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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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auf dem Weg. Mrado rief Ratko an. Flüsterte. Forderte ihn auf zu laufen.
    Mrado kam zwischen den Bäumen hervor wie ein überdimensionierter Waldschrat, Modell XL .
    Jorge begriff sofort. Panik im Blick. Ließ die Tüten fallen. Drehte sich um. Sah Ratko von hinten angelaufen kommen. Erfasste die Situation. Versuchte wegzurennen – zu spät. Mrado hielt ihn an seiner Jacke fest.
    Die Wiederkehr der Jugos. Der Fall des Chilenen.
    Mrado schlug Jorge mit voller Wucht in den Magen. Jorge klappte in sich zusammen. Fiel. Ratko kam von hinten, schnappte ihn sich mit Mrados Hilfe und zog den Latino zwischen die Bäume. Runter vom Weg. Mrado schleppte die Tüten mit sich. Jorge kotzte. Saurer Gestank. Essensreste auf Mrados Schuhen. Was für ein Schwein. Mrado mit dem Schlagstock in der Hand, schlug Jorge über den Rücken. Jorge fiel zu Boden. Kam auf alle viere hoch. Mrado schlug weiter auf ihn ein. Jorge schrie. Mrado war gewissenhaft – brach ihm nichts. Keine Frakturen. Keine blutenden Wunden. Keine lebensbedrohlichen Verletzungen. Nichts, was notwendigerweise einer ärztlichen Behandlung bedurfte. Er benutzte ausschließlich den Gummiknüppel. Traktierte die Oberschenkel, die Arme. Schlug auf seinen Rücken ein, den Nacken, den Bauch. Prügelte. Hieb. Zermalmte ihn.
    Jorge versucht auf die Beine zu kommen. Krümmte sich. Hielt die Hände schützend über den Kopf. Kauerte sich zusammen.
    Mrado ließ den Knüppel auf ihn niedersausen. Rauf und runter über den Körper des Latinos.
    Schließlich: Jorge nur noch ein nasser Fleck. Zerfetzt. Kurz vor der Bewusstlosigkeit.
    Mrado beugte sich zu ihm runter.
    »Kannst du mich hören? Du Aas.«
    Keine Reaktion.
    Mrado zog seinen Kopf an den Haaren hoch. »Blinzle, wenn du mich hören kannst.«
    Der Latino blinzelte.
    »Du weißt, was Sache ist. Du hast ’ne ziemlich miese Nummer bei den falschen Leuten abgezogen. Radovan gefällt dein Stil nicht. Kümmre dich um deine eignen Sachen. Was zum Teufel glaubst du eigentlich, wer du bist? Rado zu erpressen. Merk dir eins: Wir finden dich überall. Wo du auch bist, auf der Flucht, im Knast. Bei deiner Mama. Wir vergessen nie. Wir revanchieren uns. Sollte auch nur das kleinste bisschen über uns durchsickern, bin ich beim nächsten Mal nicht so nett zu dir.«
    Mrado ließ Jorges Haare los. Sein Kopf fiel nach hinten.
    »Und eine Sache noch.« Mrado nahm sein Handy zur Hand. Zappte in die Fotodatei. Hielt Jorge das Handy vors Gesicht.
    »Kennst du die Kleine? Ich hab mit ihr über dich gesprochen. Du kannst dich gern bei ihr erkundigen. Ich kenne sie gut. Weiß, wo sie wohnt. Wo sie studiert. Welche Seminare sie besucht. Vermassle es ihr nicht. Es wäre schade um ein so süßes Mädchen.«

25
    J-Boy wieder bei Bewusstsein. Schwebte irgendwo zwischen Himmel und Erde.
    Die Schmerzen kaum auszuhalten.
    Er schloss die Augen. Wartete. Hörte die Jugos abziehen. Rascheln im Wald. Ihre Geräusche verschwanden. Er wartete. Horchte.
    Einsam.
    Völlig zerschlagen. Konnte sich nicht bewegen. Spürte seine Beine nicht mehr, taub. Die Arme ebenso. Er spürte seinen Rücken – dämmerte wieder weg.
     
    Wieder da. Hörte ein Auto auf dem Weg vorbeifahren. Hörte seinen eigenen Herzschlag. Versuchte, den Arm zu bewegen. Es tat zu sehr weh.
    Er kotzte.
    Blieb liegen.
    Seine Gedanken wurden klarer: Jorgelito im Preiselbeerwald. Zusammengeschlagen. Liegengelassen. Gedemütigt. Hatte geglaubt, er sei ein König. Aber eigentlich war er der naivste Dummkopf überhaupt. Sie waren bei Paola gewesen. Mein Gott, sie durften ihr nichts antun. Sie nicht erniedrigen. Er würde sie anrufen, sobald er das hier überstanden hätte. Sobald er wieder auf die Beine käme. Paola, die beste Schwester der Welt.
    Es wurde wieder dunkel um ihn.
    Sie hatte die Eigenarten von Klein-Jorge akzeptiert. Als er vierzehn Jahre alt war, kam er eines Tages mit einem Brief von der Schule nach Hause.
Hiermit möchte ich Ihnen mitteilen, dass Jorge Salinas Barrio ab Woche 10 inklusive für sechs Wochen vom Unterricht in der Turebergsskola suspendiert wird. Der Grund für diese Maßnahme besteht in den fortwährenden Schwierigkeiten bei der Mitarbeit im Unterricht sowie seinem negativen Einfluss auf die Mitschüler und die Lernatmosphäre in der Klasse. Der Unterzeichnete hat Ihnen bereits in mehrfacher Hinsicht die Problematik von Jorge unterbreitet, und es haben außerdem Gespräche mit der Kuratorin der Turebergsskola, Inga-Britt Lindblom, stattgefunden, bei denen Möglichkeiten

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