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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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aufzuschreiben, was sie sahen – auf Derartiges nicht gefasst und unversehens in die Auseinandersetzungen verstrickt waren.
    Die überwiegende Meinung jedoch war, dass Vergewaltigung und Diebstahl, mittlerweile die Hauptbeschäftigung der gelangweilten Pilger, schon weil sie um die Absolution ihrer Sünden wussten, als Ursache dafür anzusehen war, dass ungarische Truppen einen Vergeltungsschlag gegen die Lagernden durchführten, sie verprügelten und ihrer Habe beraubten. Einige Herzöge und Prinzen bemühten sich, den Frieden wieder herzustellen, indem sie vorbrachten: »Sind wir nicht alle Christen?« Worauf ein zweifelhafter Frieden geschlossen wurde – bis eine kleine Schar von Alarichs Männern in dem Begehr, Verpflegung besorgen zu wollen, beim Magistrat der Stadt vorstellig wurde und dieser in der Annahme, das sei nur ein Vorwand, sie als Spione hinstellte und das Verbot aussprach, keinerlei Waren mehr an die lagernde Truppe zu verkaufen. Daraufhin machten sich Alarichs Männer wutentbrannt daran, umso mehr Vieh und Schafe von umliegenden Bauernhöfen zu rauben. Wiederum schritten die Ungarn dagegen ein.
    Jetzt entbrannte Kampfeslust, Schmähungen wurden ausgestoßen. »Warum marschiert ihr nicht nach Jerusalem?«, brüllten die Pilger in der Annahme, die Ungarn seien keine Christen. Und die Ungarn brüllten zurück: »Und warum marschiert
ihr
nicht nach Jerusalem?«, in der Annahme, dass die Pilger den Weg dorthin scheuten.
    Andere Kreuzträger kamen ihren Brüdern zu Hilfe, auch fränkische und alemannische Ritter, die, wenngleich zögernd, der Aufforderung nachkamen, zum Schutz ihrer Männer einzugreifen. Ein Gefecht entbrannte, Verstärkung aus der Stadt rückte an, fiel mit Kampfgeschrei über die Pilger her. Die ersten Pfeile zerschnitten die Luft, Schwerter prallten aneinander. Tote und Verwundete sanken zu Boden.
    Das anfängliche Scharmützel eskalierte. Bruder Christofle eilte zu Alarich. »Herr, Ihr müsst Eure Männer zurückrufen, sonst bleibt niemand mehr, um mit euch nach Jerusalem zu ziehen.« Aber Alarich schenkte ihm keine Beachtung.
    Jede Seite war jetzt entschlossen, Unrecht, ob tatsächliches oder vermeintliches, zu vergelten; sowohl Pilger wie Ungarn sahen sich als die an, denen Unbill zugefügt worden war, und bis zur Mittagszeit war ein mörderischer Kampf entbrannt.
    Klirren von Metall gegen Metall, dumpfe Schläge von Metall auf Körper, gellende Schreie, Ströme von Blut. Pferde ergriffen wiehernd die Flucht, zertrampelten noch Lebende. In aufeinander folgenden Salven schwirrten die Pfeile der Bogenschützen wie Fliegenschwärme durch die Luft. Die Krieger ließen ihren Pferden freien Lauf, um mit den Bogenschützen und Speerwerfern anzugreifen. Es war ein mörderisches Aufeinanderprallen, begleitet von Geschrei und Kriegsgeheul.
    Von Natur aus und durch langjährige Übung ein Mann des Kampfes, konnte sich Alarich nicht länger dem Kriegsgetümmel entziehen. Bis er auf Tonnerre aufsaß, der, als er Blut witterte, aufwieherte und die Augen rollte, kämpften die Ungarn bereits mit vollem Einsatz, ohne Rücksicht auf Verluste. Diejenigen, die von den Pferden der Kreuzträger niedergetrampelt wurden, stießen weiterhin mit ihren Speeren nach denen, die über sie hinwegsetzten, und so mancher Franke verlor sein Leben, als er sich über sein Opfer beugte, um ihm zum Zeichen des Triumphes die Hand abzuhacken. Der Geruch von Blut überlagerte die Schweißausdünstungen der Soldaten, Schwärme von Raben kreisten bereits am Himmel.
    Das wogende Schlachtengetümmel erfuhr jäh eine Wende, als ein zusätzliches Kontingent unter der Führung eines Frankenherzogs in die Stadt einbrach und unter Frauen und Kindern wütete. Um ihnen zu Hilfe zu eilen, bliesen die Ungarn zum Rückzug – und das wurde ihnen zum Verhängnis. Die Pferde der Kreuzträger kreisten sie ein, Bogenschützen und Speerwerfer legten zum Todesstoß an.
    Vom Blutrausch erfasst, zog sich das Gemetzel in die Länge, wütete in der Stadt und in der Ebene, bohrten sich Speere in alles, was sich ihnen in den Weg stellte, wurden Männer ermordet, die bereits die Waffen gestreckt hatten, Kinder mit Knüppeln erschlagen. Ob Pilger oder Ungarn, unübersehbar war die Zahl derer, die an diesem Tag ihr Leben verloren, in einer Schlacht, die keinen Namen hatte und in keinem Geschichtsbuch Erwähnung fand, die aber den schaurigen Auftakt zu dem kennzeichnete, was später der Erste Kreuzzug genannt werden sollte.
    Noch kam es hier und

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