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Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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sich nicht einfach damit zufriedengeben, mit Männern das zu machen, was sie nun mal mit Männern machen, werde ich wohl nie verstehen.«
    »Kennen Sie vielleicht Ihren neuen Namen? Falls sie einen neuen Namen angenommen hat.«
    »Natürlich hat sie einen neuen Namen angenommen. Weshalb nimmt man sich sonst einen neuen Ehemann, wenn man keinen neuen Namen haben will? Da kann man doch genauso gut mit dem alten verheiratet bleiben.«
    Er legte den Kopf schräg, legte eine Fingerspitze an seinen Mund. »George könnte was wissen. George weiß alles. Er hört sogar zu, wenn die Leute reden. Das hab ich schon vor Jahren aufgegeben. Seit ich damals einer von den Royals in London die Haare gemacht hab, hat mir niemand mehr irgendetwas erzählt, was auch nur ansatzweise interessant gewesen wäre. Und das ist schon ein Weilchen her, obwohl man das bestimmt nicht glaubt, wenn man mich so anschaut, oder? War natürlich ein absolutes Miststück, aber der Klatsch! Sie hatte gerade dem Mann, den sie wegen seiner beeindruckenden Ausstattung geheiratet hatte, den Laufpass gegeben. Nun, sie konnte es immer nur für kurze Zeit in der Vertikalen aushalten, also war keiner sicher vor ihr. Ich kann Ihnen sagen, ich habe selbst diese juwelenbesetzte Kralle auf meinem Oberschenkel gespürt. Meinem muskulösen Oberschenkel.«
    »George?«
    Er schaute sich um und rief: »Linda, Darling, hol doch mal George und sag ihm, er soll rauskommen, ja?« Zu mir sagte er: »Der Alte sitzt da drin und kämpft mit der Buchhaltung.«
    Ein Mann, der sein zierlicherer, kleinerer Bruder hätte sein können, trat aus einer Tür im hinteren Teil des Ladens. Er hielt eine Brille mit schwarzem Gestell an den Mund.
    »Was?«, fragte er, ungehalten darüber, dass er abgelenkt worden war.
    »Chrissy Donato. Sie hat Gary Connors geheiratet. Das hat nicht gehalten. Wen dann?«
    »Danach hat sie einen Mann namens Sargent geheiratet. Ihm gehören all diese schrecklichen Hochzeitsempfang-Lokale. Die haben auch die Mendels Villa oben in Macedon gekauft.«
    »Danke dir, George. Du kannst dich dann wieder an deine kulinarischen Abrechnungen machen.«
    »Wie überaus freundlich von dir«, sagte George und machte auf dem Absatz kehrt.
    In der Tram dachte ich über Gary nach. Vielleicht hatte er ja noch einen anderen Wohnsitz. Leute, die 350.000 Dollar im Jahr verdienen, können sich ein Ferienhaus leisten. Vielleicht waren der Kasten Bier und die sechs Flaschen Wein für sein Ferienhaus gedacht. Keine langen Ferien. Die Mornington Halbinsel vielleicht? Irgendwo an der Great Ocean Road? Keine besonders vielversprechende Richtung für meine Ermittlungen. Nichts deutete bei Gary auf ein Ferienhaus hin. Und wenn er nur im Urlaub wäre, würde er auch seine Kreditkarten benutzen.
    Vom Büro aus rief ich Des an.
    »Des, ich hätte Sie das längst fragen müssen. Hatte Gary ein Ferienhaus? Irgendeinen Ort, wo er vielleicht hingefahren sein könnte?«
    Des zog die Luft zwischen den Zähnen hindurch. »Keine Ahnung, Jack. Die zweite Frau könnte was darüber wissen.«

hrissy Donato-Connors-Sargent hatte einen weiten Weg zurückgelegt: vom sozialen Wohnungsbau in Broadmeadows bis zu den Serpentinen des Mount Macedon, wo sie jetzt am Ende einer schmalen Landstraße hinter hohen Steinmauern wohnte. Ich schaltete den Motor aus und horchte. Vogelzwitschern, das entfernte Summen eines Aufsitzrasenmähers, das Ploppen eines hart geschlagenen Tennisballs.
    Chrissy empfing mich in einem Wintergarten voller Dschungelpflanzen, der auf eine breite, rot gepflasterte Terrasse hinausging. Dahinter erstreckte sich ein DreißigMeter-Pool, der azurblau schimmerte, als für einen Augenblick die Sonne darauf schien. Das Tennisploppen kam von der anderen Seite eines von Grünpflanzen überwucherten Zauns.
    »Mr. Irish, Mrs. Sargent«, sagte der große, dunkelhäutige Mann im dunklen Anzug, der mich hereingeführt hatte.
    Sie saß aufrecht in einem weißen Metallrahmenstuhl. Zehn weitere Stühle standen rings um zwei Glastische gruppiert.
    Ich schüttelte eine langfingrige Hand. Chrissy, etwas über vierzig, hatte eine straffe Haut, kurz geschnittenes braunes Haar, ausgeprägte Wangenknochen, große helle Augen. Sie trug graue Flanellhosen mit Aufschlag, braune Brogues und ein gestreiftes Herrenhemd.
    »Setzen Sie sich«, sagte sie. »Tee? Oder etwas anderes?«
    »Weder noch, vielen Dank.«
    Der Butler nickte und ging.
    »Also, Gary wird vermisst«, sagte sie und verzog den Mund. »Ich kann das beim

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