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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Blick fiel in den Garten. Ein Tisch und ein paar Stühle duckten sich unter einer mindestens fünfzehn Zentimeter dicken Schneeschicht, wirkten gestaucht und wie für Kinder gemacht, weil ihre Beine ebenso tief im Schnee steckten. Ein Eichhörnchen kletterte hektisch den Baum hinauf, warf vorsichtige Blicke nach allen Seiten und raste wieder abwärts, als sich eine Elster näherte, verschwand mit flinken Sätzen im Dickicht am Ende des Gartens, während die Elster auf dem Tisch landete, im Schnee versank und schimpfend davonflog.
    »Du bist früh dran.« Katharina stellte die Tassen ab.
    »Ein paar Termine sind wetterbedingt ausgefallen.« Marilene sog genussvoll den Duft ein. »Und irgendwie habe ich dann nichts Rechtes mehr zustande gebracht.«
    »Das kenn ich gut. Ich arbeite auch am besten unter Stress, wenn es mau ist, wie heute, murkse ich meistens nur herum. Willst du Marie schon mitnehmen? Ein Problem wär das nicht.«
    »Nein, ich kann warten, ich muss unbedingt mal wieder in eure Krimi-Ecke.« Marilene senkte die Stimme. »Können wir reden?« Sie wies mit dem Kinn Richtung nicht vorhandener Küchentür.
    »Um fünf, wenn du so lange Zeit hast.«
    »Klar, dann schau ich einfach erst nach Stoff, ja?« Sie stand auf, zupfte den feuchten Pullover von ihrem Rücken und ging in den Taschenbuchraum.
    Katharina folgte, ging aber zunächst ans Telefon, denn Marie versuchte gerade, ein quäkendes Kleinkind zu besänftigen, während Frau Borden im Gespräch mit dessen Vater war. Marilene wandte sich den Regalen zu. Arne Dahls »Tiefer Schmerz« kannte sie noch nicht, da konnte schon mal nichts schiefgehen, doch ansonsten fühlte sie sich erdrückt von der Fülle der Titel. Es war kein Tag für Entscheidungen. Besser, sie wartete.
    »P. J. Tracy.« Katharina war hinter sie getreten.
    »Nie gehört«, entgegnete Marilene.
    »Originell, spannend, witzig und gut geschrieben.« Sie reichte ihr zwei Titel. »Ich bin sicher, das wird dir gefallen.«
    »Okay, ich probier’s. Das reicht auch erst mal, ich werde in nächster Zeit ja öfter kommen.«
    Katharinas Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Wenn der Anlass besser wäre, würde ich mich ja freuen«, sagte sie und warf einen vorsichtigen Blick um die Ecke, wo das Kleinkind-Debakel seinen Fortgang nahm. Ein weiterer Kunde betrat den Laden. »Hallo, Herr Doktor Lindenau«, sagte sie lächelnd und ging zum Tresen.
    Haltung, dachte Marilene, wo nahm sie die her? Gut, die Ablenkung mochte willkommen sein, aber es brauchte wohl eine ausgeprägte Fähigkeit zur Verdrängung, um solche Gelassenheit auszustrahlen, sobald man den Laden betrat.
    »Ich bräuchte Literatur zum Thema Resilienz. Würden Sie mal schauen, was es da gibt?«
    Erst als sie diese sanfte Stimme hörte, stellte Marilene die Verbindung zum Namen her und folgte Katharina. »Hallo, Herr Doktor«, begrüßte sie ihn, »schön Sie zu sehen.«
    »Na, das ist ja mal eine Überraschung.« Er schüttelte ihr überschwänglich die Hand. »Da Sie sich nicht mehr bei mir gemeldet haben, nehme ich an, alles ist gut? Marie sehe ich ja ab und an«, er senkte die Stimme und zwinkerte konspirativ, »aber es ist ihr hochnotpeinlich, mich zu kennen, geschweige denn, mit mir zu sprechen.«
    »Doch«, erwiderte Marilene, »im großen Ganzen geht es uns gut.«
    »Fein, das freut mich.« Er wandte sich Katharina zu.
    »Ich drucke Ihnen grad die Liste aus, inklusive Inhalt, dann können Sie erkennen, ob es die Richtung ist, die Sie sich vorstellen.« Sie bückte sich zum Drucker und reichte ihm ein Blatt Papier.
    Er überflog die Seiten. »Gut«, sagte er, »den ersten Titel möchte ich auf jeden Fall haben, und hier, den dritten, können Sie den zur Ansicht bestellen?«
    »Kein Problem«, erklärte Katharina, »sind beide übermorgen hier, so gegen halb zehn.«
    »Fein, dann bis Freitag. Einen schönen Abend noch«, wünschte er und verließ das Geschäft.
    Marilene reichte Katharina ihre Bücher, zahlte und ließ sich eine Tüte geben. Unterdessen kam auch der Papa endlich zu einem Entschluss, nämlich seinen Einkauf zu vertagen, bis er mehr Ruhe hätte. Das kollektive Aufstöhnen, als er samt Sprössling den Laden verlassen hatte, war bühnenreif.
    »Diesen Feierabend habe ich mir echt verdient.« Frau Borden entfernte ihr Namensschild und verabschiedete sich.
    »Ich dachte, Oma wollte mich abholen. Ist was passiert?«, fragte Marie.
    »Nö«, sagte Marilene, »ich war bloß unproduktiv, das ist alles.«
    »Du kannst mal

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