Spür die Angst
der Mitte der Langseite jedes Tisches: der staatliche Dealer, gekleidet in weißem Hemd, roter Seidenweste und schwarzen Hosen mit Bügelfalte. Die Stimmung war seriös, gedämpft, maximale Konzentration.
Zwei der Tische waren für hohe Einsätze reserviert. Jemand wirkte verzweifelt, möglicherweise waren gerade die Ersparnisse der Familie draufgegangen. Ein anderer strahlte, hatte vielleicht gerade zwanzig-, dreißigtausend in einem Pott nach Hause geholt. Die restlichen Spieler waren hochkonzentriert.
An einem der teuren Tische waren noch Plätze frei.
No Limit:
keine Grenzen für die Einsätze, es war möglich,
all in
abzukassieren. Circa zwanzig Runden pro Stunde. Der Staat behielt fünf Prozent des Potts ein. Teurer Spaß – exklusive Verluste.
Mrados Idee baute darauf, dass für alle Gewinne im staatlichen Poker, die über zwanzigtausend lagen, eine Quittung ausgestellt wurde, sie waren also sauber. Mrado war nicht gerade einer der Weltbesten, aber manchmal hatte er ein gutes Händchen. In dem Fall galt es, hoch zu setzen. Heute Abend waren die Chancen gering – viele gute Spieler am Tisch. Aber auf der anderen Seite waren die Einsätze höher, mehr Geld, das reingewaschen werden konnte. Mit etwas Glück konnte er heute vielleicht hunderttausend waschen. Sein Plan: defensiv zu spielen. Nur zu setzen, wenn er eine gute erste Hand hatte. Vorsichtige Taktik mit niedrigem Risiko.
Er setzte sich.
Das Spiel: Texas Hold’em. Supertrendy, seitdem Kanal 5 angefangen hatte, die amerikanischen Turniere auszustrahlen. Es zog viele Grünschnäbel an die Pokertische, obwohl es die härteste Pokervariante war. Mit den meisten Runden in der Stunde war es schnell und bot die größten Chancen zu gewinnen. Größerer Pott als beim Omaha oder Seven Card Stud mit mehr Spielern am Tisch. Keine offenen Karten, außer den fünf gemeinsamen auf dem Tisch. Das Spiel für schnelle/große Gewinne.
Heute Abend sah es so aus, als seien nur traditionelle Zocker um den Tisch versammelt.
Bernhard Kaitkinen, besser bekannt als Berra K. Noch besser bekannt als der Mann mit dem Längsten von Stockholm, worauf er nie versäumte hinzuweisen – Berra mit der Boa. Immer im weißen Anzug, als befände er sich in einem Kasino in Monte Carlo. War mit den meisten Damen der Stockholmer Gesellschaft zusammen gewesen. Berra K: ein Aufschneider, ein Strahlemann, ein Gentleman. Das Bezeichnende: ein phantastischer Pokerspieler. Mrado kannte seine Tricks. Der Kerl quatschte ohne Ende über andere Themen, lenkte ab und legte sich ein ganz eigenes Pokerface zu, indem er andauernd seinen Mund in Bewegung hielt.
Piotr Biekowski: blasswangiger Pole. Hatte vor ein paar Jahren die WM im Backgammon gewonnen. War auf Poker umgestiegen – mehr Knete zu holen. Trug ein schwarzes Sakko und schwarze Hosen. Weißes zerknittertes Hemd, die beiden obersten Knöpfe aufgeknöpft. Hatte eine nervöse und unsichere Art. Seufzte, beklagte sich, flackerte nervös mit dem Blick. Damit konnte er vielleicht Anfänger im Kasino täuschen. Aber nicht Mrado, denn der wusste genau: Spiel nie zu hoch gegen Piotr – der zieht dir alles aus dem Portemonnaie.
Gegenüber von Mrado: ein junger Typ mit Sonnenbrille, den Mrado vage wiedererkannte. Mrado starrte ihn an. Glaubte der Typ etwa, er sei in Las Vegas?
Mrado begann mit dem
Big Blind
– eintausend, die jemand, in dieser Runde war es Mrado, zur Eröffnung einsetzen musste. Keiner durfte mitspielen, ohne mindestens denselben Betrag zu setzen.
Piotr setzte den
Small Blind
– fünfhundert Kronen.
Der Dealer teilte die Karten aus.
Mrados Hand: Herz fünf und Herz sechs.
Der
Flop
war noch nicht gelegt.
Berra K reagierte zuerst und sagte: »Diese Karten hier erinnern mich an eine Partie, die ich letzten Sommer auf einem Boot vor Sandhamn gespielt habe. Wir waren gezwungen aufzuhören, weil es anfing fürchterlich zu gewittern.«
Mrado beachtete sein Gequatsche nicht weiter.
Berra K stieg aus.
Die Sonnenbrille ging mit einem Tausender mit.
Piotr setzte fünfhundert, zog gleich mit dem
Big Blind.
Mrado hob seine Karten erneut auf. Seine Hand war ziemlich miserabel, aber dennoch –
Suited Connectors,
das waren Karten derselben Farbe, und es kostete nichts, eine Runde mitzugehen: Er checkte, ging mit.
Flop:
die ersten drei Karten auf dem Tisch. Herz sieben, Kreuz sechs und Pik Ass. Nichts Perfektes zusammen mit seiner Hand. Noch eine kleine Chance auf Farben. Piotr begann rumzumeckern – seine typische Art.
Mrado
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