Spurlos
das Auto abschloss. Er nahm zwei Bier aus dem Kühlschrank, setzte sich auf die alte Couch und hörte, wie im Bad das Wasser zu laufen begann. Für einen Moment schloss er die Augen und das Rauschen des Wassers ging über in die sanfte Stimme der CD aus dem Esoterik-Laden. Hörte der Mörder auch diese CD oder benutzte er nur die Powerplatte zur Markierung seiner Opferstätten?
„Schläfst du schon?“ Costarellis raue Stimme holte ihn aus seinen Gedanken.
„Ich hab’ gerade wieder an diese Powerplatte gedacht. Dabei fällt mir immer Fraser Bowman ein.“
Costarelli ließ sich in den alten Sess el fallen und strich sein feuchtes Haar nach hinten. Ein frischer Duft nach Seife ging von ihm aus, und Shane fragte sich, ob er vielleicht gerade von einer Frau gekommen war. Hatte nicht Alex Winger behauptet, er ging öfter zu Prostituierten?
„Warum der?“ Costarelli griff an die Brusttasche seines frischen Poloshirts, fand darin jedoch keine Zigarettenpackung. Er stand auf, verschwand nochmal im Badezimmer und kam mit einer brennenden Zigarette zurück. „Es scheint mir, dass er einen Sinn für solche Dinge hat.“ Shane dachte an Bowmans sanfte Stimme, seinen Sinn für Ruhe und die Schönheit der Natur.
Shane stellte die Bierflasche ab „Fraser Bowman war zur Tatzeit in Darwin. Moa Salander, die ihm ein Alibi geben könnte, ist noch nicht gefunden. Bowman hat medizinische Kenntnisse, hat Valerie Tate schon mal ein blaues Auge verpasst, er war eifersüchtig auf ihren Geliebten … Er ist an Dingen wie Höhlenmalerei und mystischen Sternenkarten interessiert, und er hat Kontakte zu Aborigines.“ Fraser Bowman kam in mancher Hinsicht als Täter infrage.
Costarelli schloss die Augen, nahm einen tiefen Lungenzug und ließ die Luft langsam aus den Nasenlöchern quellen, bis er zu husten begann. Es war ein lauter, trockener Husten. Dann er lehnte sich wieder zurück und streckte die Beine aus.
„Fraser Bowman, also …“ Costarelli runzelte die Stirn.
„Ist ziemlich verschlossen, wegen einem Geheimnis oder ... wegen einem Schicksalsschlag.“
„Tja, auch den bewahren manche wie ein Geheimnis auf“. Costarelli sah gedankenverloren den Rauchringen nach. Shane fragte nicht nach. Er würde sowieso keine richtige Antwort bekommen. Also fuhr er fort:
„Dann hätten wir Matthew Griffith. Könnte er seine Geliebte getötet haben, weil sie ihn – sagen wir mal – erpresst hat? Er hängt am Geld. Und so wie ich Paul van Oosterzee einschätze ...“, Shane erinnerte sich an das Bild in Griffith Büro, auf dem van Oosterzee nicht gerade nachsichtig, gütig oder großzügig wirkte. „So wie ich den Alten einschätze, legt er größten Wert auf Loyalität und hat ganz bestimmt kein Erbarmen mit Männern, die seine Tochter – und damit auch ihn – betrügen.“
Costarelli nickte, sagte aber nichts.
„Und Eddie Colak hat offensichtlich die Gunst der Stunde genutzt, um sich mit diesem Drohbrief an Alex Winger für seine Zeit im Gefängnis zu rächen. Den Auftrag, Laura Bevan einzuschüchtern, hat er einfach so angenommen.“
Costarelli betrachtete schweigend das glühende Ende seiner Zigarette. Draußen fuhr ein Truck vorbei und ließ die Fensterscheiben leise vibrieren.
„ Warum ist es nur so schwer, in diesem Fall voranzukommen?“, sagte Shane. „Seit Tagen stochern wir mal hier, mal dort herum, und nichts kommt dabei raus.“
„Soll ich dir mal was vorlesen ? Von meinem Roman?“, sagte Costarelli auf einmal.
„Du schreibst einen Roman?“
„He, hab’ ich dir das nicht gesagt?“
Costarelli holte zwei weitere Bier aus dem Kühlschrank, schraubte die Kronkorken auf und warf sie ins Spülbecken.
„Es geht um einen Cop.“
„Tatsächlich?“.
„Man soll über das schreiben, was man versteht, heißt es.“
„Ja, dann …“
Costarelli verschwand im Schlafzimmer . Shane hörte ihn eine Schublade aufziehen, wahrscheinlich die des Nachttischs. Kurz darauf kam Costarelli mit ein paar Bogen Papier zurück und ließ sich wieder in den Sessel fallen.
„Willst du`s wirklich hören?“ Er fischte eine Zigarette aus der Schachtel und ließ das Feuerzeug aufschnappen.
„Klar.“
Costarelli nahm einen tiefen Zug und musterte Shane mit zusammengekniffenen Augen.
„ Jim Banks heißt der Cop. “
Shane nickte. Costarelli räusperte sich und fing dann an:
„ Hier ist es immer schwül. Die Klamotten kleben dir auf der Haut. Deine Füße kochen im eigenen Saft. Du kannst in der Hitze nicht denken. Du
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