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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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als ein Flirt. Das Modell, das er suchte, war vorrätig. Das hatte er bereits gecheckt. Asics 2080 Duomax mit Gelkissen im Fersenbereich. Haupteigenschaft: extrem gute Dämpfung. Trotzdem schaute er sich noch eine Weile im Laden um. Er war recht groß. Jorge und seine Freunde hatten als Dreizehnjährige dort einiges mitgehen lassen, als Sollentuna ihnen zu provinziell wurde. Wieder: Flashbacks aus seiner Teenagerzeit. Erst McDonald’s und jetzt der Sportladen. Was zum Teufel ging da ab?
    Um den Schein zu wahren, schaute er sich noch eine Weile in den anderen Abteilungen um. Kaufte außer den Schuhen noch ein paar Laufhosen und ein Basketballshirt.
     
    Es war fünf Uhr. Er hatte Zeit. Nur noch eine Sache zu erledigen. Würde einen Freund treffen, einen ehemaligen Aufseher in der Anstalt, Walter Bjurfalk. Der Typ hatte vor einem Jahr gekündigt. Die drei Schließer freuten sich. Sahen nichts Verwerfliches darin, dass Jorge sich mit dem Ex-Bullen traf. Manche Aufseher freundeten sich mit den Knackis an, das war einfach so. Außerdem hatten die Idioten keinen blassen Schimmer, warum Walter eigentlich aufgehört hatte.
    Sie saßen im Gallway’s in der Kungsgata. Ein Lokal, in dem viele Schweden herumhingen. Typisch grüner irischer Pubstil. Schilder an den Wänden: Highgate & Walsall Brewing Co Ltd. Sie versuchten sich originell zu geben:
In God we trust, all the rest – cash or plastic.
Es roch nach Bier. Angenehm.
    Die Schließer ließen sich einige Tische weiter nieder und bestellten jeder einen Kaffee. Jorge bestellte eine Ramlösa mit wenig Sprudel. Bier war während eines begleiteten Ausgangs nicht erlaubt. Walter bestellte ein Guinness. Der Barmann brauchte zehn Minuten, um es zu zapfen.
    Sie unterhielten sich. Tauschten Erinnerungen vom letzten Sommer aus, in dem es kleinere Krawalle in Österåker gegeben hatte. Was aus den Typen geworden war, die entlassen worden waren. Wie es denen erging, die neu reingewandert waren. Schließlich, nach einer halben Stunde, senkte Jorge die Stimme und fragte das, weswegen er eigentlich hergekommen war.
    »Walter, ich möchte eine ernsthafte Frage mit dir diskutieren.«
    Walter schaute neugierig von seinem Bier auf. »Schieß los.«
    »Ich hab vor abzuhauen. Will unter keinen Umständen noch weitere drei Jahre in der Anstalt versauern. Hab ’ne Idee, die funktionieren könnte. Ich zähl auf dich, Walter. Du warst immer ein guter Bulle. Ich weiß, warum du aufhören wolltest und gekündigt hast. Alle wissen das. Du warst nett zu uns. Du hast uns geholfen. Könntest du mir jetzt wieder helfen? Ich zahl auch, das ist klar.«
    Jorge vertraute Walter zu neunundneunzig Prozent. Das letzte Prozent: Möglicherweise spielte Walter ein doppeltes Spiel. In dem Fall war J-Boy geliefert.
    Walter begann zu reden: »Es ist schwer, aus Österåker abzuhauen. In den letzten zehn Jahren haben es nur drei Typen geschafft. Und alle sind innerhalb eines Jahres wieder gefasst worden. Denn sich
nach
der Flucht rar zu machen ist das Schwerste. Denk nur dran, wie es Tony Olsson und den anderen Jungs ergangen ist. Schön und gut, wenn dein Plan vernünftig durchdacht ist. Ansonsten ist die Sache ohnehin gelaufen. Aber du weißt ja, sie lagen unter einer Brücke in Sorunda versteckt, als das Nationale Einsatzkommando kam und sie wieder einsammelte. Sie hatten überhaupt keine Chance. Auf der anderen Seite waren es gewalttätige Teufel, also waren sie selber schuld. Ich bin ja quasi nicht mehr in der Branche und weiß deshalb nicht, ob ich dir helfen kann. Aber für ein kleines Entgelt würde ich einen Versuch unternehmen. Sag mir, was du von mir willst. Du weißt ja, ich verpfeif dich nicht.«
    Jorge hatte sich bereits entschieden. Er setzte auf Walter.
    »Ich muss einiges an Insiderwissen von dir erfahren. Ich zahl dir fünf Riesen, wenn du mir helfen kannst.«
    »Wie gesagt, ich versuch’s.«
    Bizarres Gefühl. In einem ganz normalen Pub zu sitzen, die Aufseher nur ein paar Meter entfernt – und Fluchtpläne mit einem Ex-Bullen zu schmieden. Nicht ganz leicht, die Fassade zu wahren. Die Körpersprache unter Kontrolle zu halten. Darauf zu achten, dass man ihm nicht ansah, wie gestresst er war. Jorge legte die Hände unter dem Tisch in den Schoß. Überschlug die Beine. Fummelte an einer Serviette herum. Riss sie in Streifen. Versuchte sich zu konzentrieren.
    »Zwei Fragen. Erstens möcht ich wissen, welche Vorschriften für die Schließer gelten, wenn wir Freistunde haben und draußen sein

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