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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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der Tür kommen zu sehen. Der Detektiv JW machte einige Schritte zurück um die nächste Hausecke herum, was sich als absolut richtig erwies. Dann lugte er vorsichtig um die Ecke. Sah, wie ein hünenhafter, breitschultriger Gigant aus einem total aufgemotzten Schlitten stieg und hinter dem Chilenen herging. Irgendetwas stimmte nicht. Der Hüne ging nicht direkt auf Jorge zu, sondern hielt sich immer einige Meter hinter ihm. Nach einer Weile wurde es klar – er verfolgte Jorge.
    Das Outfit des Mannes erfüllte sämtliche Merkmale eines klassischen Jugogangsters: halblange Lederjacke, Halstuch, schwarze Jeans, Lederstiefel. Der Nacken breiter als der von Hulk. Seine Arme hingen seitlich schräg nach außen herab, als trüge er ständig einen Fernseher mit sich herum. Kurzes aschblondes Haar, der Pony gerade geschnitten. Seine Kieferknochen ließen auf eine knallharte Testosterondiät schließen.
    Warum zum Teufel hatte Abdulkarim ihn bloß in diese Situation getrieben? JW kam sich wie ein gescheiterter Polizeispitzel vor. Traute sich nicht, auf ihn zuzugehen, obwohl er Jorge längst entdeckt hatte. Die weitaus interessantere Frage aber war, wer dieser Jugo-Riese war. Hatte die Serbenmafia etwa auch vor, sich der internen Kenntnisse des Chilenen in Sachen Cola zu bedienen?
    Er folgte ihnen. Zum Bahnhof hinauf. JW stand gerade am Fuß der Rolltreppe, als er hörte, wie der Vorortzug einfuhr. Er lief nach oben und sprang in einen Wagen. Durch die Fenster zwischen den Waggons konnte er den Jugo im nächsten Wagen stehen sehen. Zum Glück.
    Spannung pur. JW vergaß die Geschichte um Camilla völlig.
    Der Jugo-Riese stieg am Hauptbahnhof aus. Jorge war nirgends zu sehen, doch JW setzte voraus, dass der Jugo den Überblick hatte. Folgte ihm nach unten.
    An der Tekniska Högskola wieder raus. Er hielt gebührenden Abstand zum Jugo. Sah Jorge an einer Bushaltestelle lehnen. JW näherte sich mit raschen Schritten derselben Haltestelle. Man sollte ihm ansehen, dass ihm nichts im Leben wichtiger war, als den Bus 620 zu erreichen. Auf dem Weg dorthin passierte er den Jugo mit zwei Metern Abstand. JW konnte nicht abschätzen, inwieweit er sich verdächtig machte, indem er dieselbe Haltestelle wie Jorge ansteuerte, aber ungeachtet dessen spürte er die physische Präsenz des Jugos genauso deutlich, als stünde er Auge in Auge mit ihm in einem engen Fahrstuhl. Der Mann strahlte Autorität aus.
    Hinter Jorge stiegen noch einige weitere Leute in den Bus, aber der Jugo gehörte nicht dazu. Hatte er aufgegeben? Jorge saß eingezwängt am Fenster neben einer Frau mittleren Alters mit einer Tasche auf dem Schoß. Auf der Bank davor saßen die beiden Kinder der Frau mit Eiswaffeln in den Händen. Der eine Sitz hinter ihm war frei, auf dem anderen saß ein älterer Herr mit Baskenmütze. In dieser Situation war es schlecht möglich, ein Gespräch mit dem Chilenen anzufangen – das Ganze musste warten, bis er ausstieg. JW setzte sich ganz nach hinten.
     
    Er war an derselben Haltestelle wie der Chilene ausgestiegen. War ihm im Abstand von hundert Metern gefolgt. Kurze Zeit später hatte er plötzlich einen Jugotypen wie aus dem Nichts auf ihn zurennen sehen. Hatte kapiert, dass sie da waren. Eine halbe Minute später hörte er Schreie. Verfiel in Panik. Was zum Teufel sollte er nur machen? Er stellte sich zwischen die Bäume. Blieb dort stehen, horchte. Wartete. Da stand er nun. Wollte nach Jorge suchen. Aber der war nirgends zu sehen. Nachdem er hundert Meter weit im Zickzack gegangen war, wechselte JW die Seite. Die Sache war es wert, noch eine weitere Stunde nach ihm zu suchen.
    Dann hörte er einen Schrei. Nicht so laut wie der erste, aber dennoch – schmerzerfüllt.
    Er steuerte die Richtung an, aus der der Schrei kam. Schaute sich um. Sah nichts als dunkle Bäume, mit Tannennadeln übersäte Wege. An manchen Stellen hingen die Zweige so weit auf den Boden herunter, dass sie verdeckten, was sich darunter befand. JW bahnte sich einen Weg zwischen den Stämmen hindurch, hob Äste an und suchte den Waldboden ab. Stach sich an den Nadeln. Der Wald war nicht gerade sein bevorzugtes Terrain. Außerdem war er kurz davor, sich vor Angst in die Hose zu scheißen.
     
    Ungefähr sieben Meter entfernt sah er vor sich auf dem Boden Plastiktüten liegen, die mit Lebensmitteln gefüllt waren. JW folgte der Spur. Etwas weiter in den Büschen erkannte er die Konturen eines zusammengekauerten Menschen. War das der Chilene? Lebte er noch?
    JW sah sich

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