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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Kopf. »Wir werden sie schon finden«, murmelte er unverbindlich und bat um eine Tüte. Er würde sich nicht in ein Gespräch über den Stand der Ermittlungen hineinziehen lassen, er kannte ihn ja nicht einmal selbst. Bis auf einen Punkt. Der war allerdings ein Knaller.
    Martens nickte und wurde wieder, als habe jemand einen Schalter umgelegt, zur lächelnden Geschäftsfrau. »Haben Sie übrigens mal was von  P. D . James gelesen?«, fragte sie. »Ihr Ermittler hat ebenfalls einen Hang zur Lyrik. Sie brauchen auch keine Angst zu haben, dass zu viel Blut fließt, das ist sehr getragen,  very british . Mein Mann spricht immer von seiner Lieblings-Schlafpille.«
    Das plötzliche Umschalten irritierte ihn und brachte ihn dazu, an der Fassade kratzen zu wollen. »Hilft es denn?«, erkundigte er sich. Sie schaute ihn verständnislos an, und so wurde er denn deutlich. »Kann er ruhig schlafen?«
    »Was auch immer Sie damit andeuten wollen«, sie senkte den Kopf und blickte ihn über den Rand ihrer Lesebrille hinweg an wie einen renitenten Schüler, »worauf immer es sich gründet, es ist totaler Blödsinn. Wir sind über fünfundzwanzig Jahre verheiratet, ich kenne ihn besser, als er sich selbst, ich weiß, was er sagen wird, bevor er auch nur denkt, ich kenne die Schlüsselworte, die eine harte Diskussion hervorrufen, und die, die bewirken, dass er sich zurückzieht. Er hasst Gewalt jedweder Art, und die fängt schon beim Werfen eines Feuerzeugs an, das hält er mir noch heute nach zwanzig Jahren vor. Ich weiß genau, auf welchen Typ Frau er steht, und das sind nicht fünfundzwanzigjährige Studentinnen, und ich merke alles!«
    Zinkel fuhr unwillkürlich zusammen, für ihn klang das nicht nach Ehe, es klang nach – Lager? Er sollte seine eigenen Zukunftspläne überdenken. »Sie können nur merken, dass etwas nicht stimmt, wenn Sie nach Anzeichen dafür suchen. Warum sollten Sie das ohne Grund tun?«
    »Es gibt keinen Grund, und ich suche auch nicht. Ich nehme wahr. Ich würde es merken. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen das erklären soll.« Sie raufte sich die Haare. »Wenn die Gardine zur Seite geschoben ist, weiß ich, dass er aus dem Fenster gesehen hat, wenn das Handtuch halb auf dem Boden hängt, hat er geduscht. Würde ich ihn danach fragen und er glaubte, es sei Kritik, er würde es abstreiten, worauf ich entgegnen würde, aber die Gardine hängt nicht richtig und das Becken ist nass. Er wiederum würde antworten, oh ja, stimmt, ich habe geduscht und später das Eichhörnchen im Garten beobachtet.« Sie seufzte. »Das klingt irgendwie bescheuert, oder?«
    »Harmonischer Kleinkrieg?«, schlug Zinkel vor.
    »Nein, eben nicht. Es ist wahrnehmen, was der andere tut, denkt, fühlt.«
    »Gib es zu, du bist schon pedantisch«, erklang eine Stimme aus dem Flur.
    Ihre Miene hellte sich auf. »Aber das heißt nicht, dass ich dauernd herummeckere.«
    »Ich lieb dich auch, wenn du meckerst, alles eine Frage der Gewohnheit.«
    »Danke, ich verteidige deine Ehre, und du fällst mir in den Rücken.«
    »Sie meckert nur manchmal«, stellte Michael Martens klar und kam um die Ecke. »Eigentlich ist sie ganz umgänglich.«
    »Sie ist natürlich nicht das Thema«, warf Zinkel ein, bevor er es nachholte, sich vorzustellen. »Paul Zinkel, Kriminalpolizei.«
    »Nein, das ist mir nicht entgangen.« Martens ließ offen, worauf sich seine Bemerkung bezog. »Leider hat meine liebe Frau, die sonst so gut mit Worten umgehen kann, es geschafft, unsere Ehe als eine Art Gefängnis darzustellen, in dem der Gefangene, also ich«, er tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust, »seelisch misshandelt wird. Die Folgen sind natürlich hinlänglich bekannt. Gebe ich Ihre Vorstellung in etwa korrekt wieder?«
    Zinkel beschloss, die Frage als rhetorisch zu betrachten. Er spürte, dass ihm das Gespräch entglitten war, ohne allerdings den Finger drauflegen zu können, an welchem Punkt.
    »Der Punkt ist«, griff Martens seinen Gedanken auf, »wenn Sie dieser Frau heimlich ein Geschenk kaufen wollten, können Sie das vergessen. Es ist mir nur ein einziges Mal gelungen, sie zu überraschen, und da habe ich delegiert. Sie hat einen untrüglichen Instinkt, einen sagenhaften Blick für Details, die Sie und ich niemals wahrnehmen würden. Jedenfalls ich nicht, Sie vielleicht schon. Sie hat ein phänomenales Gedächtnis. Und sie zieht ihre Schlüsse aus dem, was sie beobachtet. Sie wäre vermutlich in der Lage, einen ganzen Roman über Sie zu schreiben,

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