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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Tannen geholt. Ein Beamter, der lustlos im Schnee stocherte, trübte die malerische Szenerie.
    »Glauben Sie wirklich, ich würde in meinem eigenen Garten eine Leiche vergraben?«, spottete Genter, noch immer merkwürdig friedfertig. »Ganz davon abgesehen, dass der Boden gefroren ist.«
    »Ich glaube gar nichts, bevor Ihr Anwalt eingetroffen ist«, entgegnete Hartmann. »Sagen Sie mir lieber, wo sich Ihr Safe befindet, dann müssen wir nicht alle Bilder abhängen.«
    Gentner deutete auf ein abstraktes Irgendwas in grellen Farben, das Hartmann hier nicht erwartet hätte. »Wenn Sie ihn dann auch gleich öffnen würden?«, bat er.
    Gentner achtete darauf, dass ihm niemand auf die Finger schaute, und drehte am Kombinationsschloss. Bevor er die Tür aufzog, forderte Hartmann ihn auf, zurückzutreten. Man konnte nie wissen. Er streifte Handschuhe über und kontrollierte den Inhalt.
    Im oberen Fach befanden sich diverse Klarsichthüllen mit Papieren, Testament, Vorsorgevollmachten, Versicherungspolicen, Eigentümerurkunde des Hauses und der Jagdhütte. Ach nee, von wegen vergessen. Er legte die Mappe vor sich auf den Fußboden und wandte sich dem zweiten Fach zu, in dem mehrere flache Schachteln lagerten. Hartmann hob nacheinander die Deckel an. Schmuck, darunter eine Perlenkette mit Saphirverschluss, ein antik aussehendes Rubincollier und einiges an Ringen und Ohrgehängen – wiederum nichts, was er mit Constanze Gentner in Verbindung bringen würde, gleich, welche ihrer Persönlichkeiten gerade zutage trat.
    Im unteren Fach sah er nichts, schob die Hand hinein und stieß früher als angenommen auf Widerstand. Er bückte sich, um sich zu vergewissern, und triumphierte. Eine Metallkassette steckte nahezu passgenau im Fach, war einzig durch gleichmäßiges Ziehen an ihrem Griff herauszubefördern, und selbst das war knifflig. Seine Mühe wurde belohnt. In der Kassette befand sich eine Walther P38 samt Munition und Waffenbesitzkarte, die jedoch nicht auf Martin, sondern auf Karl Gentner ausgestellt war. Ein Waffenschein lag gar nicht erst bei.
    Die Türklingel ertönte, von Pawlow, der es sich vor dem Kamin gemütlich gemacht hatte, lediglich mit einem Heben der Brauen quittiert. Was war nur mit dem Hund los? Er ignorierte sogar Patrizia. Hartmann tütete die Waffe ein, während Gentner das Wohnzimmer verließ und etwas murmelte, was er nicht verstehen konnte. Vermutlich war der Anwalt eingetroffen. Wurde auch Zeit. Das Licht draußen wurde allmählich diffuser, und er wollte so schnell wie möglich los, um zu der Jagdhütte zu kommen.
     

11
    Wenn all die mehr oder weniger korrekt abgestellten Fahrzeuge, darunter zwei Streifenwagen und Hartmanns Auto, das Polizeiaufgebot ausmachten, dann war es beträchtlich. Marilene fand eine winzige Lücke am Straßenrand und parkte. Sie öffnete die Tür, benutzte ihre Hand als Puffer und zwängte sich ungelenk aus ihrem Wagen. Blankes Eis unter ihren Füßen hätte sie beinahe zu Fall gebracht. Sie klammerte sich an beiden Autos fest, wie ein Kletterer in einem Felsspalt, und rutschte millimeterweise vorwärts, bis sie die Straße erreichte und ihre Schuhe wieder Halt fanden. Sie brauchte endlich anständige Stiefel, am besten welche mit Krallen, doch ein baldiges Frühlingserwachen und die Möglichkeit, die Ausgabe zu vermeiden, wären ihr entschieden lieber. Sie raffte den Mantel enger zusammen und eilte zum Hauseingang.
    Gentner öffnete und komplimentierte sie hinein.
    »Sie haben gerade die alte Pistole meines Vaters gefunden, für die ich keinen Waffenschein habe«, sagte er anstelle einer Begrüßung.
    »Nicht gut«, entgegnete Marilene, wissend, dass Jens frohlocken würde – man stieg in jedes Auto ein, wenn einem eine Waffe vor die Nase gehalten wurde. »Sonst noch etwas, das ich wissen sollte? Sie dürfen jeden überraschen, nur mich nicht«, erklärte sie.
    »Dabei täte ich nichts lieber als das.« Gentner warf ihr einen feurigen Blick zu. Seine eben noch angekratzt wirkende Selbstsicherheit war ungebrochen.
    Sie trat einen Schritt zur Seite, um seinem Fokus auszuweichen, gewahrte die offene Tür zur Rechten. Schicke Küche, fand sie. Am Tisch saß eine Frau, Typ graue Maus, Gentners Frau, nahm sie an. Sie schien meilenweit entfernt zu sein, falls sie überhaupt echt war und nicht aus einem Wachsfigurenkabinett stammte. »Verkennen Sie nicht den Ernst der Lage«, mahnte sie. »Ein Durchsuchungsbeschluss wird nicht grundlos erstellt. Es muss mehr gegen Sie vorliegen,

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