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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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frischte machtvoll auf, Mond und Sterne verschwanden hinter gewaltigen Wolken. Und der Regen wurde heftiger.
    »Wo kommt das denn her?«, murmelte Glenn, der sein feuchtes Hemd betastete.
    Philo hob erschrocken den Kopf. »Nein!«, schrie er. »Lenore, wo bist du?«
    Er merkte nicht, dass Mildred auf ihn zu stürzte. »Verbrenn in der Hölle«, schrie sie und hieb ihm mit aller Kraft die Hände gegen die Brust.
    Philos weiße Satinslipper rutschten auf den feuchten Ziegeln. Wild mit den Armen schlagend, verlor er die Balance, schlitterte über das Dach und rutschte über die Kante. Im letzten Moment konnte er sich an der Dachrinne festhalten, wo er nun vier Stockwerke über dem mit Kopfstein gepflasterten Schlosshof hing.
    Mittlerweile goss es in Strömen. Flammen wurden erstickt, schwarze Rauchschwaden stiegen auf.
    Aber selbst in dieser misslichen Lage, im strömenden Regen an einer morschen Dachtraufe hängend, fand Philo noch einen Weg, um an die Knöpfe seiner Armbanduhr zu gelangen. Er hielt sich mit einer Hand fest und schwang die andere darüber.
    »Nein!«, brüllte Glenn.
    Philo tastete mit dem Finger über die Armbanduhr. Durch den Regen konnte er den siebenten Knopf erkennen und wollte ihn gerade drücken, als die Leuchtanzeige der Uhr erlosch.
    Fassungslos drückte Philo erneut auf den Knopf. Und wieder und wieder.
    Da wurde ihm bewusst, dass er zwar jedwede Eventualität einkalkuliert hatte, dass er aber bei allen Finessen der Uhr – sie war feuerfest, stoß- und bruchsicher, eine Kleinigkeit vergessen hatte: sie wasserdicht zu machen.
    Glenn warf das Gewehr weg, beugte sich über die Dachrinne und packte Philo an der Hand. »Halte dich fest!«
    Von Wind und Regen gepeitscht warf Philo den Kopf zurück.
    »Lenore, meine Geliebte, warte auf mich!«, schrie er.
    Dann sah er Glenn an. Ihre Blicke hielten sich fest.
    Und dann ließ Philo los.
    »Nein!«, rief Glenn.
    Candice erreichte die Dachkante just in dem Moment, da Philo unter ihnen im weichen, nassen Strauchwerk landete. Er blieb einen Moment lang liegen, dann rollte er sich auf den Boden und rannte davon.
    »Wo will er hin?«
    »Ins Haus. Bestimmt will er die Bombe manuell zünden!«
    »Wie kommen wir da hinunter?« Sie waren rundum von Feuer umgeben, während Dachrinne und Traufe vom Regenwasser überflossen.
    »Mir nach!«, rief Mildred.
    Die Stufen in dem alten Turm waren ausgetreten und glatt. Mit von der Hitze glühenden Gesichtern hasteten die drei hustend durch dichten Qualm hinunter.
    Die Treppe endete in einer prächtigen Halle im viktorianischmaurischen Stil, von der alle Flügel des Schlosses abgingen. »Da entlang!«, sagte Mildred. »Zum Gewölbekeller geht es durch das Musikzimmer.«
    Das Zimmer bot das reinste Inferno. Der Steinwayflügel war nur noch ein glühendes Gerippe, die Flammen hatten Beine und Korpus bereits vernichtet. Auf der Schwelle stand Philo. Er zögerte. Es gab keinen anderen Zugang zum Gewölbe als durch dieses Zimmer.
    Er machte einen Schritt vorwärts.
    »Philo, tu’s nicht!«, rief Glenn und hielt sich dabei schützend den Arm vor das Gesicht, so intensiv war die Hitze.
    Philo drehte sich mit einem verklärten Gesichtsausdruck zu ihnen um. »Das Feuer kann mir nichts tun. Ich werde unbeschadet hindurchgehen.«
    Er trat in das Feuer.
    Weiße Seide, Leinen und Satin standen augenblicklich in Flammen. Dann schlohweißes Haar und weiße Haut. Wie eine Fackel brennend, wirbelte Philo herum, der Körper an mehreren Stellen bereits angesengt.
    Sein erstaunter Blick. Wie konnte das sein?
    Aber so war es, und genauso war es anderen vor ihm ergangen – Vater und Mutter hinter verriegelten Türen, die verzweifelt um Hilfe riefen. Die Schmerzen wurden unerträglich. Jetzt loderte seine Seele auf.
Mutter, Vater, hab ich das wirklich getan?
    Sein Blick kreuzte sich in plötzlicher Einsicht mit dem von Glenn – ein Moment der Klarheit in der Welt seines Wahnsinns – Was habe ich getan? – und mit seinem letzten Atemzug kam der Schrei: »Lenore …«
    Die Morgendämmerung warf ein trübes Licht auf glimmende Trümmer, auf in Decken gewickelte Männer und Frauen, auf Spürhunde, die an verkohlten Resten schnupperten. Bevor Mildred Stillwater die Sicherheitstüren entriegeln konnte, hatten die Eingeschlossenen bereits Hilfe über ihre Handys angefordert. Nachdem das unerwartete Gewitter sich verzogen hatte, waren Boote und Hubschrauber mit Leuten vom Festland – dem Wirt des Thistle Inn, ansässigen Bauern, einem

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