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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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ja fast so, weil du andauernd Schnee besorgst. Sag nur Bescheid, du kannst jederzeit von meinem Vater was borgen.« JW kümmerte sich nicht um den Kommentar. Dachte: Bald kann ich Nippes Vater kaufen und ihn für immer plattmachen.
    JW betrachtete sich genauer im Spiegel. Seine Gelfrisur war mit zwei neuen Klecksen Dax und den vorangegangenen Behandlungen mit Haarwachs, das sich niemals ganz herauswaschen ließ, optimal gestylt. Früher hatte er sich die Haare selbst geschnitten. Jetzt eröffneten sich plötzlich ganz neue Möglichkeiten; vielleicht sollte er zu denselben Friseuren gehen wie die Boys: Sachajuan, Toni & Guy, Hårgänget. Verlockender Gedanke.
    Seine gesamte Kleidung war secondhand: Die Gucci-Jeans, das Hemd von Paul Smith und die Schuhe von Tod’s mit den charakteristischen groben Gummisohlen. Aus genau dem Grund war es so angenehm, das neue Canali-Jackett zu tragen. Keine Falten, feine Struktur, weiches Gefühl. Selbst der Geruch war neu.
    Er war eins zweiundachtzig groß, blond und hatte ein schmales Gesicht. Schmale Handgelenke. Schmaler Hals. Alles schmal. Klavierfinger. Ausgeprägte Wangenknochen. JW änderte seine Pose vor dem Spiegel: Eigentlich sehe ich ja ganz okay aus, aber vielleicht wäre ein wenig Muskeltraining nicht verkehrt. S.A.T.S.-Jahreskarte,
here I come.
    Es war Samstag. Er hatte vor, mit Nippe zum Anwesen der Eltern eines Freundes zu fahren, Lövhälla Gård in Sörmland. JW war dem Freund, Gustaf, schon einige Male zuvor im Laroy begegnet. Er hatte ein Abendessen mit nachfolgendem Fest und Übernachtung geplant. Sophie und Anna würden auch dort sein. Außerdem noch einige weitere Personen, die er nicht kannte. Das Beste: Jetset-Calle würde auch kommen.
    Mit ein wenig Glück könnte er vielleicht Sophie rumkriegen. Mit noch mehr Glück könnte er Jetset-Calle beeindrucken. Ein definitiver Zugang zu weiteren K-Kanälen.
    Es war fünfzehn Uhr. JW fühlte sich ungewohnt matt, dabei hatte er am Abend zuvor nicht gefeiert. Er setzte sich im Schneidersitz aufs Bett und zählte die Scheine ein weiteres Mal. Raschelte mit den Fünfhundertern. Schmunzelte. Wartete darauf, dass Nippe draußen auf der Straße hupen würde.
     
    Die Verkaufskurve zeigte steil nach oben. Am Wochenende, nach dem er Sophie und Anna in Humlegården etwas angeboten hatte, hatte er sein erstes glänzendes Geschäft gemacht. Er hatte wie damals damit begonnen, etwas umsonst anzubieten. Aber inzwischen nicht mehr im Park – das war eine einmalige Sache gewesen. Too busy.
    Sie hatten wie immer bei Putte zu Hause gesessen. Die ganze Gang: JW , Putte, Nippe und Fredrik. Außerdem Sophie, Anna und zwei andere Lundsbergbräute. Die Boys waren mit dem Deal einverstanden, dass JW das Eis besorgte und sie sich die Kosten gemeinschaftlich teilten. Dieses Mal wollten allerdings die Mädels dabei sein. JW gab sich in den Gesprächen großzügig, spielte den Freigebigen und bot jedem eine Nase an. Für die zwei neu hinzugekommenen Mädels, Charlotte und Lollo, war es das erste Mal. Sie waren locker drauf und extrem scharf auf das Zeug – alle waren verdammt geil. Die Stimmung on top, die Meute high. Alle waren begeistert von JW , dem Typen, der die Party schmiss. Nach drei Stunden bestellten sie mehrere Taxis und ließen sich hinunter zum Stureplan fahren. JW hatte vier Gramm bei sich. Diesmal stiegen sie im Köket ab. Feierten wie gewohnt: tanzten, soffen, flirteten. Nippe gelang es, sich von zwei Bräuten einen blasen zu lassen. Nach einer halben Stunde kam eines der neuen Mädels, Lollo, auf JW zu und meinte, dass sie die ganze Sache total antörnend fand. Fragte ihn, ob er noch etwas mehr hätte, und beteuerte, dass sie selbstverständlich bezahlen würde. JW zog eine bekümmerte Miene. Versicherte ihr, dass sie natürlich nicht bezahlen müsse, er aber leider schon einem anderen Freund etwas versprochen hätte. Woraufhin sie inständig bat: »Oh JW , ich muss einfach ein paar Nasen ziehen. Und ich besteh drauf zu bezahlen.« Und er zögerlich antwortete: »Na gut, ich werd sehen, was ich tun kann.« Innerlich dachte er: Dein Alter bezahlt ja sowieso. Er verschacherte das Zeug für zwölfhundert pro Gramm. Der Einkaufspreis lag bei sechshundert. Ergo zweitausendvierhundert Kronen Gewinn. Verglichen mit Taxifahren absolut erklecklich – einen geschlagenen Abend lang mit dem Ford herumzudüsen entsprach einem dreiminütigen einschmeichelnden Gespräch im Köket mit einem kühlen Drink in der Hand plus der Möglichkeit,

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