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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Dolchstößen entziehen.
    Schließlich sah sich Baudouin an eine Wand gedrängt. Sein Schwert lag auf dem Boden. Mit beiden Händen das Heft des Dolches umklammernd, hob Alarich den Arm, um zum tödlichen Stoß auszuholen, als im letzten Augenblick Baudouin nach Margot griff und sie als lebenden Schild an sich zog, zu spät für Alarich, der den Stoß ausführte und ihr die Klinge mit einer solchen Wucht in die Brust rammte, dass die Knöchel seiner Finger freigelegte Rippen streiften.
    Ein verwunderter Ausdruck stand auf ihrem hübschen Gesicht, dann entglitt sie anmutig Baudouins Griff.
    Den Brüdern stockte das Blut.
    Bis sich Alarichs Kehle der Schrei entrang: »Ich werde dich umbringen!«
    Aber schon stürzte Baudouin aus der Kammer, verschwand so schnell hinter einem Vorhang, dass Alarich blinzeln musste. Er hetzte dem Bruder nach, traf in der Halle auf Männer, die wegen des Lärms herbeigeeilt waren und jetzt verdutzt schauten, als Baudouin splitternackt an ihnen vorbeirannte, verfolgt von dem ebenfalls nackten, mit Blut verschmierten Alarich, der, den Dolch in der Hand, wie ein Wahnsinniger brüllte.
    In den schrecklichen Tagen, die nun folgten, spürte Alarich, dass es nicht nötig war, das Geschehen noch einmal zu überdenken und sich zu fragen, warum er sich zu einer derartigen Tat hatte hinreißen lassen oder warum er weder auf einer Erklärung noch auf einer Entschuldigung bestand oder warum er seinen Bruder nicht zu einem ehrenhaften Duell herausforderte. Denn er wusste doch die Wahrheit bereits: die verstohlenen Blicke bei Tisch, Margot und Baudouin lustwandelnd im Garten, Margots Launenhaftigkeit, wenn Alarich nach längerer Abwesenheit nach Hause kam – eindeutige Hinweise, die er geflissentlich übersehen hatte.
    »Es ist nicht Eure Schuld, Herr«, versicherten ihm seine Männer. Wie die meisten wohlhabenden Ritter hielt sich Alarich einen kleinen Trupp von Söldnern, die ihm treu ergeben waren und zwischen Kriegszügen ihre Zeit damit verbrachten, sich sportlich zu betätigen und ihr Rüstzeug für den nächsten Kampf bereitzuhalten. Derart niedergeschlagen hatten sie ihren Herrn noch nie erlebt.
    »Es war meine Hand, die sie getötet hat!«, brüllte er dann.
    »Der Stoß galt Eurem Bruder, Herr.«
    Sein Kummer schlug um in Zorn und Rachsucht. »Schafft mir meinen Bruder her! Er ist schuld daran, dass ich meine geliebte Margot umgebracht habe. Dafür soll er sterben! Ich werde ihn bis ans Ende der Welt verfolgen.«
    Bruder Christofle verlegte sich darauf, Alarich zu beschwören, das tragische Ereignis zu vergessen und unter Gottes Banner nach Jerusalem zu reiten. Ein fürwahr ehrenvolles Vorhaben.
    Aber Alarich wollte nicht nach Jerusalem. Alles, was ihn bewegte, war, unbedingt Baudouin aufzuspüren und ihn im Zweikampf zu töten. Das allein erschien ihm als ehrenvolles Vorhaben.
    »Es gibt höhere Ziele als Rache, Herr, es gibt eine größere Liebe als die eines Mannes zu einer Frau oder zwischen Brüdern – die Liebe zu Gott. Ihr solltet diesen Aufruhr des Fleisches außer Acht lassen und das Kreuz aufnehmen«, drängte der Mönch.
    Aber der Ritter, außer sich vor Kummer, wollte weder auf gute Worte noch auf Argumente hören.
    Christofle geriet in Bedrängnis. Er hatte ganz auf Alarichs Zusage gebaut, ins Heilige Land zu ziehen. Deswegen tat er etwas, wozu er sich noch nie verstiegen hatte. Er griff zu einer Lüge. Dem Orden zuliebe, redete er sich ein, um die Alexandrier zu retten. Er klammerte sich an diesen Gedanken, konnte er doch den wahren Grund für seinen Besuch bei Alarich de Valliers, das düstere Geheimnis, das an seiner Seele nagte, nicht einmal sich selbst eingestehen.
    Und so log er denn darauf los: »Wenn Ihr meint, Euren Bruder aufspüren zu müssen, dann zieht gen Osten, denn wohin sonst sollte Baudouin gehen, wenn nicht dorthin, wo ihm Vergebung gewährt wird?« Christofle selbst glaubte nicht einen Augenblick lang an diese Erklärung. Da Baudouin sicher wusste, dass es seinen Bruder nach Rache dürstete, legte er bestimmt die größtmögliche Distanz zwischen sich und alle Menschen, die ihn kannten. Vielleicht hatte er bereits die Küste erreicht, um nach England überzusetzen.
    Für Alarich dagegen fielen die Ausführungen des Mönchs auf fruchtbaren Boden. Baudouin hatte mit der Frau seines Bruders geschlafen und sie auf abscheulichste Weise ermordet. Der Lump würde in Jerusalem um Absolution nachsuchen, denn Papst Urban hatte jenen, die im Namen Gottes dorthin zogen,

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