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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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in Betrieb wäre, durchaus gemütlich. Zwei abgewetzte Ohrensessel samt Fußhockern standen vor dem Kamin, dazwischen lag das Fell irgendeines enthaupteten Tieres, wie auch ein paar unvermeidliche Geweihe die Wände schmückten. Ein wacklig wirkendes Bücherregal nahm die Wand zwischen zwei Fenstern ein. Um den Esstisch waren sechs Stühle gruppiert, und neben dem Herd befand sich ein alter Küchenschrank, den gerade einer der Beamten durchsuchte.
    Hartmann hockte in absonderlicher Position vor dem Fell und starrte begeistert auf etwas, das ihm der andere Polizist mit einer Pinzette vor die Nase hielt. Sie konnte nicht erkennen, worum es sich handelte.
    »Was ist das?«, flüsterte Gentner.
    »Sagen Sie’s mir«, entgegnete Marilene und musterte ihn unauffällig von der Seite.
    Gentner schwieg, wandte kaum merklich den Kopf, einmal nach jeder Seite, als könne er nicht glauben, was er sah. Oder annahm. Zum ersten Mal wirkte er ratlos, wenn nicht beunruhigt, obgleich er offensichtlich versuchte, das vor ihr zu verbergen, indem er den Schirm seiner Baseballkappe tiefer ins Gesicht zog. Diese Kappe. Der Bote in Inkas Haus. Sie konnte es nicht beschwören, weder, dass er es war, noch, dass er es nicht war. Es schien so unwahrscheinlich, vielleicht allein wegen der Diskrepanz zwischen einem Boten und einem Unternehmensberater, sie bekam die Bilder nicht übereinander. Das musste nichts heißen, lag vielleicht nur an ihrer mangelnden Vorstellungskraft.
    Und wenn doch? Wenn er für den Mordversuch an Inka verantwortlich war, sie erkannt und sie nur kontaktiert hatte, damit er leichter eine Zeugin beseitigen konnte? Blödsinn, dachte sie, welcher Mandant würde schon seinen Anwalt um die Ecke bringen wollen? Außerdem musste ihm eigentlich bekannt sein, dass sie, selbst wenn er ihr gegenüber den Mordversuch zugab, das auf keinen Fall weitergeben durfte. In Bezug auf Franziskas Entführung sah das allerdings anders aus. Sofern sie wirklich entführt worden war, ginge es um ein höheres Gut als die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht. Nämlich um ein Menschenleben.
    Ihr Blick fiel auf eine gerahmte Fotografie, die neben der Eingangstür hing und zwei Männer auf irgendeinem für ihren Geschmack entschieden zu hohen Berggipfel zeigte. Zwei Männer, die sich auffallend ähnelten, so weit sie das erkennen konnte. Die Aufnahme zeigte sie im Profil, und da die Sonne in ihrem Rücken stand, sie zudem beide Schirmmützen trugen, waren ihre Gesichter kaum unterscheidbar. Dem Fotografen schien es mehr um das Panorama als um die Personen gegangen zu sein.
    »Sind Sie das?«, erkundigte sie sich und deutete auf das Bild.
    Gentner blickte sich um. »Ja«, bestätigte er ungehalten, »links, das bin ich, der andere ist ein Freund. Wir waren letztes Jahr gemeinsam im Himalaja. Warum?«
    »Ihr Freund kommt mir irgendwoher bekannt vor«, sagte sie vage.
    »Schon möglich, dass Sie ihn mal gesehen haben, er wohnt in Niedernhausen.«
    »Ach ja?« Sie überlegte, wie sehr sie ins Detail gehen konnte, ohne ihn oder gar den ominösen Freund zu warnen. »Mit Ostfriesland hat er nichts zu tun?«
    »Das wäre mir neu«, erklärte Gentner, »wie kommen Sie darauf?«
    »Er sieht jemandem ähnlich, den ich dort mal gesehen habe, als ich zu Besuch bei meinem Vater war. Aber da muss ich mich wohl geirrt haben«, wiegelte sie ab. Nach dem Namen zu fragen wagte sie nicht.
    Gentner schien sich damit zufriedenzugeben und wandte sich wieder den Beamten zu, die sich daran machten, Regale und Schränke zu durchsuchen.
    ***
    »Sind Sie sicher, dass es sich nicht um einen Selbstmordversuch handelt?« Heide Amelung zog ein Taschentuch aus einer der Kleenex-Schachteln und tupfte sich die Augen. Sie rang sichtlich um Fassung.
    »Ziemlich sicher«, sagte Lübben.
    »Gott sei Dank. So eine grobe Fehleinschätzung hätte ich mir nie verziehen. Aber ich hatte natürlich auch nicht wirklich geglaubt, dass ihr Verfolgungswahn kein Wahn war, insofern habe ich mir genügend vorzuwerfen.« Sie trug heute, so schräg wie vormals, zu einem schwarzen Oberteil einen knöchellangen, weiten Rock in schillerndem Türkis und zupfte daran herum.
    »Wir hätten der Aussage vermutlich ebenso wenig Glauben geschenkt, also geben Sie sich nicht die Schuld«, beschwichtigte Lübben. »Nur gut, dass es eine Zeugin gab, sonst hätten wir ihren Sturz als Selbstmord abgetan. Gewehrt hat sie sich allem Anschein nach nämlich nicht.«
    »Oje, das klingt nicht gut. Aber sie wird bewacht,

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