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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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runtergegangen waren. Seitdem Radovan Mrado heruntergestuft hatte, hörte der Jugoboss auf, Geld in die Betriebe zu pumpen. Drei Wochen waren seitdem vergangen. Das Problem: kein Cash – bei der Besteuerung der Betriebe würde das Einkommen des Vorjahrs zugrunde gelegt werden. Damals waren es dreihunderttausend im Monat. Jetzt weniger als sechzig. Summa summarum: Der Große Bruder würde die Betriebe steuerlich zugrunde richten. Der Effekt: zum Kotzen – Mrados Zugang zu sauberem Geld wäre versperrt. Die Möglichkeit, ein Ferienhaus und eine Wohnung zu Lovisas Sicherheit zu mieten, war allerdings abhängig von sauberem Cash.
    Verdammt.
    Dennoch war Mrado zufrieden. Ein guter Tag. Der Deal mit Annika in trockenen Tüchern. Die Planung mit Nenad auf dem besten Weg. Bald würde das Spiel beginnen. Der Preis in Gewicht: hunderttausend Gramm Kokain. Der Preis im ideellen Sinn: Sie würden die neuen Kokskönige in der Stadt werden.

52
    Seit der Nacht auf Smådalarö war eine Woche vergangen. Jorge hielt sich weiterhin bedeckt. Die Bullen immer noch in höchster Alarmbereitschaft aufgrund der Bordellmorde, wie
Expressen
sie nannte. Was für ein Bullshit – kein Mensch interessierte sich für zwei hyperkriminelle Serben.
    Jorge hing zu Hause rum. Nur wenn es unbedingt nötig war und er Dinge regeln musste, die mit dem Verkauf oder der Verteilung zu tun hatten, war er draußen unterwegs, aber nicht oft. Bisher insgesamt dreimal.
    Abdulkarim war es einerlei, solange der Plan erfüllt und das weiße Gold in den Vororten populär gemacht wurde. Die Preise gesenkt. Das Niveau vorgegeben wurde. Anstatt: Woll’n wir ’n Bier trinken gehen? hieß es jetzt: Woll’n wir uns ’ne Nase genehmigen?
    Es funktionierte. Jorge dealte mit acht verschiedenen Zwischenhändlern in den nördlichen Vororten. Von Solna bis Märsta. Mit Leuten, die die Gegend wie ihre Westentasche kannten. Kontakte besaßen. Die das Zeug wiederum in Pubs, Pizzerien, Discotheken, Billardhallen, Einkaufszentren, Parks und vor dem Sozialamt weitervertickten. Außerdem setzte er es auch in einigen südlichen Vororten der Stadt ab.
    Jorge: ein Mini-Abdul in seinem eigenen Territorium. Mit dem Unterschied, dass er es weitgehend vermied, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen.
    Petter, der Fußballfan, war sein
Main man.
Hatte ein Auge auf die Dealer. Kümmerte sich um die Logistik. Fuhr den ganzen Tag mit Mengen von Tütchen durch die Gegend. Nannte sich selbst auch den Eiswagen. Das Einzige, was noch fehlte, war eine aufsehenerregende Tröte.
    Bediente inzwischen immer jüngere Altersgruppen. Belieferte Villenfeste und Wohnungspartys, bot das Zeug in der Nähe von Wurstbuden und Freizeitheimen an. In Aufenthaltsräumen, in den Wartehallen der Vorortbahnhöfe, in Kellergeschossen von millionenschweren Bauprojekten.
    Eine kühl kalkulierte, kompetente Koksinvasion der Vororte.
    Die Taler rollten nur so herein. Abdulkarim war freigebig. Jorge hatte schon über vierhunderttausend zusammen. Verwahrte die Hälfte des Schotters zu Hause, in sechs DVD -Hüllen im Bücherregal. Die zusammengerollten Tausender wie Zigarren nebeneinander angeordnet. Den Rest hatte er in einem Waldstück außerhalb von Helenelund vergraben. Nach Seeräuberart.
    Er konsumierte davon nicht schlecht, sparte aber das meiste.
    Kam nicht zur Ruhe. Wachte jede Nacht mindestens einmal in der Stunde auf.
    Die Bilder aus seinen Träumen plagten ihn. Sofas, die mit Hirnsubstanz vollgespritzt waren. Österåkers Mauern von innen. Alte Knacker mit Zungen, die wie steife Schwänze aussahen.
    Er brauchte keinen Freud, um sie zu deuten.
    Jorge hatte Angst.
    Wenn er wieder reinwandern sollte, würde er höchstwahrscheinlich lebenslänglich kriegen.
    Kam gar nicht in Frage, jetzt, wo er Onkel wurde.
    Er musste etwas tun.
    Der Situation die positiven Seiten abgewinnen.
     
    Södermalm. Auf dem Weg in die Lundagata. Unbekanntes Terrain für Jorge. Die U-Bahn-Station hieß Zinkensdamm.
    Jorge stieg aus der U-Bahn. Verspürte einen starken Luftzug im Gesicht, als er die Treppen in Richtung Ausgang hochging.
    Das Wetter draußen, milder. Langsam machte sich der Frühling bemerkbar.
    Die Lundagata rauf. Der Skinnarvikspark schneefrei. Jorge kannte die Gerüchte: ein berüchtigtes Schwulennest.
    Nummer fünfundfünfzig.
    Er gab den Türcode ein, den er bekommen hatte. Neunzehn vierzehn. Jorge dachte: Was für eine begrenzte Phantasie die Leute doch hatten. Fast alle Türcodes begannen mit neunzehn.

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