Spur der Flammen. Roman
dem Absatz kehrt und rannte zum Jagdzimmer zurück. Dort zerschlug er die Scheibe des Waffenschrankes und schnappte sich ein Jagdgewehr. Er zog den Bolzen zurück, die Kammer war leer. Er fand eine Schachtel mit Munition, lud das Magazin und steckte ein Zündhütchen in den Lauf. Mit entsichertem Gewehr stellte er sich ans Fenster.
Als Philo über die Zinnen kletterte, um an den Fahnenmast zu gelangen, legte Glenn die Flinte an und nahm sein Opfer ins Visier. »Okay, Philo. Keine weitere Bombe mehr. Bleib, wo du bist!«
»Du wirst mich nicht töten. Du bist doch ein Mann der Vernunft.«
Glenn feuerte. Der Schuss ließ einen Dachziegel tanzen. »Stopp den Zeitzünder, Philo!«
Philo hatte sich rasch hinter einen Schornsteinkasten geduckt. »Außerdem bist du ein friedfertiger Mensch, hast du das vergessen?«
Glenn feuerte ein zweites Mal. Eine weitere Schieferplatte flog vom Dach. »Der nächste Schuss kostet dich einen Arm!«, brüllte Glenn, während er den Bolzen durchzog und neu anlegte.
Philo hob die Hand, griff nach seiner Armbanduhr. »Lenore!«, rief er in den Sternenhimmel. Die nächste Explosion. Das Schloss erbebte, Flammen schossen aus dem Westflügel. Philo, Glenn und Candice waren nunmehr von Feuer umzingelt.
»Was hat er vor?«, fragte Candice atemlos.
Mit brennenden Augen und geblendet von den Flammen sahen sie Philo hinter einem anderen Schornsteinkasten verschwinden und ein Dach tiefer wieder auftauchen. »Er bewegt sich auf die Mitte des Schlosses zu, genau über die Schatzkammer. Da liegt die letzte Bombe.«
Die größte und gewaltigste.
Halb betäubt vom Prasseln des Feuers spähte Glenn durch die Rauchschwaden und sondierte die Dachlandschaft, wie er ein Kliff vor dem Besteigen abschätzen würde.
Da tauchten unerwartet zwei Männer mit Waffen auf, die beide auf Glenn zielten: Philos allgegenwärtige Handlanger, der Afrikaner und der mit dem Erdbeermal.
»Wissen Sie nicht, dass er uns alle umbringen wird?«, rief Glenn ihnen zu. »Sie mit eingeschlossen?«
»Damit rechnen sie«, rief Philo zurück. »Sie glauben an mich.« Glenn merkte, dass sie es ernst meinten und tatsächlich schießen würden. Langsam ließ er das Gewehr sinken. Plötzlich stand noch eine Gestalt auf dem Dach.
Mildred Stillwater. Mit ihren fliegenden Haaren sah sie wie ein Racheengel aus.
Die beiden Männer wurden von ihrem unerwarteten Auftauchen abgelenkt, da hatte Glenn schon sein Gewehr gepackt, angelegt und gefeuert. Der Afrikaner stürzte, der andere drehte sich mit angelegter Waffe um. Da packte Candice einen losen Ziegelstein, warf ihn mit aller Kraft und traf den Mann voll am Kopf.
Glenn kletterte über eine Dachgaube, um Candice heraufzuhelfen. Sie eilten zu Philo und hörten Mildred schluchzen: »Philo, als ich dich sagen hörte, du hättest John Masters getötet, wollte ich mehr erfahren und schickte Francesca wegen der Minze zum Gewächshaus. Und weil es draußen kalt war, lieh ich ihr meine Strickjacke. Du hast sie an meiner Stelle getötet. Und du hast alle Türen verriegelt, du Monster! Ich hatte kaum Zeit, alle Leute rauszulassen. Du wolltest jeden von uns umbringen. Und die anderen in all den Jahren … Norbert Williams, Jeannie Meade, Ygael Pomeranz. Die hast du auch getötet! Und ich war deine Komplizin!«
Dieser schmerzliche Ausdruck, während die Worte nur so aus ihr heraussprudelten und sie sich qualvoll erinnerte: an den geliebten Mann, den sie Philos wegen vor dem Traualtar hatte stehen lassen. Wie Andy sie wochenlang am Telefon belagerte, was er denn falsch gemacht hätte, und dass sie zu ihm zurückkommen möge. Sie schluchzte laut auf.
Andy, kannst du mir je verzeihen?
»Gott wird kommen!«, rief Philo, der Mildred nicht beachtete.
»Das Einzige, was kommen wird, ist die gerechte Strafe für dein schändliches Tun.« Mildred machte Glenn und Candice Zeichen, dass sie sich in Sicherheit bringen sollten.
»Gehen Sie aus dem Weg, Dr.Stillwater!« Die nächste Kugel sollte Philo mitten ins Herz treffen. Glenn hob das Gewehr und lud nach.
Plötzlich hob Mildred den Kopf.
»Was ist das?«, fragte Candice.
Glenn lauschte. Ein Grollen und Donnern, das immer näher kam.
Philos Stimme gellte zu ihnen herüber: »Hört ihr das? Gott kommt! Die Luminanz ist nah!«
Etwas traf Candice am Kopf. Sie fuhr sich über das Haar, ihre Hand war feucht.
Ein zweiter Tropfen traf sie, und noch einer.
»Lieber Himmel«, wisperte sie. Aus dem klaren Sternenhimmel fiel Regen hernieder.
Der Wind
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