Spurlos in der Nacht
Reihenfolge die Betreffenden miteinander zu tun gehabt hatten.
Ellen Grue hatte ein versteinertes Gesicht. Sie wartete, bis sich alle gesetzt hatten. Roger Høibakk trödelte noch herum und alle warteten ungeduldig.
Schließlich gab Cato Isaksen ihr ein Zeichen, dass sie anfangen solle. Er merkte, wie gespannt er war. Er senkte den Kopf und faltete die Hände. Jetzt musste es doch eine Antwort geben.
Ellen Grue ordnete ihre Unterlagen und legte los. «Ich komme wohl besser direkt zur Sache. Das hier ist ein Schuss in den Ofen. Auf Stenbergs Grundstück sind keine brauchbaren Funde gemacht worden. Das Blut auf dem T-Shirt stammt von einem Tier, vermutlich von einem Huhn oder von einer Taube.»
Cato Isaksen schloss die Augen und fluchte leise. Roger Høibakk prustete los. Dann ließ er sich auf seinen Stuhl zurücksinken und sah Cato Isaksen an. Auch die anderen lachten. Randi Johansen war müde, weil ihre Mutter eine ganze Woche bei ihr zu Besuch gewesen war. Sie erhob sich und lief aus dem Zimmer.
«Dieser verdammte Bengel», murmelte Cato Isaksen enttäuscht und dachte an Alexander Stenberg und dessen Hühnermörderei. Soviel Mühe für nichts. Das würde peinlich werden. Die Zeitungen wussten, dass ein blutiges T-Shirt gefunden worden war, und hatten bereits mehrmals darüber berichtet. Ihn schauderte es beim Gedanken an die Schlagzeilen, die der nächste Tag garantiert bringen würde. Er konnte sich schon vorstellen, wie die formuliert sein würden, Spatzengehirne finden Hühnerblut oder so. Vielleicht. Er erhob sich und verließ ebenso wie Randi das Zimmer. Die anderen schauten ihm schweigend hinterher. Randi ließ sich nicht blicken. Cato Isaksen ging in den Aufenthaltsraum und schaltete die Kaffeemaschine ein. Er machte das mechanisch, hatte es schon zahllose Male getan. Er hatte noch immer eine Stinkwut. Aber das Betrachten der Kaffeemaschine beruhigte ihn. Er füllte den Behälter mit Wasser, gab Kaffee in den Filter und schob den Kolben zurecht. Gleich darauffing der Apparat an zu gurgeln.
Plötzlich stand Roger Høibakk neben ihm. «Was für ein Scheiß», sagte er. Cato Isaksen gab keine Antwort. «Ich habe eine Frau kennengelernt», sagte Roger dann und nahm sich eine Tasse aus dem Schrank.
«Wie interessant», meinte Cato Isaksen ironisch und goss den heißen Kaffee in einen großen Becher.
«Sie wohnt in Grorud», sein Kollege redete ununterbrochen weiter. «Wie steht es denn mit Ellen und mit dir?»
«Das weiß ich nicht», sagte Cato Isaksen und ging zurück ins Büro.
Später an diesem Tag, als Cato Isaksen in die Garage ging, um zu Brenda Moens Freundin Tulla Henriksen zu fahren, rief Maiken Stenberg an. Sie fragte, ob er am nächsten Tag wohl Zeit für ein Gespräch hätte.
«Worum geht es denn?», fragte er ein wenig schroff. Die Enttäuschung über die Blutanalyse lag ihm noch immer wie ein Stein im Magen.
«Ich muss morgen in die Stadt», sagte sie ein wenig kleinlaut. «Kann ich auf der Polizeistation vorbeischauen?»
Cato Isaksen lächelte. Das Polizeipräsidium in Grönland war nicht gerade eine Station. «Von mir aus gern», sagte er. «Wenn du das nicht am Telefon erledigen kannst.»
«Nein», sagte sie. «Ich will das nicht am Telefon erzählen.» Sie verstummte für einen Moment. «Vielleicht hätte ich es schon längst sagen sollen.»
«Ach was.» Jetzt war seine Neugier geweckt. «Komm doch heute Nachmittag», schlug er vor.
«Nein», sagte sie. «Ich hab zuviel auf.»
Sie verabredeten sich für den nächsten Tag und beendeten das Gespräch. Cato Isaksen hatte ihr ganz bewusst nichts über das Ergebnis der Blutanalyse erzählt.
Er stieg in den zivilen Dienstwagen und fuhr in die Waldemar-Thranes-Gate. Er wollte Tulla Henriksen einige Fragen stellen.
Auf sein Klingeln hin wurde aber nicht geöffnet. Auf der Treppe traf er eine Nachbarin, die ihm mitteilte, dass Tulla Henriksen mit ihrer Freundin weggefahren sei.
«Bestimmt machen sie wieder einen Ausflug», sagte die junge Zuwanderin und hob einen kleinen Jungen hoch, der gerade sein Spielzeug die Treppe hinunter werfen wollte. «Ich weiß nicht, was sie machen, aber sie sind fast jeden Tag unterwegs.»
Cato Isaksen dankte für diese Auskunft und fuhr zurück ins Büro.
26
«Ihr Stiefvater hat sie in der Dusche belauert. Ich hatte ihr versprochen, das nicht weiterzuerzählen.» Maiken Stenberg rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Sie musterte ihn ängstlich, während ihre Finger nervös über den
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