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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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worden waren, hatte sie um fünfundsiebzig Prozent zugenommen.
    Die Kasinotürsteher grüßten Mrado. Er glitt an den Kassen am Eingangsbereich vorbei. Normalerweise kontrollierten sie die Personalausweise und glichen sie mit den Fotos in ihrer Datenbank ab. Wenn jemand zum ersten Mal in ein Kasino kam, wurde er fotografiert. Mrado umging all dies – er hatte eine Jahreskarte. Außerdem: Mrado war Mrado.
    Das Gebäude war eine Mischung aus einem aufwendig renovierten Vergnügungspalast im Stil der Jahrhundertwende und einer Finnlandfähre. Vier Stockwerke. Das Erdgeschoss war am eindrucksvollsten. Hohe Decken, fünfzehn Meter. Stilvoll bemalte Holzdecken. Originalstuck mit Mustern. Vier riesige Kronleuchter. Spiegelwände sorgten dafür, dass der Raum noch größer wirkte, als er schon war. Auf dem Fußboden roter Teppichboden. Acht große Rouletttische jeweils zu zweit nebeneinander angeordnet. Zwischen jedem Tischpaar saß etwas erhöht auf einem Podest ein Kasinoangestellter in Smoking oder Kostüm in einem schwarzen drehbaren Ledersessel. Aufgabe: ein Auge auf das Spiel zu werfen, darauf zu achten, dass keiner betrog. Der Mindesteinsatz auf den Rouletttischen: fünfzig Kronen für Spiele auf Zahlen, fünfhundert für Spiele auf Farbe et cetera, dasselbe bei Dutzend oder Kolonne. Ein Tausender ging in fünf Minuten locker drauf.
    Außerdem: fünf Black-Jack- und Punto-Banco-Tische. Zwei Sic-Bo-Tische für die Asiaten. Jack- und Miss-Vegas-Automaten, Einarmige Banditen und andere Automaten überall.
    Die Heuchelei machte sich erneut bemerkbar, jemand reichte Mrado eine Broschüre –
Haben Sie Probleme mit Spielsucht? Kein Grund, sich zu schämen. Mehr als 300 000 Schweden leiden an derselben Abhängigkeit wie Sie. Aber es gibt Hilfe. Rufen Sie uns im ABHÄNGIGKEITSZENTRUM an.
Was für ein Scheiß: Sie teilten Broschüren gegen die Spielsucht aus, und zugleich konnte man ohne Probleme bis zu hunderttausend bei der hauseigenen Bank des Casino Cosmopol abheben.
    Die Klientel bestand wie gewöhnlich aus mindestens dreißig Prozent Asiaten. Ansonsten Schweden, ältere Immigranten, Frauen mittleren Alters mit zu tiefen Ausschnitten, eine Gang junger Spielertypen und Profis – die jeden Abend hier herumhingen.
    Mrado begrüßte eine Reihe von Bekannten. Ging weiter nach oben, in Richtung dritter Stock, wo das eigentliche Spiel stattfand: Poker.
    Auf der Treppe nach oben stieß er auf einen der Jungs von der Rezeption im Studio.
    Mrado begrüßte ihn: »Wie steht’s?«
    »Sei so gut und tu einem alten Freund einen Gefallen. Komm mit mir zum Klarabergsviadukt und stoß mich runter.«
    Mrado lachte laut auf. »Hast du schon wieder die Haushaltskasse verspielt?«
    »Ja, verdammte Scheiße auch. Das Ganze ist zum Heulen, ich bin völlig ruiniert. Hab heute Abend dreißig Riesen in den Sand gesetzt. Meinen Urlaub kann ich vergessen. Alles ist so verdammt sinnlos.«
    »Reiß dich zusammen, das sagst du doch jedes Mal. Immer mit der Ruhe, das wird schon wieder.«
    »Schon klar, aber was zum Teufel soll ich tun? Ich hab keine Chance gegen die, die hier spielen.«
    »Hast du Ratko gesehen?«
    »Nee, hier nicht. Hab ihn heut auch nicht im Studio gesehen. Wart ihr verabredet?«
    »Er braucht jedenfalls ’ne verdammt gute Entschuldigung. Wir wollten uns schon vor zwanzig Minuten treffen.«
    »Wenn ich ihn sehe, werd ich ihm sagen, dass du dich da oben rumtreibst und ziemlich sauer bist. Ich muss jetzt wirklich nach Hause, ansonsten krieg ich noch richtig Ärger.«
    Mrado ging weiter nach oben. Der Typ auf der Treppe war ziemlich sicher an der Grenze zur Spielsucht. Mrado fragte sich, was wohl schlimmer war, Spielsucht oder Anabolikamissbrauch?
    Er öffnete die Drehtür zum obersten Stockwerk. Grüner Teppichboden. Dieselbe Farbe wie der Bezug des Pokertisches. Schwarze Decke mit diskret ausgerichteten Spots. Hier gab es keine Spiegelwände – und dennoch immer wieder Betrüger. Mrado grüßte ein paar Bekannte. Stockholms legendäre Berufsspieler waren da: Berra K, der Joker, Piotr B, der Major und andere. Männer, die denselben Tagesrhythmus hatten wie Mrado. Die von zehn Uhr abends bis um fünf Uhr arbeiteten, dem Zeitpunkt, an dem das Kasino schloss. Männer, die immer mit mindestens fünfzig mit Gummibändern zusammengehaltenen Tausendern in bar durch die Räume flanierten. Unangepasste mathematische Genies.
    Dicke Samtkordeln hielten neugierige Betrachter und heimliche Beobachter auf Abstand. Poker war total populär. In

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