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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Erinnerungen an die Vergewaltigungen zurückkehren. Sie entschied sich für Ersteres. Verstrickte sich tiefer im System ihrer Zuhälter.
    Sie ließen sie zusammen mit anderen Mädchen in einer streng bewachten Wohnung wohnen. Manchmal kamen die Typen zu ihnen. Manchmal wurden sie auch in andere Wohnungen gefahren. Sie stellten fest, dass sie neben der schwedischen Sprache noch andere Talente besaß, und so durfte sie den sogenannten Luxusjob übernehmen: diverse Männer in Restaurants begleiten und einfach nur nett sein. Sich von dem einen oder anderen Kerl anbaggern lassen, der sie als Gegenleistung auf ein paar Drinks einlud. Im Minirock auf Feste gehen, die in großen Villen stattfanden, und die Bedienung spielen. Für Typen, die sie blöd anmachten und begrabschten. Sie in angrenzende Räume zogen. Zuhälter, die sie nie direkt bezahlten.
    Jede Nacht, wenn sie heimkam, rollte sie sich einen Joint. Nahm ein paar Sobril. Manchmal reicherten sie den Joint mit Amphetamin an – in Fixerkreisen: eine Atombombe.
    Die serbischen Zuhälter versorgten sie mit Drogen. Sorgten dafür, dass sie locker blieben.
    Nach einem halben Jahr – die ersten Entzugserscheinungen machten sich bemerkbar, sobald sie nicht ihre gewohnte Dosis Hasch oder Amphetamine bekam.
    Jorge fragte nicht genauer nach. Ließ sie auf ihre Art und Weise erzählen. Kam sich eh schon vor wie ein verdammter Psychologe. Wie Paola, die ihm immer zugehört hatte. Aber nicht nur das, er empfand auch etwas für Nadja.
    Ihm fiel ein, was es war: Er verspürte Mitleid. Und da war noch etwas: eine Art Zärtlichkeit.
    Jetzt erst näherten sie sich den wirklich interessanten Informationen. Der Riese vor ihnen drehte sich in regelmäßigen Abständen um. Vergewisserte sich, ob sie noch da waren. Dass der Abstand nicht zu groß wurde. Jorge nahm an, dass sie die Nutten niemals aus den Augen ließen.
    Jorge sah Nadja an. »Erzähl mir noch mehr über den Luxusjob.«
    »Es dauert ungefähr zwei Jahre. Oft wir zuerst zum Schminken gefahren. Zurechtgemacht. Sie Kleider für uns aussuchen. Teure Sachen: Seide, Seidenröcke. Hochhackige Schuhe, feines Leder. Eine Schminkfrau mir beigebracht, in Schuhen zu gehen. Ohne wackeln. Sie uns sagt, was wir sollen reden, was wir mit Männern sollen machen.«
    »Und wo?«
    »Überall. Villen, reiche Vororte, ich glaub. Restaurants um Stureplan. Andere Teile Stadt. Vier, fünfmal ich über Wochenende mit Typen weggefahren. Schwedische Mädchen auch mit.«
    Jorge intensivierte seine Interviewtechnik. Wollte gezielt Fragen stellen. Sie aber nicht zu sehr pushen, damit sie weiterredete. Er wollte sie dazu bringen, auszupacken, letztlich auch zu ihrer eigenen Erleichterung.
    »Und was muss man tun, wenn man das Privileg bekommen will, dabei zu sein?«
    »Was meinen?«
    »Ich meine, wenn ich auf ’nem Fest in so einer Villa dabei sein will. Was muss ich da tun?«
    »Ich nicht mehr Luxusjob machen. Ich nicht jung genug. Ich auf Weg zu Ende. Zu viel Amphetamin. Wenn du zu Fest gehen willst, du viel Geld haben musst. Mädchen dort nicht billig.« Falsches Lächeln.
    »Aber wenn ich trotzdem dabei sein will. Mit wem muss ich da sprechen?«
    »Viele möglich. Du fragst Nenad. Sprich ihn.«
    »Das geht nicht. Gibt es keinen anderen? Wer ist denn eigentlich für die Ausrichtung dieser Feste verantwortlich?«
    »Schweden. Oberklasse.«
    »Kannst du mir nicht ein paar Namen geben?«
    »Frag Jonas oder Karl. Sie Schminkfrauen unter sich haben.«
    »Weißt du, wie sie mit Nachnamen hießen?«
    »Nein. Schwedische Nachnamen schwer. Sie sagen nie zu uns. Aber Spitznamen.«
    »Sie hatten Spitznamen?«
    »Ja, Jonas, Jonte. Karl, ähnlich wie Jätte Karl genannt.«
    »Und wer war noch dabei?«
    »Sprich mit Herr R, wenn du traust.«
    »Ist er denn immer dabei? Und weiß dein Freund davon, dass du mit ihm zusammen warst?«
    Sie blieb stehen. »Woher du wissen?«
    Jorge: genau den richtigen Sherlock-Riecher. »Ich weiß es eben.«
    Sie gingen weiter. Zurück in Richtung Zentrum.
    »Micke nicht mein Freund. Er Herr R hassen. Micke mir versprochen, aus Scheiße zu helfen.«
    »Und warum?«
    »Er Herr R hassen, ich gesagt. Arbeiten nur für Geld. Früher geschlagen.«
    »Was sagst du da?«
    »Micke guter Mann. Hat Fuß gebrochen bekommen von Serbenschwein, der gearbeitet für Herr R. Fitnessstudio. Mrado schwerste Hantel fallen lassen auf seinen Fuß. Danach Serbe ihn einfach niederschlagen, ohne Grund. Für ihn keine große Sache. Deshalb Micke arbeiten für

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