ST - Die Welten von DS9 1: Cardassia - Die Lotusblume
richtigen Schritt macht
.
Tela ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Stellte sie sich vor, es wäre ihr eigenes Büro, und sie selbst säße hinter diesem Tisch? Keiko wusste, dass sie sich für die Leitung des Projektes Andak beworben hatte. Die I.L.H.K. hatte auch lange darüber diskutiert, den Posten einer Cardassianerin zu geben. Falls Tela sich jedoch ärgerte, dass er an Keiko gegangen war – und diese auch noch Feric statt ihrer zu ihrem Stellvertreter gemacht hatte –, zeigte sie es nicht. Bislang hielt sie professionelle Distanz. Dennoch machte sie stets den Eindruck, sei es nun absichtlich oder nicht, als säße sie auf der falschen Seite des Tisches und sei um etwas gebracht worden, das rechtmäßig ihr gehörte.
Um dieses Büro
. Mein
Büro
.
Nach einem kurzen Moment beugte sich Tela in ihrem Sitz vor, streckte eine lange, dünne Hand aus und tippte vorsichtig gegen die Schulglocke, die auf einer Seite des Schreibtisches stand. Sie läutete dumpf.
»Was ist das?«, fragte Tela. Sie klang ehrlich neugierig.
Wir sind beide Wissenschaftlerinnen
, wiederholte Keiko amüsiert.
»Meine Schulglocke«, antwortete sie und lachte leise. »Ein Überbleibsel aus meinem früheren Beruf.«
Tela sah auf und hob überrascht eine Augenwulst. »Sie haben unterrichtet?«
»Eine Weile lang. Auf Deep Space 9, als Miles dort stationiert war. Die Kinder hatten keine Beschäftigung und gerieten dauernd in Schwierigkeiten … Und auf einer Raumstation gab es kaum Bedarf für eine Botanikerin. So kam eines zum anderen.«
Wenn auch nicht immer ganz reibungslos
.
Telas Augen wurden groß, als sei ihr plötzlich etwas klar geworden. »Mir scheint, ich verstehe jetzt, warum Sie wollen, dass wir all diese Vorträge halten …«
»Auf der Station waren wir der Ansicht, dass ein schulischer Kontext die Annäherung unterschiedlicher und sogar grundverschiedener Kulturen fördert«, erklärte Keiko und beschloss, die Reibereien aus strategischen Gründen zu übergehen. »Genau deswegen möchte ich, dass wir hier in Andak allesamt an der Bildung unserer Kinder mitarbeiten. Natürlich, ohne dadurch unsere eigentliche Arbeit zu vernachlässigen. Wir haben wirklich brillante, hochtalentierte Leute, und ich halte es für eine große Chance, unsere Kinder an ihren Ideen teilhaben und von ihnen lernen zu lassen.«
Tela hatte ausdruckslos zugehört. Nun wanderte ihr Blick wieder zur Glocke. »Darf ich?«, fragte sie.
»Nur zu«, antwortete Keiko.
Was sind wir wieder höflich …
Vorsichtig hob Tela die Glocke hoch.
»Die ist stabil«, versicherte Keiko ihr. »Die ist schließlich dafür da, spielende Kinder zu übertönen.«
Die Glocke gab einen leisen Ton ab, und Tela griff schnell nach dem Klöppel. Sie drehte die Glocke auf den Kopf, studierte ihren Innenraum und ließ den Klöppel erneut gegen die Wand schlagen, worauf sich der Ton wiederholte. »Und
die
haben Sie auf der Station verwendet?«
»Oh, nein, nicht dieses Modell. Das hätte sämtliche Promenaden-Passanten taub werden lassen. Und damit hätte ich mir allmorgendlich keine Freunde gemacht.« Keiko lächelte und hoffte, es wirkte freundlich. »Nein, diese hier hat Miles mir geschenkt, als ich anfing – als kleiner Scherz. Ich war damals ziemlich nervös, wissen Sie?«
»Nervös?« Tela sah auf und betrachtete Keiko mit kritischem Blick.
Das war eine Information zu viel
, tadelte sich Keiko.
Eine von uns
muss
zwar mal den ersten Schritt machen, aber wenn’s nach mir geht, darf das gern Tela sein
.
»Das Projekt war ein ziemliches Risiko«, sagte Keiko fest. »Wir wussten nicht, ob die bajoranischen Eltern eine Schule akzeptieren würden, in deren Lehrplan ihre Religion nicht vorkam.«
»Und?«
»Mit der Zeit und mit einiger Mühe akzeptierten sie sie.«
Keiko warf einen verstohlenen Blick zur Uhr. Bis zu Yevirs Ankunft blieben noch mehrere Stunden, doch der Rest des Camps wartete auf ihre Inspektion. Sie Feric aufzubürden war nicht fair. Das war
ihre
Aufgabe. Warum musste Tela auch gerade diesen Morgen wählen, um Small Talk zu betreiben?
Tela stellte die Glocke zurück, strich sich abermals eine Falte glatt, die Keiko nicht sah, und verschränkte schließlich die Hände. Als sie den Blick wieder hob, wirkte sie zutiefst gefasst. Keiko betrachtete sie: die einfache und doch genau passende Kleidung, die zu einer scheinbar mühelosen, perfekten Frisur aufgesteckten langen schwarzen Haare. Als sie jedoch genauer hinsah, bemerkte Keiko ein paar graue
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