Spur der Flammen. Roman
Ihren Vater. Möge er in Frieden ruhen.«
Er führte sie durch einen langen Korridor, dessen Wände mit wunderbaren Ikonen geschmückt waren, einige darunter so alt, dass das Blattgold bereits von den Rahmen blätterte. Als Candice wie gebannt vor dem Portrait eines jungen Mannes auf einem fuchsroten Pferd stehen blieb, der einen gefallenen Feind mit dem Speer durchbohrte, sagte Konstantine: »Das ist der heilige Demetrius. Wir sind griechisch-orthodox und sehr stolz auf unsere alte Religion.«
Das Interieur der Villa war eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne – üppiges orientalisches Mobiliar gruppierte sich um türkische Säulen, während in einer Ecke für sich eine Computeranlage, modernstes HiFi-Gerät und ein Breitbandfernseher standen. Elias Konstantine verriet seinen Gästen, dass er im Import-Export-Geschäft tätig sei, und allem Anschein nach liefen seine Geschäfte gut.
»Meine Tochter wird Ihnen sogleich einige Erfrischungen servieren.« Dann wurde sein Ton ernst. »Es tut mir ausgesprochen Leid, aber ich kann Sie doch nicht nach Dschebel Mara bringen.«
»Wie bitte?«
Glenn legte seine Hand beschwichtigend auf Candices Arm. »Mr.Konstantine, wenn es um Geld geht …«
»Es geht um das Risiko«, erklärte der Syrer. »Als Ihr Vater Kontakt mit mir aufnahm, waren die Zeiten ruhiger und sicherer. Heute ist das nicht mehr so. Denken Sie an die Situation im Irak. Außerdem haben verschiedene Leute mir Fragen gestellt. Ich befürchte, dass mein Haus beobachtet wird. Ich kann meine Familie keinem Risiko aussetzen. Tut mir Leid, aber in dieser Sache sind Sie auf sich selbst angewiesen.«
Glenn, Candice und Ian Hawthorne wechselten rasche Blicke. Sie alle dachten dasselbe: Zwei Amerikaner und ein Brite allein in der großen Wüste. Sie hatten mit Konstantines Schutz gerechnet. Jetzt standen sie ohne jede Hilfe da.
Eine junge Frau betrat den Raum. Sie trug ein Tablett mit einer silbernen Teekanne und Gläsern, gefolgt von zwei weiteren Frauen, die mit Käse und Brot, hart gekochten Eiern, Oliven, Butter, Honig und Feigen üppig beladene Platten balancierten. Konstantines Gäste verspürten jedoch keinen Hunger.
»Gibt es sonst jemanden, der uns hinführen könnte?«, fragte Candice, als sie sich auf einen Divan inmitten üppiger Kissen setzte.
»Leider nein.« Konstantine legte nicht einmal Bedauern in seine Stimme.
»Könnten Sie uns wenigstens verraten, wo Dschebel Mara liegt?«, fragte Glenn, immer noch im Stehen.
»Es ist eine kleine Bergkette nördlich von Palmyra.«
»Palmyra!«, rief Candice. »Aber das ist doch ein Touristenort!« Ian stöhnte. »Baskow ist vor achtzig Jahren dort gewesen. Seitdem sind jede Menge Touristen dort herumgetrampelt. Was, wenn einer von denen den
Stern von Babylon
gefunden hat? Er könnte jetzt einen Kaminsims in Cheshire schmücken. Oder, noch schlimmer, als Aschenbecher dienen!«
Glenn drehte nachdenklich den Goldring an seinem rechten Ringfinger. Candice konnte sich lebhaft vorstellen, was er gleich tun würde: Seine Dienstmarke zücken, den Polizisten herauskehren, offiziellen Einfluss spielen lassen und womöglich damit drohen, die örtliche Polizei einzuschalten. Aber nichts von alledem. Stattdessen sagte er: »Ich kenne Sie nicht, Mr.Konstantine, aber ich nehme an, Sie sind ein Mann der Vernunft und man kann vernünftig mit Ihnen reden.«
Konstantine spreizte die Hände. »Ich bin ein wohlhabender Mann. Ich brauche kein Geld.«
»Ich biete Ihnen auch kein Geld. Lassen Sie mich Ihnen erklären, worum es uns geht.«
Der Syrer verschränkte die Arme und lehnte sich zurück mit einer Miene, als wollte er Glenn bedeuten, dass er sich seine Mühe sparen könne.
Glenn berichtete ihm von Pierre Duchesne und der Tafel mit den geheimnisvollen Inschriften, die jener gefunden hatte, gefolgt von einem Russen namens Baskow, der 1920 den Spuren Duchesnes in der Hoffnung gefolgt war, weitere Täfelchen zu finden. »Wir nehmen an, dass Baskow die Steintafeln gefunden hat, dann aber an einem Fieber erkrankte und nach Moskau zurückkehrte, wo er kurz danach dem Fieber erlag. Wir glauben, dass Baskow seinen Fund nicht mitnehmen konnte – entweder war er zu sperrig oder zu zerbrechlich oder Baskow fühlte sich beobachtet – auf jeden Fall hat er eine Skizze von dem Fundort angefertigt. Diese Karte und ein Fragment aus dem Fund verblieben bei seiner Familie, wahrscheinlich in irgendeinem Koffer auf dem Dachboden, bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion.
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