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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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zusehen, dass wir dich baldmöglichst zufriedenstellen.«
    »Ihr könnt natürlich auch darauf scheißen. Aber dann werd ich sofort singen. Du weißt, dass ich ziemlich viel über Radovans Geschäfte in der Hand hab. Ich bin, verdammt nochmal, nur wegen euch für sechs Jahre reingewandert.«
    »Nun mach mal halblang, Jorge. Wenn du uns in irgendeiner Form schadest, werden wir dafür sorgen, dass du geradewegs wieder reinwanderst. Aber ein kleiner Deal ist bestimmt keine schlechte Idee. An was hattest du denn gedacht?«
    »Ganz einfach. Radovan besorgt mir einen Pass und hunderttausend Kronen in bar. Im Gegenzug werd ich aus Schweden abhauen, und ihr werdet nie wieder was von mir hören.«
    »Ich werd deinen Wunsch an Radovan weiterleiten. Aber ich glaub nicht, dass er sich freuen wird. Erpressung ist nämlich sein Geschäft. Keine Sache, die er selbst gern mit sich machen lässt. Wie kann ich dich erreichen?«
    »Glaubst du etwa, ich bin plemplem? Ich werde dich in zehn Tagen unter dieser Nummer wieder anrufen. Wenn er dann nicht in meinen Deal einwilligt, lass ich ihn hochgehen.«
    »Dein Glück, dass Radovan das nicht gehört hat. Ruf mich in zwei Wochen an. Ein vernünftiger Pass ist nichts, was man mal so eben auf der Straße kauft.«
    »Nein, in zehn Tagen. Ihr könnt ja wohl, zum Teufel noch mal, einen Pass aus Thailand oder sonst woher besorgen. Und übrigens, eins noch, falls ich entgegen allen Erwartungen in einen Unfall oder so verwickelt werden sollte, du weißt schon, was ich meine, dann kommt das, was ich weiß, sofort ans Licht.«
    »Ich verstehe. Wir sagen zwei Wochen.«
    Mrado legte auf. Aufgeblasener Typ. Immerhin war Jorge derjenige, der die Initiative ergriffen hatte. Egal, er musste es so hinnehmen. Zwei Wochen. Dennoch, besser als erwartet. Könnte bares Geld für ihn bedeuten. War er zurück im Geschäft?
    Jorge blieb noch einen Moment stehen. Die Reisenden strömten an ihm vorbei.
    Jorge-Boy – der Einsamste auf der ganzen Welt.
    Solo y abandonado.
     
    Jorge hatte über eine Möglichkeit nachgedacht, die sich anbot. Die Svenssons würden so langsam ihre Sommerhäuser winterfest machen. Neuer Wohnungsmarkt für ihn. Würde vielleicht zumindest ein Problem lösen.
    Was sein Cash betraf, war er bald abgebrannt. Hatte von den Fünftausend, die Sergio ihm gegeben hatte, noch gerade mal tausend Kronen.
    Seine Ausgaben waren bis jetzt ziemlich hoch. Insgesamt dreitausend Kröten für die Nachtherberge. Jeder Gang ins Solarium: fünfundsechzig Kröten. Kleinigkeiten zum Essen für mittags. Ein paar neue Hosen, Handschuhe, zwei T-Shirts, ein Wollpulli, Unterhosen, Strümpfe und eine Winterjacke aus dem Secondhandladen Myrorna: vierhundertfünfzig Kröten. Vorbereitungen für einen kalten Herbst.
    Er ging ein letztes Mal ins Solarium. Jetzt war er richtig dunkel. Hatte seinen neuen Laufstil intus. Den richtigen Schwung. Wollte für eine Weile untertauchen. Radovans Antwort abwarten.
    Er fuhr mit der U-Bahn bis Tekniska Högskolan. Wusste nicht so genau, wo er hinwollte. Irgendwo in Richtung Norden. An einen einsamen Ort. Er wollte nicht den direkten Bus nach Norrtälje nehmen. Stattdessen stieg er in den 620 er, der ebenfalls nach Norrtälje fuhr, allerdings auf Umwegen, und unterwegs an mehreren Haltestellen hielt.
    Er döste.
    Der Bus fuhr an Åkersberga vorbei. Alles Provinzler im Bus. Eine ältere Dame mit zwei Dackeln starrte ihn unverhohlen an.
     
    Er stieg an einer Haltestelle aus, die ihm passabel erschien, Wira bruk. Der Plastikbeutel mit den Klamotten baumelte an seinem Handgelenk. Er ließ ihn herumschnurren.
    Nicht gerade sein Terrain. Jorge war bisher nur einmal in seinem Leben auf dem Land gewesen, während eines Schulausflugs, als er dreizehn Jahre alt war. Es hatte damit geendet, dass er heimgeschickt wurde. Man durfte im Wald kein Feuer machen.
    Rechts eine Kirche aus Stein. Der Glockenturm war separat gebaut, in graugestrichenem Holz. Einige Grabsteine im Gras um das Hauptgebäude herum. Linker Hand ging es steil nach oben. Wald. Eine Straße verlief geradeaus, und eine kleinere ging nach links weg. Weiter hinten Äcker. Die Felder waren bereits abgeerntet.
    Der Himmel war grau.
    Er machte sich auf den Weg.
    Ging bis zur Abzweigung. Schaute die Straße entlang, die nach links abbog. Einige Häuser und parkende Autos. Er ging näher heran. Sah ein Schild: Wira bruk – Hembygdsgård. Überquerte den Parkplatz. Insgesamt neun Autos. Überlegte kurz, ob er eins klauen sollte – der

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