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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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dem Winkel der Ringe.
    »Gut so.« Solly zeichnete ein Diagramm auf einen der Hilfsschirme. »Damit alles so aussieht wie auf den Aufnahmen, muss sich die Hunter etwa hier befunden haben.« Er zeigte ihr die Stelle, elf Grad nördlich der äquatorialen Ebene und in einer Höhe von fünfundvierzigtausend Kilometern. »Allerdings dauert die Aufnahme nur ein paar Minuten, und das reicht nicht aus, um einen vollständigen Orbit zu bestimmen.«
    »Wir haben noch eine zweite Aufnahme«, erinnerte ihn Kim. Das Bild mit Emily, das zwei Stunden später gesendet worden war.
    Solly startete die Aufnahme, fand weitere Monde, diesmal drei, wiederholte den gesamten Vorgang und lächelte schließlich triumphierend. »Ich denke, wir sind wieder im Geschäft«, sagte er.
    Sie war entzückt. »Gut. Dann bring uns bitte in den gleichen Orbit, Solly. Allerdings möchte ich, dass wir ein wenig schneller sind, als es die Hunter war.«
    »Warum denn das?«
    »Damit wir alles überholen, was mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Hunter unterwegs ist.«
    Solly runzelte die Stirn.
    »Mach es einfach, ja?«
    »Einverstanden, Kim.«
    »Und dann suchen wir so gründlich, wie wir nur können.«
    »Was genau erwartest du eigentlich zu finden?«
    »Nichts«, antwortete sie und fühlte sich wie Veronika King, die immer die gleiche Antwort auf derartige Fragen gab. »Doch die Möglichkeiten sind grenzenlos.« Sie wollte nicht über ihre Hoffnung sprechen, dass die Außerirdischen noch immer irgendwo waren, das Schiff ein bewegungsunfähiges Wrack. Aber möglich war es.
    Solly erteilte der KI neue Anweisungen. »Wir werden noch heute am späten Abend in den Orbit gehen«, sagte er zu Kim. »Wir benötigen ungefähr zwölf Stunden, um den Orbit einmal vollständig abzusuchen.«
    Etwas in Sollys Stimme ließ sie aufhorchen. »Stimmt etwas nicht?«, fragte sie.
    »Ich habe daran gedacht, bevor wir aufgebrochen sind, aber damals war nicht der richtige Augenblick, um darüber zu reden.«
    »Dann tu es jetzt, Solly.«
    »Wir sind unbewaffnet, Kim«, sagte er. »Ist dir der Gedanke gekommen, dass dieses Ding vielleicht keine freundlichen Absichten hegt, falls es noch hier ist?«
    »Ich halte das für unwahrscheinlich.«
    »Warum?«
    Sie blickte auf die Sternenfelder hinaus. »Solly, selbst wenn sie eine aggressive Spezies sind, würde es keinen Sinn ergeben haben, in einer Einöde wie dieser auf jemanden zu feuern, oder? Was könnten sie schon gewinnen?«
    »Vielleicht mögen sie einfach keine Fremden, wer weiß? Irgendetwas ist jedenfalls mit der Hunter geschehen, oder hast du das schon vergessen?«
    »Wir müssen annehmen, dass sie rational denken und handeln, Solly. Sonst wären sie wahrscheinlich erst gar nicht bis hierher gekommen.« Sie genoss das Gefühl, mit ihm zusammen in dieser weiten leeren Einöde zu sein. Es war etwas anderes, wenn man aus den Fenstern blicken konnte und wusste, dass sie tatsächlich dort waren. »Sie haben nicht auf die Hunter geschossen. Oder falls sie es getan haben, haben sie keinen großen Schaden angerichtet. Das Schiff kam unbeschädigt und sicher wieder zu Hause an.«
    »Vielleicht befinden sie sich mit ihrer eigenen Spezies im Krieg?«, vermutete Solly. »Vielleicht lag Ben Tripley gar nicht so falsch, als er das Schiffsmodell Valiant taufte. Gut möglich, dass es ein Kriegsschiff gewesen ist.«
    »Solly«, sagte Kim geduldig, »alle sind heil und unversehrt wieder zu Hause angekommen.«
    »Sind sie das? Wer will das wissen? Vielleicht wurden sie übernommen. Vielleicht ist etwas anderes an ihrer Stelle zurückgekehrt.« Er schnitt eine schaurige Grimasse und summte eine Melodie aus der uralten Horrorserie Midnight Express. Kim lachte. Trotzdem lief ihr ein eisiges Frösteln über den Rücken.
     
    Kurz nach dem Abendessen gingen sie in den Orbit, den die Hunter damals eingenommen hatte und der ungefähr in Äquatorhöhe verlief.
    Die Ringe beherrschten den gesamten Himmel, ein gewaltiger leuchtender Bogen, unter dem die kupferfarbenen Wolken bis in alle Ewigkeit dahinrollten. Blitze zuckten in der Tiefe, und hin und wieder sahen sie den feurigen Schweif eines Meteoriten.
    Es war ein Ort unendlicher Schönheit und Würde. Fast konnte man glauben, er war eigens dazu geschaffen, das menschliche Auge und den menschlichen Verstand zu erfreuen.
    Es war, dachte Kim, für sich allein genommen ein Grund, zwischen den Sternen zu reisen. Selbst wenn wir wirklich allein sind, reicht die bloße Existenz von Welten wie dieser

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