Spur der Flammen. Roman
Rest der Sammlung ausfindig zu machen. Eine ganze Reihe dieser Schatzsucher hat weniger Skrupel als ich. Sie werden hier auftauchen, Ihnen Geld bieten, vielleicht sogar versuchen, die Bücher zu stehlen. Ich dagegen habe Ihnen höchst sinnvolle Geschenke mitgebracht. Wenn Sie diese Kisten öffnen, werden Ihnen die Augen übergehen – Lebensmittel und Medikamente für Ihre Leute. Decken und Lampen, Generatoren zur Stromerzeugung. Ich weiß doch, dass man so etwas gut gebrauchen kann, wenn man wie Sie abseits von jeglicher Zivilisation lebt.«
Der Rinpoche erhob keinen Einwand. Wie jeder Mensch aus Fleisch und Blut hatten auch Lamas und ihre Studenten gewisse Grundbedürfnisse. Die amerikanische Spende würde vielen zugute kommen. Dennoch sagte er: »Das Buch bleibt, wo es ist.«
Philo sah sich in dem uralten Kloster um. »Besonders gesichert scheinen Sie hier nicht zu sein.«
»Wir sind gut geschützt«, erwiderte der Lama.
»Darf ich Ihnen dann das Versprechen abnehmen, dass Sie mich informieren, sollte das Buch irgendwann einmal dieses Kloster verlassen, sei es, dass Sie es selbst auslagern, oder sei es, was Gott verhüten möge, dass es gestohlen wird?«
»Das Buch wird niemals diesen Ort verlassen.«
»Aber Sie versprechen es mir?«
»Sie erhalten Bescheid.«
Philo streckte die Hand aus. »Dann werde ich mich jetzt verabschieden. Die Spenden bleiben hier, zum Zeichen meiner guten Absichten.«
Als sich Philos Hubschrauber in die Höhe schraubte und abschwenkte, winkten ihm die Mönchsjungen nach. Philo winkte zurück und sagte: »Jetzt«, worauf Mr.Rossi auf einen Knopf drückte. Sekunden später explodierten unten in der Klosteranlage vier riesige Feuerbälle gleichzeitig und setzten im Nu sämtliche Gebäude in Brand. Das Lächeln der jugendlichen Mönche wich blankem Entsetzen. Philo sah nur die lodernden Flammen, hatte keinen Blick für die verschreckten Gesichter, hörte nicht die Schreie, schaute nicht den Kindern und Mönchen nach, wie sie in versengten Gewändern, die nackte Haut mit Brandblasen übersät oder bereits schwarz, davonstoben. Er schenkte den kleinen Jungen, die zu Boden sanken und sich in Todeskrämpfen wanden, ebenso wenig Beachtung wie den älteren Mönchen, die sich über die Kinder warfen, um die Flammen zu ersticken. Er interessierte sich nur für die Bomben, die seine Männer während der Unterredung mit dem Lama in Stellung gebracht hatten.
Innerhalb von Minuten war das Gelände mit brennenden, zuweilen noch zuckenden Körpern übersät. Die Gebäude gingen in Flammen auf, Dächer stürzten ein, Torbögen sanken in sich zusammen, Feuerzungen wirbelten Asche und verkohlte Überreste uralter heiliger Schriften himmelwärts. »Ausgezeichnet«, lobte Philo. Er war mit der Ausführung seines Befehls zufrieden. Er wusste auch, dass einer seiner Männer nach dem Explodieren der ersten Bombe die von ihm begehrten Schriften ergriffen und mitgenommen hatte. Es war perfekt.
Als der Hubschrauber in Richtung Tal schwebte, klingelte sein Satellitentelefon. »Wir haben die Tafeln, Sir«, vermeldete die Stimme am anderen Ende.
Philo war erfreut. Was dann kam, erfreute ihn allerdings nicht. »Wir haben ihre Spur verloren, Sir.« Gemeint waren Candice und Glenn.
»Sucht nach ihnen«, sagte er. »Und wenn ihr sie habt, lasst Armstrong in der Wüste zurück und sorgt dafür, dass sie nicht mehr herausfindet.« Eine Gefälligkeit sozusagen. Wo sie doch als Ägyptologin bestimmt davon träumte, ihr Leben in der Wüste zu beenden. »Glenn Masters dagegen will ich lebend haben.«
Er brauchte Glenn. Ohne ihn würde sein Plan nicht funktionieren.
Ein Opfer war unerlässlich.
Über einer flachen, farblosen Welt ging die Sonne auf. Wortlos setzten Glenn und Candice ihren Weg nach Norden fort, den Blick starr geradeaus gerichtet, als wollten sie gleichsam aus dem Nichts heraus das Auftauchen einer Ansiedlung heraufbeschwören. Sie waren erschöpft, durstig und hungrig, ihre Füße wund gescheuert, Rücken und sämtliche Glieder schmerzten. Dennoch zwangen sie sich zum Weitergehen.
Gegen Mittag kam eine verschleierte Sonne durch. Als Glenn Candice beim Überqueren einer engen Schlucht half, bemerkte er, dass sie unvermittelt an ihm vorbeischaute und sich Verwunderung auf ihrem Gesicht abzeichnete. »Was ist denn das?«, fragte sie.
Er drehte sich um. Ein bräunlicher Höcker auf der gelblichen Ebene. »Ein Kamel?«
Der Pontiac!
Mit letzter Kraft hasteten sie darauf zu und stießen auf
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