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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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in alle Richtungen zu verstreuen. Nach Christofles Meinung war dieses Vorhaben unsinnig gewesen, weil dadurch der Orden nur geschwächt worden war. Das Kloster in Zypern beherbergte die größte Gruppe Alexandrier – genau zwölf Männer, einer älter als der andere, die mehr um ihre Eingeweide denn um Schriftrollen besorgt waren, über Blähungen und Hämorrhoiden klagten, über Furunkel und Magengeschwüre, über den Verlust ihrer Zähne und ihrer Jugend – zwölf mürrische Mönche, die sich beim ihnen zugestandenen Bier zankten, anstatt den ihnen anvertrauten, allmählich zerfallenden Manuskripten und Buchrollen Aufmerksamkeit zu schenken.
    Dies erwähnte Christofle Alarich gegenüber nicht, sah er doch in Comte de Valliers die letzte Chance für den Orden. Diese Expedition ins Heilige Land könnte die Alexandrier mit neuer Kraft erfüllen. Wenn es ihm nur gelänge, Zugang zu diesem vernagelten Ritterschädel zu finden!
    »Verzeiht mir, guter Bruder, aber die Dame meines Herzens erwartet mich. Genießt die Gastlichkeit meines Hauses, Wein und Fleisch sind reichlich vorhanden. Vielleicht können wir uns ja morgen oder übermorgen nochmals unterhalten …«
    »Aber Hoher Herr …«
    Der Comte war bereits verschwunden.
     
     
    Alarich lauschte an der schweren Tür, und da kein Laut zu ihm drang, stellte er sich seine schöne Margot im Schlummer vor, die dichten Wimpern auf weißen Wangenknochen ruhend. Er öffnete die Tür zu der schwach erhellten Kammer. Die mit öligem Pergament ausgekleideten Fenster waren geschlossen, um den Regen abzuhalten. Großflächige Wandbehänge mit Szenen aus der Bibel milderten die Kälte, Flammenzungen auf dicken Kerzen flackerten, vom Luftzug bewegt. Margots Kleider waren über die Truhe aus Zedernholz neben dem Bett gebreitet, obenauf lag, wie stets in Reichweite, der Dolch mit dem juwelenbesetzten Griff.
    Die Vorhänge um das Bett waren zugezogen. Alarich schob sie mit einem »Ich habe eine Überraschung für dich, mein Liebes!« beiseite. Margot jedoch wartete ihrerseits mit einer Überraschung auf: Sie lag nackt im Bett, ihr langes Haar zerzaust auf dem Kissen, und neben ihr lag, gleichfalls nackt, Baudouin, sein Bruder.
    Keiner war später in der Lage, den Ablauf der Vorgänge in jener Nacht zusammenzufassen, am wenigsten Alarich selbst. Beim Anblick der beiden wurde ihm schwarz vor Augen, sein Kampfarm griff unwillkürlich nach Margots Dolch und holte zum Schlag aus. Um was zu treffen? Er wusste es nicht. Sollte er jedoch darauf abgezielt haben, ein Kissen zu durchbohren, dann setzte er dieses Vorhaben erfolgreich um, denn Baudouin und Margot, die jäh erwachten, rollten sich rechtzeitig beiseite und wichen dem Angriff gerade noch aus.
    Aber nicht lange. Wie ein wutschnaubender Stier ging Alarich auf sie los, völlig außer sich und blind vor Eifersucht. Er hatte es auf Baudouin abgesehen, der ohne ein Wort der Erklärung oder Entschuldigung auch noch kaltblütig genug war, zwischen seinen Kleidern nach seinem eigenen Schwert zu tasten, derweil Margot, ihre Blöße notdürftig mit den Armen verdeckend, zitternd am Feuer stand, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
    In einem Punkt war Baudouin besser dran – er war gut ausgeruht. Alarich dagegen verlieh sein Zorn neue Kräfte. Fluchend und seinen Bruder mit allen erdenklichen Schimpfnamen überschüttend, griff er ihn immer wieder an, ziellos, den Blick von Tränen verschleiert. Er schmiss den Dolch weg, hetzte zu der Wand, an der ein altes Erbschwert hing, riss es herunter. Auch diese Waffe war für einen Mann mit sechs Fingern geschmiedet worden – für Alarich mit seiner besseren Schlagkraft und dem größeren Ausholvermögen ein weiterer Vorteil.
    Er warf seine Pelzrobe ab und ging, jetzt ebenso nackt wie sein Bruder, erneut auf Baudouin los.
    Das Feuer warf die langen Schatten der beiden Duellanten an die Wände. Metall prallte aneinander. Margot warf sich zwischen sie, schrie, sie sollten aufhören. Aber sie schoben sie beiseite, setzten ihren Kampf fort, griffen abwechselnd an, parierten, sprangen aufeinander los, wehrten Paraden ab.
    Als Alarich bei einer heftigen Attacke das Schwert aus der Hand geschlagen wurde, duckte er sich, um dem Schlag auszuweichen und griff sich wieder den auf dem Boden liegenden Dolch. Die nächste Attacke wehrte er ab, indem er mit einem Fußtritt gegen das Schienbein Baudouin zum Straucheln brachte. Nur mit Mühe konnte sich der Bruder den daraufhin durch die Luft schwirrenden

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