Spur der Flammen. Roman
wussten beide nicht, was sie tun sollten. Aber das Verlangen war groß, das Begehren, die Gefühle wie ein Rausch.
Glenn stand in Candices Anblick versunken und fragte sich, wie er so lange ohne sie hatte leben können.
Und da war noch etwas: Sie hatte ihm ein kostbares Geschenk gemacht.
Obwohl er dem Klettern abgeschworen hatte, spürte er eine neue Kraft in sich, das Verlangen, es erneut zu versuchen. Er wollte es noch einmal wissen, wollte sich der Herausforderung stellen, die über die körperliche Anstrengung hinausging und ihm ein spirituelles Erlebnis bescherte. Wie konnte er die Stille in einsamer Höhe vergessen, wenn der Wind ihm um die Haare strich und nur das Klicken der Karabinerhaken und das Klopfen des Pickels zu hören waren? Durch Candice war die Erinnerung an dieses Hochgefühl zurückgekommen.
»Candice«, sagte er voller Staunen.
Die Maschinen sprangen wieder an, die Dieselmotoren tuckerten und stampften, bis sie zu einem gleichmäßigen Brummen fanden und das Schiff Fahrt aufnahm. Glenn und Candice flogen sich in die Arme. Das silberne Mondlicht in der Kabine reichte, um sich in die Augen zu schauen, der Rest blieb im Dunkeln und dieses erhöhte noch den Reiz des Entdeckens, als Hände und Lippen ihren Erkundungsweg aufnahmen.
Der erste Kuss war hart, ungeduldig, hungrig. Hände zerrten an Kleidern, streiften lästige Hüllen ab. Glenn streichelte ihre entblößte Brust. Sie sanken auf das Bett. Während Glenn mit den Händen durch ihr Haar wühlte, kostete sein Mund ihre Lippen, ihre Kehle, ihre Schultern. Sie presste ihn an sich. »Ja … ja …!«
In diesem verzauberten Moment öffnete Glenn sein Herz und gab sich der Leidenschaft hin, die ihm zum ersten Mal im Leben wahre Erfüllung verhieß. Und Candice gab sich ihm mit ganzer Seele hin, umschlang ihn, spürte die Hitze seines Atems in ihrem Nacken. Sie hörte, wie er ihren Namen sagte, und flüsterte den seinen. Er bedeckte ihre Lider mit Küssen, als sie einen wunderbaren Rhythmus, ihren Rhythmus fanden. Sie spürte seine harte Männlichkeit, seine heiße Haut und glaubte, in seinen Armen zu vergehen.
Tränen funkelten ihr in den Augen, als sie vor Ekstase erschauerte und aufschrie. Wenig später folgte Glenn, und danach hielten sie sich eng umschlungen, um diesen kostbaren, berauschenden Moment hinauszuzögern, während hoch über ihnen, in tiefschwarzer Nacht, Orion ewige Jagd auf Taurus machte.
Als Glenn erwachte, hielt er die schlummernde Candice immer noch in den Armen. Ihre Augenlider zuckten im Schlaf. Er betrachtete sie von tiefer Zärtlichkeit erfüllt. In ihren Armen hatte er sich schwach und stark zugleich gefühlt, wie ein kleiner Junge und wie ein Gott. Ihr Atem an seiner Haut, die Arme, die ihn umschlangen, ihr heiseres Stöhnen hatten ihn berauscht.
Wieso hatte er ihr erlaubt, ihn nach Morven zu begleiten? Schon vor zwanzig Jahren, als er achtzehn Jahre alt war, hatte seine Mutter befürchtet, dass von Philo Gefahr für ihn ausging. Wie groß würde heute erst diese Gefahr für ihn sein?
Er konnte Candice einem solchen Risiko nicht aussetzen. »Tut mir Leid«, flüsterte er, während er ihr eine Strähne aus der Stirn strich und sie zärtlich auf die Wange küsste. »Bitte vergib mir.«
Wenn sie am morgigen Tag in der Bucht von Neapel vor Anker gingen, wollte er Kapitän Stavros eine stattliche Summe Geldes bieten, damit er Candice sicher nach Southampton brachte, während er sich selber einen anderen Weg suchen musste.
Und wenn sie sich wiedersahen, wäre der Alptraum vorbei.
Während die
Athena
gemütlich mit ihrer Fracht von Feigen und Datteln durchs Mittelmeer stampfte, mit zwei eng umschlungenen Liebenden und einer schlafenden Mannschaft an Bord, saß der Kapitän am Funkgerät und beschrieb dem aufmerksam lauschenden Hörer am anderen Ende die interessanten Objekte, die der Steward, während er das Essen servierte, in der Kabine ausspioniert hatte. »Sehr alt«, sagte Stavros gerade. »Geschrieben ist mit Tinte auf Keramikscherben. Ich glaube, es ist Hebräisch, könnte auch Aramäisch sein. Ja, ja, wir legen morgen in Salerno an. Ich kann den Mann und die Frau ganz leicht aus dem Weg schaffen lassen.«
Er beendete die Verbindung und streckte sich auf seinem Stuhl aus. Der griechische Kapitän war außerordentlich zufrieden mit sich und der Welt. Schließlich betrieb er nicht nur einen lukrativen Handel mit Oliven und Wein, mit Seide und Schokolade, nein, er tummelte sich auch noch in
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