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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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Wohnung. Über einem großen Schreibtisch hingen mehrere alte Waffen, dazu Bilder von uniformierten Männern und alten Flugzeugen. Cato Isaksen hielt ihn für den Prototypen des Bürgers, der seine tiefste Befriedigung darin findet, alles für Eltern und Vaterland zu tun. Einen, der den Alltag und die Konsequenz liebt.
    Über dem verschlissenen türkisen Sofa hing ein ziemlich dilettantisches Gemälde, das den letzten russischen Zaren und seine Familie darstellte. Cato Isaksen las kurz die Messingplakette, die am Rahmen befestigt war. Auf dem Couchtisch lag eine rosa Häkeldecke mit Spitzenkante. Alf Boris Moen nahm ein Buch von Virginia Woolf und ein paar Kassenzettel eines großen Kleiderladens weg, ehe er einige Brotkrümel fortwischte.
    Randi Johansen nahm die Einladung zum Kaffee an, ehe Cato Isaksen das abwehren konnte. Er hatte nur einen kurzen Besuch geplant. Moen schien der plötzliche Tod seiner Mutter natürlich noch immer zu schaffen zu machen. Cato Isaksen fiel auf, dass der Mann einen schwachen Bluterguss auf der Stirn hatte. 
    «Was haben Sie denn gemacht?» Der Fahnder nickte zu dem blauen Flecken hinüber.
    Alf Boris Moen schaute ihn für einen Moment verständnislos an, dann ging ihm auf, wovon hier die Rede war.
    «Ach», sagte er leichthin und fuhr sich mit dem Finger über die Stirn. «Das hab ich schon seit ein paar Tagen. Ich bin auf einem Waldspaziergang ganz einfach gegen einen Ast gelaufen.»
    «Sie sind also ein Freiluftmensch.»
    «Und wie. Solche Waldwanderungen sind für mich die schönste Erholung. Wenn man den ganzen Tag in einem kleinen Büro sitzt», fügte er zur Erklärung hinzu. «Und dann ist da ja die Sache mit Kathrine. Manchmal glaube ich, dass ich noch den Verstand verlieren werde. Ich war seit ihrem Verschwinden jeden zweiten Tag bei meiner Schwester. Und danach muss ich einfach loslaufen, um Ordnung in meine Gedanken zu bringen.»
    Cato Isaksen nickte und betrachtete die korpulente Figur seines Gegenübers. Vermutlich müsste er sich noch mehr Bewegung verschaffen, dachte er. Sie setzten sich auf das alte Sofa im Nierentischstil, während Alf Boris Moen in der Küche Kaffee kochte. Dann brachte er eine Schale Kekse.
    «Mutter war ganz gebrochen, nachdem Kathrine verschwunden war. Glauben Sie, dass es da einen Zusammenhang gibt?»
    «Das wissen wir noch nicht», sagte Cato Isaksen.
    «Diesen Fall hat ein anderer Polizeibezirk bearbeitet», sagte Randi Johansen und strich ihre Bluse gerade. «Aber wir werden uns das alles natürlich auch genauer ansehen, jetzt, wo das mit Ihrer Mutter passiert ist.»
    Moen verteilte Tassen auf dem Tisch.
    «Was für eine Beziehung haben Sie zu Ihrer Nichte?»
    Er hätte auch auf einen Knopfdrücken können. Alf Boris Moen schloss die Augen. Er kämpfte mit den Tränen. Cato und Randi schlugen verlegen die Augen nieder.
    «Sie könnten sie als den Mittelpunkt der Familie bezeichnen. Ich glaube, wir haben sie alle um die Wette verwöhnt, wenn ich das so sagen darf. Verzeihung», sagte er und ging wieder in die Küche. Als er zurückkam, hatte er sich ein wenig beruhigt.
    «Sie haben sich offenbar rührend um Ihre Mutter gekümmert, wie wir gehört haben», sagte Cato Isaksen vorsichtig.
    «Ja», seufzte der andere. «Ich habe Mutter bei allem geholfen. Ich habe sogar für sie geputzt und gekocht. Ja, warmes Essen bekam sie ja geliefert, von der Stadt», fügte er hinzu.
    Er ging zur Küchentür und nahm ein Foto von der Wand.
    «Das bin ich mit meiner russischen Großmutter», sagte er stolz. Das Bild zeigte eine alte Dame in einem langen Kleid, die ein weiß gekleidetes Kind auf dem Schoß hielt. Das Kind trug ein Häubchen und ein Spitzenkleid. «Das bin ich wirklich. Meine Großmutter kam 1905 nach Norwegen, als sehr junges Mädchen. Bei meiner Geburt war sie schon über siebzig», erzählte er und verschwand in der Küche.
    «Waren Sie je verheiratet?» Cato Isaksen fing Randi Johansens Blick auf, vielleicht ging er ein wenig zu rasch vor. Der Mann brachte eine rote Thermoskanne, die mit rosa Rosen bedruckt war. Er setzte sich auf die Sesselkante und hielt die Kanne noch immer in der Hand.
    «Ich war einmal verlobt», sagte er mit fester Stimme und schaute die Gäste der Reihe nach an. «Sie ist gestorben», fügte er kurz hinzu und hielt ihnen die Kanne hin.
    Randi Johansen nahm ihre Tasse und beugte sich vor.
    «Das tut mir Leid», sagte sie.
    «Es war ganz entsetzlich.» Moen stellte die Thermoskanne auf den Tisch. Dann rieb er sich

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