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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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ich?«
    »Kann man nie wissen.« Sie zog spöttisch eine Braue in die Höhe. »Im Augenblick sind diese Fragen reine Routine. Sind Sie Kunde in der hiesigen Buchhandlung?« Patrizia drehte sich um und schlenderte, Hände in den Taschen ihres Mantels, ins Wohnzimmer.
    »Sporadisch«, Petersen folgte ihr, »ich bin kein großer Leser. Musik ist eher meine Sache.«
    Das ist unübersehbar, dachte Patrizia, eine solche Menge an CDs und Schallplatten hatte sie, außer in Musikgeschäften, noch nie auf einmal gesehen. Lediglich ein schmales Eckregal war ein paar Büchern vorbehalten, Reiseführer zumeist, ansonsten war hier nichts, was nicht mit Musik zu tun hatte. Nur das Schachspiel. Ein runder Tisch aus dunklem Holz mit eingearbeiteten Feldern, darauf metallene Figuren aus Bronze und Zinn, die Ritter und Knappen darstellten. Sah klasse aus.
    »Was hören Sie gern?«, fragte Petersen und kniete sich ungelenk vor die unauffällige und sicher umso teurere Anlage.
    »Musik ist nicht so meine Sache«, entgegnete sie. »Lesen schon eher.« Genau genommen las sie viel, und Musik-Freaks waren ihr seit einiger Zeit suspekt. Sie schaute um sich, bemüht um einen anerkennenden Ausdruck. »Sie müssen eine ganz hervorragende Putzhilfe haben«, sagte sie. »Sie wissen nicht zufällig, ob sie noch Zeit hat für eine zusätzliche Stelle? Ich suche händeringend jemanden.«
    Petersen sortierte umständlich seine langen Gliedmaßen und stand auf, ein leichter Ausdruck von Bedauern im Gesicht. »Tut mir leid, aber das mache ich alles selbst.«
    »Wie schade. Seit wann kennen Sie Gentner?«, fragte sie.
    »Seit dem Studium, aber eigentlich wollen Sie wohl wissen, wie gut ich ihn kenne und ob ich ihm zutraue, etwas mit dem Verschwinden dieser jungen Frau zu tun zu haben, nicht?«
    Sie nickte ermunternd.
    »Ich kenne ihn gut.« Petersen beugte sich vor, wie um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Uns verbindet das, was Sie vermutlich eine Männerfreundschaft nennen würden. Wir sehen uns oft und nicht nur zum Schachspielen, wir spielen beide Tennis, wir gehen in Konzerte, und ab und zu verreisen wir auch zusammen. Im letzten Jahr waren wir zum Beispiel auf einer Trekking-Tour im Himalaja. Das war eine ganz unglaubliche Erfahrung, wie man an die äußerste Grenze der körperlichen Belastbarkeit geht und schließlich sogar darüber hinaus. Und an dem Punkt kommt dann die Seele ins Spiel, man ist nämlich aufeinander angewiesen, auf Gedeih und Verderb, so vollständig, wie das nur in extremen Situationen möglich ist. Eins können Sie mir glauben, da lernt man jemanden bis ins Innerste kennen, da bleibt nichts mehr verborgen. Von daher weiß ich also, dass Martin nie etwas tun würde, was das Leben eines anderen Menschen gefährdet.«
    »Diese Art Abenteuer-Urlaub deckt sich nicht ganz mit meiner Vorstellung von Sicherheit«, warf Patrizia ein. »Und wie steht überhaupt seine Frau zu all diesen Unternehmungen?«
    »Das müssen Sie sie schon selbst fragen. Sie kommt nie mit, obwohl sie immer eingeladen wird.«
    »Tolerant«, sagte sie und schaffte es fast, einen ironischen Unterton zu vermeiden.
    Petersen nickte ernsthaft. »Das ist er. Wissen Sie, als seine Frau damals den Unfall hatte, habe ich für eine Weile geglaubt, sie würden es nicht schaffen, sie hat stark gehinkt, aber inzwischen merkt man es kaum noch, nur solche Strapazen sind eben nichts für sie.«
    »Also ist körperliche Unversehrtheit wichtig für ihn?« Das erklärte zumindest seine Reaktion auf ihre Narbe.
    »Oh ja, nach seiner Philosophie kann nur in einem starken Körper eine starke Seele wohnen.«
    Ein Guru mehr auf dieser Welt, es war zum Auswachsen. »Sie sagten vorhin, ihr Freund sei beruflich viel unterwegs«, wechselte Patrizia das Thema, »was glauben Sie, ist er treu?«
    »Ach, Sie glauben an einen sexuellen Hintergrund?« Zum ersten Mal verflüchtigte sich seine gleichbleibende Fröhlichkeit.
    »Naheliegend, oder? Jedenfalls dann, wenn sich eine Beziehungstat ausschließen lässt.«
    »Sieht sie denn gut aus?«
    Perfide Frage, fand Patrizia. »Ist Schönheit nicht subjektiv?«
    »Sie ist vor allem eins: oberflächlich.«
    »Eben, und es sind nicht unbedingt gut aussehende Frauen, die Opfer einer sexuell motivierten Gewalttat werden. Es geht nicht so sehr um Begierde, sondern um Macht. Und Macht lässt sich durch Erniedrigung sehr leicht erlangen.«
    »Interessanter Aspekt. Aber von Untreue auf die Bereitschaft zu sexueller Gewalt zu schließen ist absurd,

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