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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Toten nicht mehr, das entriss er ihnen. Er tat es für die Lebenden, für die Angehörigen – und für die anderen, die noch am Leben waren. Er musste sie vor dem gleichen Schicksal bewahren. Darin lag seine Aufgabe – seine Verantwortung. Bis Montag noch.
    Eine Weile blieb er noch im Auto sitzen. Valerie Tate hätte ein ganz anderes Leben führen sollen, dachte er, sie hätte nicht hier, in dieser trostlosen, dunklen Straße wohnen sollen, nicht in diesem weißen Apartment, nicht allein ...

10
    Tamara sah auf die Uhr. Punkt elf.
    Kein Wunder, dass sie sich erschöpft fühlte. Ihre Augen brannten vom angestrengten Lesen im hellen Licht der Schreibtischlampe. Noch höchstens eine Stunde, sagte sie sich und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Steve Whitlam, der ehemalige Freund von Patty hatte vor einer halben Stunde endlich zurück gerufen, und sie hatte ihn zu einem Treffen am nächsten Morgen in der Stadt überreden können.
    Sie erschrak, als es an der Tür klopfte. Al Marlowe sah herein, blieb aber draußen stehen, den Türknauf in der Hand.
    „Hi Tamara? Noch am Arbeiten?“ Al sah überraschend gut aus. Er trug andere Kleidung und das grobe Gesicht des ehemaligen Boxers wirkte sogar um diese Uhrzeit entspannt. Er hatte eine Geliebte, hieß es. Nun, sie schien ihm gutzutun.
    Sie winkte ab.
    „Es ist nicht leicht in einem Jahre zurückliegenden Fall nach Spuren zu suchen, Al.“
    „Ich weiß“, er nickte. „Neuigkeiten von Shane?“
    „Nein.“
    Er ließ den Türknauf los. „ Sag’ mal, hättest du nicht ein bisschen mehr unternehmen können, um Shane umzustimmen?“
    „Was soll das heißen, Al?“ Al hatte es schon immer verstanden, sie mit wenigen Bemerkungen zu reizen. „Hätte ich ihn Carol ausspannen sollen, oder was meinst du?“
    Er hob die dichten Augenbrauen.Shane hatte Al mit seinem Gesuch überrascht. Al selbst kündigte schon seit Jahren seinen Ruhestand an, doch er war noch immer auf seinem Posten. Er konnte nicht loslassen – Shane schon.
    „Also ...“, er lockerte seine Krawatte. “Du hast noch das Wochenende, dann sollen die in Darwin den Fall allein übernehmen.“
    Sie hatte nicht erwartet, dass er ihr auch nur einen Tag länger zugestand, dennoch versuchte sie , etwas mehr herauszuholen.
    „Al, das sind gerade mal noch zwei Tage.“
    „Zwei Tage und drei Nächte, Tamara.“ Er grinste schief. „Wir haben keinen Beweis in der Hand, dass es damals nicht McNulty war.“
    „ Aber er ist tot“, wandte sie ein, „und in Darwin war dasselbe Zeichen …“
    „Das verdammte Zeichen “, fiel er ihr ins Wort. „Das kann sich jeder abgeguckt haben!“
    „Aber Al, versteh’ doch, Shane will sich nicht vorwerfen müssen, damals den Falschen …“
    Er machte eine ungeduldige Handbewegung. „Tamara! McNulty hat gestanden! Er war am Tatort! Er hat die Kleider des Opfers und die Tatwaffe im Auto gehabt! McNulty war’s!“ Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, auf welchem Trip Shane gerade ist. Warum überlässt er den Kollegen in Darwin nicht ihre Morde?“
    Weil er jeden Zweifel ausschließen will, weil er mit dem leisesten Zweifel nicht in Ruhe aufhören kann, wollte Tamara antworten, doch da klingelte ihr Handy. Al drehte sich um.
    „Hi. Hier ist Todd. Todd Hoffman.“
    Mit seinem Anruf hatte sie am wenigsten gerechnet. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollte. Al ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    „ Es tut mir leid, dass ich gestern so knapp am Telefon war.“
    Sie erwiderte nichts. Was sollte sie davon halten? Woher dieser Stimmungswandel?
    „ He, Sie sagen nichts. Sind Sie noch verärgert?“, fragte er.
    „ Nein, nein, es ist spät …“, begann sie. Sie merkte, dass sie an ihren Locken zupfte, dabei konnte er sie doch gar nicht sehen.
    „ Halb elf - “
    Sie sah auf die Uhr. „Kurz nach elf.“
    „ Ah, ja. Und … und … Sie arbeiten noch? Was für einen Artikel schreiben Sie gerade?“ Wieso war er plötzlich so gesprächig? Sie ärgerte sich, dass sie weiterhin die Rolle der Journalistin spielen musste. Aber jetzt, am Telefon konnte sie ihm unmöglich die Wahrheit sagen.
    „Ü ber Wünschelruten. Sie haben mich da auf eine Idee gebracht.“ Keine schlechte Lüge.
    „ Ach ja?“
    Sie wartete. Soll er sich mal anstrengen, dachte sie. Sie hörte Räuspern, aber es folgte keine Antwort.
    „Vielleicht könnten Sie mir ja etwas darüber erzählen?“ Tamara, w as tust du da gerade?
    „ Meinen Sie nicht, dass Sie bessere

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