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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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zwischen Mitleid und Wut.
    „Aber denk’ dran, übermorgen müssen wir zum Supermarkt!“, rief ihr ihre Mutter nach. Ihr Vater sagte nichts. Fernseher und Whisky nahmen ihn voll und ganz in Anspruch.

    Eine halbe Stunde später stellte Tamara den Wagen in die Garage neben ihrem gemieteten Haus und schloss die Tür auf. Endlich wieder allein! Sie warf die Schlüssel in eine Holzschale auf der modernen Anrichte und ging in ihr Arbeitszimmer. Ja, natürlich, das Haus war zu groß für eine Person. Und es war viel zu groß für jemanden wie sie, die sowieso mehr im Büro als zu Hause lebte. Aber es gefiel ihr, sie fühlte sich wohl und die Miete war nicht viel höher als für ein kleineres Haus oder für ein modernes Apartment. Hier hatte sie Platz und Ruhe, eine große Terrasse und sogar einen Garten. Und die Nachbarn, Familien mit Kindern, waren nett. Außerdem bot ihr dieses Haus die Möglichkeit, dass jemand zu ihr zog – wenn es sich nun doch einmal ergeben sollte …
    Da ist doch genug Platz für uns drei, hatte ihre Mutter gesagt . Tamara war noch immer heilfroh, dass sie bei ihrem kategorischen Nein geblieben war.
    Sie zog sich im Schlafzimmer aus und ging ins Bad. Das warme Wasser lief über ihre Haut und entspannte sie. Doch als hätte die Erinnerung nur auf einen günstigen Moment gewartet, um aus der Tiefe heraufzusteigen, dachte sie an jenen dritten Juni vor fast zwanzig Jahren als ihre Mutter ihr in der Küche sagte: Ellen Hunt ist tot.
    Tamara fröstelte auf einmal unter der warmen Dusche und stellte das Wasser ab. Sie hatte es damals nicht glauben wollen und hatte Ellens Mutter angerufen. Sie wickelte sich in ein dickes Frottee-Tuch und verließ das Badezimmer.
    Ellen wollte Medizin studieren, aber sie, Tamara, wollte erst einmal eine Zeit lang jobben. Sie wollte so schnell wie möglich Geld verdienen und einen Mann finden, damit sie von ihren Eltern, die damals schon getrunken hatten, unabhängig würde. Oft gab es Streit, ihr Vater wurde immer wieder arbeitslos, ihre Mutter hielt die Familie dann mit Putzjobs und Nachtschichten bei der Post über Wasser. In diesen Zeiten musste Tamara den Alltag für die Familie organisieren. Sie musste die schulischen Leistungen ihrer Schwester Sally überprüfen, putzen, waschen, einkaufen und oft auch kochen.
    Tamara bückte sich und nahm aus der Umhängetasche ihre Glock. Ellen Hunt wäre jetzt so alt wie sie … Niemals wieder würde sie sich so ohnmächtig fühlen, hatte sie sich geschworen, als sie zum ersten Mal das kalte Metall einer Pistole in ihrer Hand gespürt hatte.

    14
    Es war fast Mitternacht als Shane das Polizeipräsidium verließ und ins dreihundert Meter entfernte Hotel ging. Unter der Dusche versuchte er alle Informationen zu bündeln, in der Hoffnung, auf eine Spur zu stoßen, die ihnen bisher verborgen geblieben war. Er seifte sich ein. Die lange Narbe am Oberschenkel erinnerte ihn an Jacks Tod, und jedes Mal, wenn er sie sah oder fühlte, zog sich sein Herz zusammen und eine tiefe Traurigkeit machte sich in ihm breit. Die Narbe an seiner Schulter war kein Trost, auch wenn sie ihn daran erinnerte, dass er schließlich den Täter gefunden hatte.
    Er dachte an Carol. Schon viermal hatte er in der letzten Stunde versucht, sie zu erreichen, doch sie hatte offenbar keinen Empfang. Noch immer hatten sie sich nicht entschieden, wo sie wohnen würden. Seine Apartment in Brisbane würde er nicht aufgeben. Genauso wenig wie sie ihr Haus an der Sunshine Coast. Vielleicht würden sie einfach wegfahren. Irgendwohin in die Stille und Ruhe, wo sie nur sich hatten. Er sehnte sich nach diesem Zustand – und wusste zugleich, dass er ihn vielleicht nicht erlangen würde – wenn es ihm diesmal nicht gelang, den wahren Mörder zu finden …
    Er drehte das Wasser wieder auf, ließ es über seinen Kopf laufen und schloss die Augen. Für ein paar Stunden müsste er abschalten, schlafen, auch wenn es ihm widerstrebte, sich auszuruhen, solange der Mörder da draußen herumlief, vielleicht auf der Suche nach neuen Opfern, jungen Frauen, die er bestialisch umbrachte.
    Klopfte da jemand an die Tür . Er stellte das Wasser ab. Wieder ein energisches Klopfen. Rasch schlang er sich ein Badetuch um die Hüften und öffnete.
    „Sie?“, hätte er überrascht ausrufen können, doch er sagte nichts. Diesmal wollte er ihr nicht die Chance geben, ihm eine polemische Antwort um die Ohren zu hauen. So musste sie den Anfang machen – und er konnte ihr einen harten Return

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