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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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überdimensionale Eingang des Clarion Hotels, der mittels farbiger Scheinwerfer angestrahlt wurde.
    Es war Nachmittag. Viertel nach drei. Sonntag.
    Nenad kam mit hochgeschlagenem pelzbesetzten Mantelkragen – Dreitagebart an Nerz. In seinem Blick nahm Mrado etwas wahr, das er noch nie zuvor bei Nenad gesehen hatte. Mrado dachte: Ist es Panik/Angst oder nur Ratlosigkeit? Irgendwas war Nenad widerfahren, das war offensichtlich.
    Sie gingen ins Clarion.
    Nenad sprach mit einem feschen Mädel an der Rezeption. Das Ganze war offenbar bereits vorbestellt – er hatte ein Mini-Spa gebucht.
    Sie gingen eine Treppe hinauf. Der Chlorgeruch war schon im Korridor zu riechen.
    Sie meldeten sich an einer weiteren Rezeption an. Erhielten Handtücher mit dem eingestickten goldenen Monogramm des Clarion. Badelatschen. Jeder eine Garnitur Fläschchen: Duschgel, Shampoo, Balsam, entspannende Körperlotion. Frotteebademäntel.
    Die Glastür zum Pool war beschlagen.
    Sie gingen direkt zu den Duschen. Brausten sich ab. Ließen das Schwimmbad aus. Nenad hatte ein extravagantes Arrangement gebucht, mit einer eigenen Minisauna.
    Die Minisauna bot Platz für drei Personen auf der oberen Bank und drei auf der unteren. Klassische Holzpaneele an Wänden und Decke. Auf der einen Schmalseite befand sich eine Art Bullauge, das in Richtung Skanstull wies – ultraurban. Pfiffig.
    Sie setzten sich jeder auf sein Handtuch.
    Mrado betrachtete Nenads Gesicht eingehender. Er hatte immer noch diesen merkwürdigen Blick, außerdem sah er müde aus. Nicht mehr der gewohnte selbstsichere Gesichtsausdruck. Irgendetwas schien faul zu sein.
    »Mrado, du bist der Einzige, dem ich im Moment vertrauen kann.«
    Mrado kam direkt zur Sache: »Was ist passiert?«
    »Scheiße.«
    »Erstaunt mich nicht gerade. Du siehst auch absolut scheiße aus. Lass mich raten. Ärger mit Rado?«
    »
Bulls eye.
Ich hab mir schon gedacht, dass du es weißt. Ich bin abserviert worden. Degradiert. Erniedrigt.«
    »Erzähl.« Mrado taktisch: wollte damit warten, seine eigene Bombe hochgehen zu lassen.
    »Bin vorgestern aus London zurückgekommen. Hab den absolut verrücktesten Deal klargemacht. Du glaubst es nicht, ein Riesending. Und was passiert? Rado ruft mich nachts um eins zu Hause an. Ich lieg im Bett und mach grad mit der süßesten Östermalmbraut rum, die ich abgeschleppt hab. Ich fahr hin. Also zu ihm nach Hause. Stefanovic führt mich in die Biblio. Richtig klassische Radoaudienz. Dann hält er mir einen langen Vortrag über seine verdammten Ideen, ein absolutes Gesülze über die Umstrukturierung der Organisation. Und abschließend unterbreitet er mir, dass ich ab sofort nicht mehr für das K-Business verantwortlich bin und innerhalb des Callgirl-Jobs runtergestuft werde. Dass ich eine absolute Null bin. Dass ich meine Rolle in der Gruppe vergessen kann. Du kannst dir ja vorstellen, dass ich dagesessen hab wie ’n begossener Pudel und das Ganze einfach über mich ergehen ließ. Mit ’nem gigantischen Druck im Körper, aber wenn man sich irgendwie gewehrt oder aufgemuckt hätte, wär der Schuss nach hinten losgegangen. Stefanovic war extrem wachsam. Verdammt. Und das ist der Dank. Dieses Arschloch. Ausgerechnet jetzt, wo ich diesen Riesendeal in London klargemacht hab. Den größten überhaupt.«
    Nenads Reaktion im Unterschied zu Mrados – kindlicher/wütender/gesünder. Mrado bewunderte ihn. Das war genau die richtige Art und Weise, mit dem Scheiß umzugehen. Auszurasten.
    »Nenad, dasselbe ist mir einen Tag früher passiert.«
    Nenads Mund glich einem schwarzen Loch, das sich mitten in der Hitze der Sauna auftat. Beide fühlten dasselbe. Aber vor allem waren sie erleichtert darüber, dass sie nicht alleine waren. Jemanden hatten, mit dem sie ihre beschissene Situation teilen konnten. Jemand, mit dem sie die Gegenattacke planen konnten.
    Sie redeten weitere zwei Stunden. Raus und wieder rein in die Sauna. Saßen in Holzliegestühlen im Saunavorraum. Duschten. Sprangen in den Pool. Gossen schaufelweise Aufgussflüssigkeit auf das Wärmeaggregat. Ließen den Dampf aufsteigen. Atmeten durch den Mund. Diskutierten. Analysierten. Suchten nach Erklärungen.
    Warum waren sie degradiert worden? Wie sah die Situation in Bezug auf mögliche Reaktionen von ihrer Seite her aus? Akzeptieren oder zurückschlagen?
    Mrado berichtete im Detail, wie er selbst versucht hatte, sich an der Garderobenfront einen größeren Teil vom Kuchen abzuschneiden, und die Aufteilung des Marktes

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