtötende Duette liefen bis gegen acht Uhr abends. Ihr Gejammer über den Mangel an Essen und Trinken hielt wesentlich länger an.
Lance: »Komm schon. Du bringst uns um. Ich habe solchen Durst.«
Ian: »Trink deine Spucke.«
Felicia. »Erks. Aber durstig genug bin ich.«
Und so ging es weiter. Felicia verspeiste still alle Käsetaschen und gab hin und wieder einen zufriedenen Laut von sich. Die Kreatur rollte durch das heiße Land, immer weiter nach Süden, bis nach Kentucky hinein. Schließlich waren Lance und Felicia ausgepowert und machten es sich nach einer der raren Benzin-Getränke-Pinkelpausen zum Schlafen bequem. Lance streckte sich auf der Rückbank aus, den Kopf auf dem Schaumstoff des Donut-Kostüms, das Ian großzügig aus dem Kofferraum hervorgeholt hatte. Felicia kippte den Beifahrersitz nach hinten und klemmte ihre Füße in den Winkel zwischen Armaturenbrett und Windschutzscheibe.
»Ian«, murmelte Felicia um 23:02. »Du hast mir immer noch nicht erzählt …« Sie gähnte. »Wie oft du an Sex denkst.«
»So selten, dass ich in Trigonometrie ’ne Eins kriege. Aber so oft, dass ich jetzt mit neunzig Meilen pro Stunde gen Süden brause.«
»Sehr seltsam«, sagte Felicia und seufzte. Es verging eine kleine Weile. Sie gähnte wieder. »Bist du nicht müde, Ian?«
»Nein, nicht die Spur.«
»Denn wir könnten mal anhalten. Mir ist ein bisschen blümerant.«
»Du brauchst einfach Schlaf. Mir geht’s gut. Ich fahre.«
»Wie weit?«
»Keine Ahnung. Die Nacht durch. Oder bis ich ohnmächtig werde und wir von einer Klippe stürzen und den Flammentod sterben. ›Zu schnell, um am Leben zu bleiben‹, wird es heißen. ›Zu jung, …‹«
»… um flachgelegt zu werden.«
Ian lachte verlegen. Felicia gähnte wieder.
»Ich muss dir was sagen, Ian. Aber es ist nie der …«
Lance warf seine einsame Socke nach vorne.
»Seid jetzt stille«, murmelte er. »Hier hinten versucht jemand zu schlafen.«
»Genau, es ist nie der richtige Zeitpunkt.« Felicia rollte ihr Fenster runter und warf die Socke in das dichte Unkraut am Rand der Autobahn.
»Das ist nicht nett«, sagte Lance regungslos.
Er und Felicia waren bald eingeschlafen. Ian Lafferty setzte seine Fahrt entschlossen fort.
10 Er fuhr tatsächlich die ganze Nacht durch.
Nachdem er in mondloser Dunkelheit über zahllose Autobahnen gerast war, hielt er auf einem Parkplatz, der für seine Begriffe schon in North Carolina lag, und schaute zu, wie die Sonnabendsonne aufging. Er hatte gehofft, einen Getränkeautomaten zu finden, um seinen Vorrat an stark koffeinhaltigen Getränken zu erneuern. Aber kaum hatte er den Schalthebel auf Parken gestellt, fiel es ihm schwer, sich zu bewegen. Er war mehr als erschöpft, schon an der Grenze zum Delirium. Ohne besonderen Grund fing er an, verschiedene Donut-Kombinationen aufzusagen, die jeweils ein Dutzend ergaben.
»Drei Bavarian Creme, drei Sugar, drei Kirsch-Banane, zwei Blueberry Filled, ein Nougat Vanille.« Er streckte sich und stieß dabei versehentlich an Felicias linken Arm. Sie bewegte sich, wachte aber nicht auf. »Zwei Apple-Zimt, zwei Butternut, fünf Glazed, drei Double Chocolate.« Die Uhr zeigte 6:47. »Also gut. Sechs Chocolate Frosted – warte, lieber sechs Chocolate Coconut, zwei Boston Creme – eine ausgezeichnete Wahl, zwei Maple Frosted und zwei Vanilla Creme.« Er gähnte. »Drei Strawberry Frosted, zwei Chocolate Creme …«
Lance setzte sich auf, schob den Kopf nach vorne und sagte beinahe flüsternd zu Ian: »He, Alter, was machst du da?«
»Nichts. Nichts, nichts, nichts. Eine kleine Gedächtnisübung. Mit Donuts.« Ian sprach langsam, wie ein
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