Spür die Angst
das schon offensichtlich, aber hier noch tausendmal mehr. Er hat jede auch nur annähernd flotte Östermalmschnecke gegrüßt, die auf der Straße vorbeiging. Eigentlich unfassbar, dass er und der Araber miteinander klarkommen.«
Mrado bog zu Lovisas Hort ein. Sie stand am Zaun und wartete. Mrados Herz versetzte es einen Stich – wenn ihr irgendetwas zustoßen sollte, wäre alles vorbei. Nenad quatschte weiter.
»Nun mach schon. Komm zur Sache. Ich muss gleich auflegen.«
»Ruhig Blut. Der JW -Kerl ist cool. Er ist dabei. Aber es kostet. Der Deal sieht so aus: Er checkt die Fakten hinsichtlich der K-Ladung ab. Informiert mich unverzüglich über die aktuelle Entwicklung. Wann sie eintreffen soll. Wo sie ankommt. Wie sie transportiert wird. Wo sie verwahrt wird. Wer sie bewachen wird. Und wenn es so weit ist, machen wir den Rest klar. Außerdem wird er unter der Hand noch mehr Verkaufskanäle raushauen.«
»Klingt Spitze.«
»Du hast den Rest noch nicht gehört. Er hat außerdem richtig geile Geldwäschesysteme in der Hinterhand. Im Ernst. Keine läppischen Videotheken. Keine Reinigungen. Ganz legale Betriebe. Nummernkonten. Scheinfirmen. Steuerparadiese. Die ganze Palette.«
»Klingt absolut unglaublich, verdammt. Und was will er haben?«
»Fünfundzwanzig Prozent des Kuchens.«
Mrado blieb die Spucke im Hals stecken. Der JW -Schnösel hatte eine hohe Meinung von sich. Darüber musste er erst mal nachdenken.
»Nenad, ich muss Schluss machen. Muss meine Tochter abholen. Wir hören voneinander.«
Mrado hatte einen Abend und einen ganzen Tag mit Lovisa vor sich.
Das Leben.
Würde sich das Angebot dieses JW -Heinis auf der Zunge zergehen lassen – wie einen Sahnebonbon.
Lovisa öffnete das Tor. Mrado hatte keine Lust, mit den Lehrerinnen zu sprechen.
Sie kam auf sein Auto zu.
Verdammt, warum musste alles so kompliziert sein.
49
Das R-Projekt musste weitergehen. Der Besuch bei seiner Schwester hatte ihm gutgetan. Jorge riss sich zusammen, auch wenn Hallonbergen jede Nacht wiederkehrte.
Er plante den nächsten Schritt. Das Telefonat in den letzten Sekunden im Puff war ihm gerade recht gekommen. Es war nicht mehr als recht und billig – nach all den tristen Tagen des Beschattens von Radovan. Immerhin eine Spur – er hatte sich über Jetset-Carl selbst zu einer Art Luxushurenparty eingeladen. Hatte ein Codewort auf dem Handy des toten Zuhälters erhalten. Es sich noch in derselben Nacht notiert, nachdem er zu Fahdi gefahren war. Die Wohnung war leer gewesen. Jorge hatte das Gewehr wieder an seinen Platz zurückgelegt. Den Lauf abgewischt. Es im Kleiderschrank versteckt. Dann hatte er das Handy des Zuhälters in einen Papierkorb geworfen. Die SIM -Karte in den nächsten Gulli.
Die Veranstaltung, zu der er sich selbst eingeladen hatte, sollte heute steigen. Die große Frage: Was genau erwartete ihn? Er wusste nicht mal, ob er als Gast oder als einer von Nenads Leuten auftreten sollte. Vielleicht erwarteten sie von ihm, dass er die Nutten beaufsichtigte, ihre Dates abstimmte oder sie zu den Freiern führte. Noch schlimmer: Er hatte keinen blassen Schimmer, wie er dort hinfinden sollte, die Adresse.
Auf die erste Frage pfiff er. Sie würde sich vor Ort klären.
Aber die Location selbst – die Lösung des Problems lag darin, Jetset-Carl den ganzen Tag zu beschatten.
Jorge kannte die Adresse des Partykönigs.
Er machte sich zeitig ans Werk – saß bereits um acht Uhr morgens in einem geklauten Saab mit getönten Scheiben. Wollte Jetset-Carl nicht verpassen, wie früh er auch unterwegs sein mochte. Nippte an einem Kaffee. Pinkelte in eine PET -Flasche. Hörte Radio.
Vielleicht war es ein wenig übertrieben, am Wochenende schon um acht Uhr parat zu stehen – denn der Typ kam nicht vor halb elf aus dem Haus.
Jorge dachte: was für ein Leben. Jetset-Carl organisierte Partys, schnüffelte Cola, vergnügte sich mit Nutten. Hatte nie kämpfen müssen. Keinen blassen Schimmer vom Leben im Ghetto. Verwöhnt bis dorthinaus, lebt von Papas Geld, zum Himmel stinkendes Selbstwertgefühl bis zum Abwinken.
Und dennoch war es Jorges Traum – genau so zu leben. Er wusste, dass jeder kiffende Asylant ein Jetset-Carl sein wollte. Aber Nigger wurden schon per se nirgends reingelassen. Sie konnten genauso gut aufhören zu träumen.
Jetset-Carl trug einen schwarzen Mantel mit Kapuzenpulli drunter. Mütze. Stan-Smith-Schuhe. Jorge registrierte, dass er in ähnlichen Klamotten herumlief wie der Typ, dem er vor zwei
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