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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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mit dem wunderbaren Sternenhimmel darüber aus, um die Rasse über den Ursprung ihrer Heimatwelt hinaus zu erheben. Das, was mit den Menschen heute geschah, hatte in gewisser Hinsicht etwas Dekadentes, dieser allgemeine Rückzug auf das Bequeme und Vertraute, auf die gewohnte Umgebung. Der Mangel an Interesse für all die Dinge, die einst als wichtig und wertvoll gegolten hatten.
    Wir haben angefangen, virtuelle Leben zu führen.
    Niemand musste mehr arbeiten, und wenige taten mehr, als ihren Freizeitinteressen zu frönen. Kim hatte sich selbst immer für ehrgeizig gehalten, und doch hatte sie während ihres gesamten Lebens niemals einen Drang verspürt, nicht einmal, als sich eine Gelegenheit dazu ergeben hatte, über die Grenzen ihrer Heimatwelt hinaus zu reisen. Die Menschen beschwerten sich über die langen Wochen in den spartanischen Kabinen, sie wurden krank im Hyperraum, die interstellaren Reisen waren sündhaft teuer. Also gaben sie sich mit imaginären Bildern zufrieden, hübschen technologischen Feuerwerken, erschaffen im warmen, behaglichen Komfort ihrer Wohnzimmer. Leg ein Holzscheit ins Kaminfeuer und besuche Beteigeuze.
    Sie sprach mit Solly über ihre Gedanken, erklärte ihm, wie sie sich fühlte angesichts der Sternenwiegen in den Fenstern, des Pferdekopfnebels, der Ringe des Gasriesen. Die Existenz einer anderen intelligenten Spezies schien mit einem Mal nicht mehr so wichtig wie noch wenige Stunden zuvor.
    »Willkommen im Club, Kim«, sagte er, als sie geendet hatte. »Diejenigen von uns, die hier draußen herumfliegen, wissen das seit Jahren. Es spielt wirklich keine besondere Rolle, ob es im Orion Außerirdische gibt oder nicht. Es gibt einfach viel zu viel zu sehen, um sich über Kleinigkeiten zu beschweren. Und selbst wenn sich herausstellt, dass wir die Einzigen im Universum sind, die das alles sehen können, dann reicht es immer noch.«
    Sie hatte stets geglaubt, dass Solly dazu neigte, die intellektuelleren Aspekte des Lebens zu vernachlässigen. Er hatte längst nicht so viel gelesen, wie er eigentlich sollte, und er schien sich viel zu sehr für das Praktische und Profane zu interessieren, ein Mann, der selten über philosophische Probleme nachdachte. Doch im Verlauf dieser Reise hatte er sie mehrmals überrascht, besonders mit seinen Bemerkungen über die Zeitlupenblitze. Wenn man Solly fragte, welchen Sinn das Leben hatte, antwortete er, dass er im Wesentlichen in einem guten Essen mit guten Freunden oder einer schönen Frau bestand.
    Kim hingegen hing der eher konfusen Vorstellung nach, dass der Sinn des Lebens im Ausweiten intellektueller Horizonte bestand. Im Erreichen von Zielen. Jetzt blickte sie aus dem Fenster und kam zu der Entscheidung, dass, gleichgültig, was sich sonst noch ergeben würde, ihr Sinn damit erfüllt worden war, hierher zu kommen und das hier zu sehen.
    Und wenn sie einen Ort auswählen durfte, an dem sie außerirdischen Intelligenzen begegnen wollte, dann war dieser Ort ohne Zweifel genau hier.
    Unter ihr flammte die Atmosphäre im Licht der fernen Sonne auf. Es sah warm aus dort unten, und es fiel leicht, sich unter den leuchtenden Nebeln gewaltige Ozeane und Kontinente vorzustellen. Tatsächlich betrug die Temperatur in den obersten Wolkenschichten milde siebzehn Grad Minus, denn die Hitze entstand tief unten. Also nicht schlecht, wenn man Wasserstoff und Methan atmete.
    Solly richtete die Ortungsantennen auf den weiten Kreis ihres Orbits, ohne den umgebenden Raum in einer sechstausend Kilometer durchmessenden Kugel zu vernachlässigen. Damit sank zwar die Effizienz der Suchoperation um ein gutes Drittel, doch er war gerne bereit, diesen Preis zu zahlen, wenn er dadurch vermeiden konnte, im Orbit überrascht zu werden. Kim war nicht in der Stimmung, mit ihm über diesen Punkt zu streiten.
    Sie umkreisten den Planeten alle zweiundachtzig Minuten. Es war spät geworden, doch keiner von beiden machte Anstalten schlafen zu gehen.
    Während der dritten Umkreisung ging der Alarm los.
    »Organisches Objekt voraus«, meldete die KI.
    Sie rannten auf die Brücke, und Solly legte die Bilder des Objekts bei maximaler Vergrößerung auf den Schirm. Sie befanden sich über der Nachtseite des Gasriesen, und so bekam er kaum mehr als eine Markierung in der Schwärze. Doch die Analyseprogramme waren bereits online.
    Kalzium.
    »Das Objekt ist länglich, etwa zwei Meter, und weniger als einen Meter breit.«
    Kohlenstoff.
    Die Entfernung betrug zwölfhundert Kilometer.
    Solly

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