ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
Wind wiegte. Kleine Vielbeiner sonnten sich auf den Felsen, unsichtbare Vögel krächzten in der Ferne – es gab also auch Fauna. Dennoch ahnte Prynn, wer in dieser Gegend die Vorherrschaft hatte: Sonne, Land und Wasser.
Der halbmondförmige Strand aus weißen Kieseln und Sand war von Klippen aus rotem Sandstein, Kalkstein, kristallin-glasigem Gips und grauem Ton umgeben. Die hohen Klippen machten es unmöglich, die Landschaft jenseits des Strandes zu betrachten. Prynn hatte Thias Akten studiert und wusste, dass dieser Teil des Reservats hauptsächlich Wüste war: staubige Ebenen, vom Wasser geschaffene Gipfel und Schluchten – manche zwischen fünfzehnhundert und zweitausend Meter tief – und Gesteinsformationen, die auf uralte Vulkanaktivitäten zurückgingen. Es überraschte sie nicht, dass die Andorianer hier nicht leben wollten: Die Elemente und tektonischen Plattenverschiebungen hatten diese Wildnis schon zerknetet, verwüstet, zerstört und neu gestaltet, als Andor noch kein hochentwickeltes Leben barg.
Jenseits des Landeplatzes befand sich der Wasserfall, von dem aus ihre Reise ins Innere des Kontinents beginnen würde.
Prynn band die Rucksäcke zu, hängte sich zwei an jeden Arm und stapfte durch den Sand zu ihren Gefährten, die im mageren Schatten eines blattlosen Baumes Schutz gesucht hatten. Thias Padd ruhte auf einem flachen Stein und zeigte das Gebiet an, das sie beschrieb. Prynn gesellte sich zu Shar, doch sein Blick blieb auf Thia gerichtet.
Prynn versuchte, es nicht persönlich zu nehmen, schließlich stand einiges auf dem Spiel. Doch er hatte ihr schon den ganzen Tag kaum Beachtung geschenkt, seine einzigen Reaktionen waren einsilbige Antworten und ein gelegentliches Nicken.
Das typisch männliche »Der Morgen danach«-Verhalten
, dachte sie. Nur, dass Shar eigentlich nicht männlich war und es keine Nacht gegeben hatte, auf die ein solcher Morgen folgen konnte. Zumindest nicht in ihrer Erinnerung. Prynn wusste nicht mehr viel von ihrem gemeinsamen Erlebnis, aber das, woran sie sich erinnerte, gefiel ihr. Vielleicht war das Teil von Shars Problem. Vielleicht wusste er mehr als sie und war deshalb so angespannt ihr gegenüber. Doch wie sollte sie ihn verstehen können, wenn er sich nicht dazu herabließ, mit ihr zu reden? Prynn schwor sich, sowie alle drohenden Tragödien abgewendet waren, würde sie ihre beziehungs- und männerfeindliche Einstellung wieder aufnehmen. Vorher brauchte Shar sie. Doch waren Vretha erst in Sicherheit, Thriss beerdigt und Thias Bündnispartner in Gewahrsam, würde Prynn ihn zwingen, mit ihr zu sprechen. Bis dahin würde sie sein Schweigen schlicht hinnehmen müssen.
»Wir ziehen durch diese Gebirgsformation dort«, sagte Thia und deutete auf eine flache rote Felsgegend, »auf einem Weg, der parallel zum Wasserfall verläuft. Auf halber Strecke erreichen wir eine Höhle, die vom Wasser verborgen wird. Wir betreten sie und folgen einem Bach bis zu dessen Quelle in einer engen Schlucht. Diese führt uns in die Große Schwemme. Bis dahin sollte es dunkel geworden sein, dann können wir uns freier bewegen. Die Öffnung der Lavahöhle, in die sie Vretha meiner Vermutung nach gebracht haben, befindet sich einige Kilometer jenseits der Tempelkuppe in der Korallenschlucht.«
»Warum heißt sie Große Schwemme?«, fragte Phillipa. Sie nahm sich das Padd vom Stein und betrachtete es genauer.
»Vor langer Zeit war diese Gegend der Grund eines Sees. Heute ist sie bloß ein großes, relativ flaches Becken, von dem Dutzende kleiner Schluchten abgehen. Wann immer hier sintflutartiger Regen einsetzt, wird das Becken noch heute geflutet. Weitere Fragen?«
Prynn nahm das Padd von Phillipa und studierte die Strecke. Selbst wenn sie sich beeilten, würde es sie die ganze Nacht kosten, bis zur Lavahöhle zu gelangen. »Wir sollten besser aufhören zu reden und anfangen zu gehen.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Thia. »Sind wir so weit?«
Prynn schnaubte. »Na klar.« Sie reichte jedem einen Rucksack. Shar trug den Großteil der Kletterausrüstung, Phillipa kümmerte sich um das Medikit und das Werkzeug. Den Rest teilten sich Prynn und Thia. Letztere betrachtete Prynn kritisch, als diese sich den Rucksack auf den Rücken hiefte und die Schnallen befestigte.
»Sobald wir die Höhle hinter uns und die Schlucht erreicht haben, kenne ich einen Platz zum Ausruhen. Davon abgesehen, kann ich auch gern einen Teil deines Gepäcks übernehmen. Ich versichere dir, es macht mir
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