Spuren im Nichts
Außerdem finanzierte sie den Midwinter Carnival. Und sie bemühte sich Monat für Monat, jemanden zu finden, den sie für herausragende Dienste auszeichnen konnte.
An dem Tag, an dem Kim eingeladen war, wurde der Preis einer neunzehnjährigen jungen Frau verliehen, die ihren Bergkameraden mutig vor einem Todessturz bewahrt hatte. Kim beobachtete die Verleihung und war beeindruckt von der Leistung der jungen Frau, die ihren Begleiter fast zehn Minuten lang gehalten hatte, während er am Rand einer tiefen Klippe baumelte.
Der Gedanke an steile Felswände und tiefe Schluchten ließ Kim frösteln. Sie bezweifelte, dass sie zur gleichen Leistung wie die junge Heldin imstande war. Trotzdem wirkte sie vor all dem Publikum nervös. Sie ließ den Kopf hängen und murmelte ihre Dankesworte, und Kim zog in gewissem Maß eine perverse Befriedigung daraus. Wir alle haben unsere ganz persönlichen Dämonen.
Sie lasen zehn Minuten Protokolle vom letzten Treffen vor, stellten ein paar Anträge, ließen sich die Berichte über die jährlichen Baumverkäufe zu Mittwinter geben. Und dann war Kim an der Reihe.
Der MC las ihre Biographie von der Visitenkarte ab, die sie ihm gegeben hatte. Daraus ging hervor, dass sie Astrophysikerin war, Fachgebiet galaktische Evolution. Während des geschäftlichen Teils des Essens hatte jemand argumentiert, dass man in großen Maßstäben denken müsse, wenn es um Neuanträge auf Mitgliedschaft ging, und der MC konnte sich den lahmen Witz nicht verkneifen, dass eine Person, die über den Bau von Galaxien nachdachte, genau das war, was sie brauchten. Kim erhob sich unter gemäßigtem Applaus.
Es waren gute Zuhörer. Sie hatte einen Vorteil bei Veranstaltungen wie diesen, denn jeder erwartete, von einem Astrophysiker vor Langeweile in den Wahnsinn getrieben zu werden. Sie hatte bereits vor langer Zeit gelernt, dass der richtige Weg, um mit einer Gruppe zurechtzukommen, darin bestand, die alte Regel zu missachten, mit einem Scherz anzufangen. Ihr Ziel bestand darin, das Publikum für sich zu gewinnen, und das gelang ihr regelmäßig damit, dass sie die Arbeit ihrer Zuhörer würdigte und zu glorifizieren, wo immer es ging. Wenn sie zu Bibliothekaren sprach, bezeichnete sie sie als Hüter der Zivilisation. Lehrer waren die erste Verteidigungsbastion. Bei Stiftungen und Gesellschaften wie dieser verfolgte sie eine ähnliche Vorgehensweise.
Sie begann damit, dass sie der jungen Bergsteigerin zu ihrer mutigen Tat gratulierte. »Die Leute heutzutage sagen immer wieder, dass es mit der Menschheit bergab geht«, sagte sie. »Aber ich weiß, solange es Leute gibt wie Amy hier, wird das nicht der Fall sein.« Die junge Frau errötete heftig. »Wenn ich sicher sein könnte, dass die Germane Society in hundert Jahren noch immer hier wäre, noch immer die Helden unter uns auszeichnen würde und noch immer Hilfe anbieten würde, wo sie benötigt wird, hätte ich keine Angst um die Zukunft unserer Republik.«
Spätestens damit hatte sie alle auf ihrer Seite.
Sie verglich ihre Ziele mit denen des Instituts und bog die Fakten ein wenig zurecht, weil das Institut keineswegs über seinen Schatten sprang, um irgendjemandem zu helfen, nicht augenblicklich jedenfalls. Doch das war nicht weiter schlimm. Auf lange Sicht profitierten alle Menschen von wissenschaftlichem Fortschritt. Und wenn es langsamer ging als früher, dann machte das auch nichts. Ihre Zuhörer dachten über die Zukunft der Nation nach. Sie waren am Leuchtfeuer-Projekt interessiert, und sie waren begierig zu beweisen, dass sie nicht zu denen gehörten, die Sterne für heilig hielten.
»Wenn unser Programm«, schloss sie, »irgendwann zu einer Antwort führt, und wenn sich irgendjemand zeigt, um nachzusehen, wie wir wirklich sind, dann würde ich versuchen, ihn mit hierher zu Ihnen zu bringen und mit Ihnen zu essen. Ich weiß, dass es der beste denkbare Anfang wäre. Ich danke Ihnen.«
Sie trat vom Rednerpult, während ihr Publikum in begeisterten Applaus ausbrach, und nahm an ihrem Tisch Platz. Insgesamt hatte sie nicht länger als dreizehn Minuten benötigt.
Solly, der draußen vor dem Eingang zum Speisesaal wartete, hatte das meiste mitbekommen. »Du besitzt nicht das geringste Schamgefühl«, sagte er, als sie wieder allein waren.
Sie grinste. »Um ehrlich zu sein – wenn ich eine Chance hätte, unsere ersten Besucher zur Germane Society zu bringen anstatt zum Konzil, würde ich nicht eine Sekunde darüber nachdenken.«
Solly hatte für den
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