Spuk aus dem Jenseits
ihm jetzt ziemlich lang erschien.
Er hustete. Das befreite etwas
vom Druck. Der Atem sank wieder tiefer. Aber das Brustbein, dort, wo der Schlag
getroffen hatte, schmerzte.
So schlägt kein Irdischer zu,
dachte Tim und grinste. Irdischer! Also ein Außerirdischer? Einer aus dem
Jenseits?
Er klopfte an die Hintertür.
„Ich bin’s.“
Sie ließen ihn ein.
„Schläft deine Mutter noch?“
Das galt Jörg.
„Sie hat sich nicht gemeldet.
Also hat sie nichts gemerkt.“
„Was ist los mit dir?“ fragte
Gaby besorgt. „Deine Stimme klingt so dünn gequetscht.“
„Er hat mich niedergeschlagen.“
Tim schleppte sich zum Garderobenspiegel
in der Diele, machte Licht und streifte sein T-Shirt ab.
Auf der muskulösen Brust
bildete sich ein blutunterlaufener Fleck, genau in der Mitte.
„Um Himmels willen!“
Gaby betastete den Bluterguß.
Tim sog die Luft ein, soweit die Rippen sich bogen. Das Brustbein machte mit.
Nichts knirschte. Auch der stechende Schmerz ebbte ab. Gebrochen oder
angeknackst war offenbar nichts.
Gaby kam mit einem feuchten
Lappen aus der Küche und drückte ihn auf die Prellung.
„Niedergeschlagen? Dich?“
Klößchen konnte es noch nicht fassen. „Bist du an einen Weltmeister geraten?
Oder hatte dein Gegner eine Eisenstange?“
„Nur die bloße Faust.
Jedenfalls habe ich nicht gesehen, daß er was hielt.“ Tim verzog das Gesicht.
„Au, Pfote! So tut’s weh.“
„Stell dich nicht an! Oder
willst du im Schwimmbad mit diesem Veilchenstrauß rumlaufen?“
Tim setzte sich in einen Sessel
und ließ Gabys Behandlung über sich ergehen. Seine Freundin kam jetzt mit
Eiswürfeln. „Und was für ein Typ war das?“ fragte Jörg.
Tim wollte antworten. Aber in
diesem Moment klingelte das Telefon.
8. Gespenster brauchen kein Auto
„Das ist er“, flüsterte Jörg.
„Jetzt ruft er an aus dem Jenseits.“
Sie umstanden den Apparat, der
in der Diele auf einem Tischchen seinen Platz hatte.
Tim stieß Jörg an. Der nahm den
Hörer ab.
„Ja?“
Alle hatten ihm ein Ohr
zugeneigt, um mithören zu können.
In der Leitung schienen
Gewitter zu wüten. Fauchender Wind? Grollen im Hintergrund? Der Atem des
Weltalls?
Wie bei einem
Science-Fiction-Film der C-Klasse, dachte Tim. Billig, trotzdem beeindruckend.
Dann sprach Demonius.
„Ich bin’s.“ Eine harte,
halb-dumpfe und scheinbar atemlose Stimme. „Das war mein vierter Racheakt.
Weitere werden folgen. Aber dies ist das letzte Mal, daß ich mit euch spreche.
Ich verfluche euch. Dich, Elsa, und deinen Sohn.“
Es knackte. Offenbar wurde auch
im Jenseits der Hörer ordentlich aufgelegt.
Jörg hatte sich leichenfahl
gefärbt. Seine Hände zitterten. Er schluckte und brachte die Worte nur mühsam
heraus.
„Seine Stimme. Ganz gewiß seine
Stimme. Glaubt mir.“
„Sein Gesicht ist es auch“,
sagte Tim. „Jedenfalls sieht er aus wie auf dem Gemälde.“
Tim berichtete. Betroffenheit
machte sich breit. Jörg begann, seine Ohren zu kneten. Sie mußten allerhand
aushalten, wenn er seelisch auf dem Schlauch stand.
„Was mir Angst macht“, sagte
Gaby, „ist nicht die Vorstellung, es könnte ein echtes Gespenst sein. Unsinn
wäre das. Und Gespenster werden auch nicht chauffiert mit einem hiesigen Wagen.
Nein! Aber die Art, wie dieser Spuk inszeniert wird, ist der helle Wahnsinn. Offenbar
hat jemand den Karate-Weltmeister engagiert und ihm eine Maske mit den Zügen
des Demonius vors Gesicht gehängt.“
Tim nickte. „Als ich ihn
anfaßte — beinharter Body!“
„Jedenfalls haben wir die
Kennzeichen“, frohlockte Klößchen. „So was hilft immer. Gaby mit ihrem heißen
Draht zur Polente kriegt doch schnell raus, wem die Karre gehört. Dann kennen
wir den Chauffeur vom Demonius. Das ist schon die halbe Erklärung des
Unerklärlichen, wenn nicht die ganze.“
„Hoffentlich hast du recht“,
sagte Tim. „Aber vielleicht wurde der Wagen gestohlen. Oder er fährt mit
gefälschten Kennzeichen. Am Ziel sehe ich uns noch nicht. Trotzdem ermitteln
wir in der Richtung. Das ist klar.“
Irgendwo quäkte was.
Das Walkie-Talkie.
Tim lief zum Fenster, wo es
lag.
„...bitte, melden“, tönte Karls
Stimme. „Hallo, bitte, melden!“
Tim meldete sich.
Dann war Karl wiederum an der
Reihe.
„Trauerkloß rührt sich nicht
aus dem Haus. Ich kann ihn beobachten. Er hockt nur vor der Glotze. Ist bei
euch alles klar? Bitte, kommen!“
Tim schaltete auf Sprechen.
„Aktion beendet, TKKG-zwo. Hier
war der Teufel los. Wir erwarten
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