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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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oberste Klasse. Schwierig. Speziell für zwei männliche Einwanderer, denen das Wort Asy in riesigen leuchtenden Lettern auf die Stirn geschrieben stand.
    Sie versuchten es zuerst im Köket. Extrem lange Schlange, siebzehnjährige Mädels mit so wenig Klamotten am Körper, dass sie selbst in einer Sommernacht gefroren hätten. Teeniehafte Östermalmtypen im Mantel mit flaumigem Bartansatz und gegeltem Haar. Ältere geile Böcke in edleren Mänteln, aber mit ebenso gegeltem Haar. Aufschneider, die ihr ganzes Leben in diesem Viertel verbrachten. Sie arbeiteten in den Gebäuden der Börse, die an Stureplan grenzten, aßen zu Mittag in den Restaurants in der Biblioteksgata, Birger Jarlsgata und Grev Turegata, wohnten einen Steinwurf entfernt in der Brahegata, Kommendörsgata, Linnégata. Und natürlich feierten sie auch hier.
    Ganz vorne in der Schlange erblickte er die legendäre Kröte. Richtiger Name: Peter Strömquist. Stockholmer VIP . Sohn reicher Eltern. Übergewichtig. Selbstverständlich zu allen Festen eingeladen, von denen ein Snob mit Selbstachtung nur träumen konnte. Kannte alle und jeden. Ein gutes Zeichen, dass er auf dem Weg ins Köket war.
    Aus Jorges Perspektive – Diffamierung in verschärfter Form. Das Gros der Leute entsprach dem Bild der Feudalgesellschaft. Gewisse Personen erkauften sich den Zutritt. Manche spielten kleine Fürsten im Stockholmer Hoheitsgebiet. Andere waren bereits Könige, wie der Jetset-Typ. Und wieder andere verkauften ihre Seele wie Legionäre, die Türsteher zum Beispiel. Asys standen ganz unten, mit etwas Glück konnten sie sich ihren Zutritt erbetteln.
    Der einzige Trick, den Jorge kannte, war, die Türsteher zu schmieren.
    Fahdi bahnte ihnen den Weg. Schob die Teenie-Bräute zur Seite. Einen Fünfhunderter zwischen den Fingern gerollt. Der Türsteher schaute sie anfänglich verständnislos an. Botschaft: Du kapierst doch wohl selbst, dass DU hier nicht reinkommst. Sah den Schein. Warf einen Blick auf Jorge.
    Ließ sie rein.
    Es war eng.
    Die Musik dröhnte, klang wie ein Mix aus unterschiedlichen Handypieptönen.
    Im Barbereich versuchte eine Gruppe junger Kerle zwei Bräute mit Hilfe von Champagner in Eiskübeln anzubaggern. Die Bräute tanzten auf der Stelle. Zwinkerten ihnen zu. Ließen sich einladen.
    Fahdi schob sich zur Bar vor. Bestellte zwei Bier.
    Jorge ging die Treppe zum Untergeschoss runter. Vorbei an der Anlage der DJ s. Heute Abend spielte DJ Sonic. Ein primitiver Macker, der es zum angehimmelten Maskottchen der Östermalmkids gebracht hatte. Ein Klassenaufstieg in Reichweite. Lächelte neunzig Prozent aller Bräute, die vorbeikamen, vielsagend zu.
    Jorge kannte einige Gesichter. Aber keiner erkannte ihn. Dank Abdulkarim und der Bräunungscreme. Aber dennoch – J-Boy war und blieb ein Nigger. Wert gleich null.
    Tippte einem x-beliebigen Mädchen auf die Schulter.
    Ängstlicher Blick.
    »Ganz ruhig, Süße, ich wollte nur fragen, ob du Jetset-Carl heut Abend schon gesehen hast.«
    Antwort nein. Sie wusste nicht, von wem er redete.
    Er fragte weiter. Fahdi tauchte mit zwei Bieren in den Händen auf. Fragte, was Jorge da machte.
    Erklärung unangebracht.
    Er tanzte von ihm weg.
    Fragte andere.
    Die Bräute sonnengebräunt. Die Typen glichen allesamt JW . Jorge ging die Treppe hoch und wieder runter. Beugte sich vor und schrie den Leuten ins Ohr. Versuchte, neutral auszusehen. Wollte nicht, dass sie seine Annäherung als Anmache auffassten.
    Fragte sich vierzig Minuten lang durch.
    Schließlich flüsterte ihm ein Mädchen ins Ohr – er konnte sie bei der lauten Musik kaum verstehen: »Er ist fast immer im Kharma.«
    Jorge versuchte, Fahdi in der Menge zu finden. Konnte ihn nicht entdecken. Versuchte, ihn auf seinem Handy anzurufen. Hörte nicht einmal das Freizeichen – wie groß mochte die Chance sein, dass Fahdi bei dieser Lautstärke sein Handy klingeln hörte?
    Er pfiff auf ihn.
    Jorge verließ den Schuppen. Ging die Sturegata rauf. Schickte Fahdi eine SMS : »Ich geh ins Kharma. Komm nach.«
    Die Schlange ähnelte einer organischen Masse, die sich zu einer Menschenansammlung verkleidet hatte. Die Selbsterniedrigung angesichts der Temperatur um null Grad offensichtlich – man bekam den Rassismus sozusagen direkt ins Gesicht geschleudert.
    Richtiger Moment. Angemessener Blick. In der Hand des Türstehers. Das Geld. 500 Mäuse. Blickkontakt. Die Hand winkte ihn durch. Jorge drinnen. Sagte es noch einmal zu sich selbst: J-Boy, du bist

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