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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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als vierzig, und er trug selbst jetzt, nach Feierabend, noch Anzug und Krawatte. Einen gemütlichen Abend zu Hause stellte er sich anders vor.
    »Herr Hartmann?«, erkundigte der andere sich, wartete sein Nicken kaum ab und wedelte seinen Ausweis beiseite. »Haben Sie das Schwein endlich gefunden, das ihr das angetan hat?«
    »Leider noch nicht«, entgegnete Hartmann, »wir prüfen im Augenblick, ob es sich um eine Serie handelt.«
    »Prüfen. Ja.« Der Mann wurde plötzlich zum reinsten Fragezeichen, als sei alle Luft aus ihm entwichen. »Ich weiß nicht, ob meine Frau Ihnen da helfen kann. Woher sollte sie das wissen? Sie spricht nicht mal über das, was ihr zugestoßen ist, jedenfalls nicht mit mir, und ich sitze da und male mir alles Mögliche aus. Ich hatte gehofft, Sie hätten den Kerl gefasst, damit sie dann vielleicht mit der Sache abschließen könnte.« Er stockte, bevor er flüsternd fortfuhr. »Sie ist einfach nicht mehr sie selbst. Ich hatte gehofft, die Therapie würde sie mir zurückbringen, aber die nutzt überhaupt nichts.«
    Der Mann litt unverkennbar, doch nach allem, was er aus der Akte schloss, konnte die Ehe vor dem Vorfall gar nicht so gut gewesen sein, um das zu rechtfertigen. »Ich dachte …«, hub Hartmann an und wusste nicht weiter.
    Schuch kam ihm zuvor. »Wissen Sie, unsere Ehe war eigentlich eher schwierig. Ich wusste, dass Claudia ab und zu fremdgegangen ist, und es war hart, sich nichts anmerken zu lassen. Ich habe das nur hingenommen, weil es keinen wirklichen Einfluss auf unsere Beziehung hatte, weil sie, glaube ich, gar nicht anders konnte, als mitzunehmen, was so ihres Weges kam. Oder wer. Eine Party? Nichts wie hin. Ein Konzert? Unbedingt. Ein Typ, der ihr schöne Augen machte. Warum nicht? Sie war anstrengend, aber einfach hinreißend, wenn sie in Fahrt kam, und wenn ich das Ziel ihrer Aufmerksamkeit war, dann war ich der glücklichste Mann auf der Welt. Jetzt ist sie pflegeleicht.«
    Er verzog den rechten Mundwinkel zu etwas wie einem ironischen Grinsen. »Das Wort wäre mir im Zusammenhang mit Claudia früher nie in den Sinn gekommen. Sie will nirgendwo mehr hin, verlässt die Wohnung eigentlich nur zum Einkaufen, und das ist nicht das, was sie früher darunter verstanden hat, sie kauft bloß Lebensmittel und haufenweise Kram für mich, den ich nicht brauche. Der Haushalt ist immer tipptopp, während ich früher schon mal selbst geputzt habe, weil meine Toleranzschwelle in der Hinsicht nicht so hoch ist. Sie probiert dauernd neue Rezepte aus und ist völlig geknickt, wenn was danebengeht. Neuerdings backt sie sogar selber, was sie früher immer abgelehnt hat, schon wegen der Linie. Und das Schlimmste, das absolut Untypischste für sie ist, dass sie jetzt auch noch strickt. Socken. Schals. Alles für mich. Ich musste schon eine neue Kommode kaufen. Und ich muss das Zeug tragen.«
    Hartmann konnte ein Grinsen nicht verhindern.
    »Ich weiß wohl«, fuhr Schuch fort, »das klingt alles ganz harmonisch und nicht wirklich unnormal. Aber das ist es. Sie ist krank. Und ich habe nicht das Gefühl, dass die Therapie ihr irgendetwas bringt.«
    »Sie ist die ganze Zeit in Behandlung gewesen?«, fragte Hartmann, innerlich die Nase rümpfend. Zwei Jahre waren verdammt lang für eine Therapie, amerikanische Verhältnisse geradezu.
    Schuch nickte. »Ein paarmal habe ich vorgeschlagen, die Therapie abzubrechen oder wenigstens mal eine Pause einzulegen, aber ihre Reaktion darauf war dermaßen beängstigend, dass ich’s mir abgewöhnt habe. Sie wurde käseweiß, der Schweiß ist ihr ausgebrochen, und dann hat sie aufgehört zu sprechen. Sie war überhaupt nicht mehr da. Also habe ich schließlich nachgegeben.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, was mit ihr geschehen ist, als sie fort war?«, vergewisserte Hartmann sich.
    »Nein. Ich weiß nicht mal, ob sie es selber weiß. Der Psychologe beruft sich auf seine Schweigepflicht, er sagt, er hat den Eindruck, dass sie auf einem guten Weg sei. Sie sei immerhin zufrieden mit ihrem Leben, wie es jetzt ist, was mehr könne ich wollen? Wenn mir das nicht reiche, müsse vielleicht ich an mir arbeiten, was immer er sich darunter vorstellen mag. Nicht sehr ergiebig, das Gespräch.«
    »Ist sie noch in Niedernhausen in Behandlung oder haben Sie vor Ort jemanden gefunden?«
    »Sie wollte nirgendwo anders hin. Mittlerweile geht sie ja nur noch alle zwei Wochen, da ist das nicht so aufwendig, aber am Anfang war die Fahrerei ganz schön lästig.«
    »Hat sie

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