ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
drei Kinder gezeugt hatte. Die Verpflichtung der Gemeinschaft gegenüber war erfüllt.
Doch Thia liebte ihren
th’se
seit Kindertagen, wie Shar Thriss geliebt hatte. Sie träumte davon, noch viele Zyklen mit ihm zusammenzubleiben. Und es wäre sogar möglich, da Charivretha als eine ihrer letzten politischen Handlungen für die Begnadigung ihrer Entführer eingetreten war.
Thias
th’se
hatte sich auch tatsächlich mit Thia getroffen – allerdings nur, um sie zum Verlassen des Bündnisses aufzufordern. Aufgrund ihrer Entscheidungen, so hatte er gesagt, sei sie nicht länger vertrauenswürdig. Die übrigen drei Partner würden noch eine Einheit bleiben, bis die Kinder erzogen waren, und dann ebenfalls getrennte Wege gehen. Und das Ganzheitsgesetz, auf das sich Shar bereits bei seiner Trennung von Dizhei und Anichent berufen hatte, half auch dem
th’se
. Thia war am Boden zerstört.
Bevor sie Shar suchen ging, hatte Prynn bereits eine Trauerrobe für die
zhen
besorgt und im Schlafraum eine Ecke gefunden, in der sie Thia ungestört auf die Entsendung vorbereiten konnte. Zu ihrem Glück war auch Phillipa dort aufgetaucht. Seitdem konnte sie sich nach Shar umsehen, ohne sich wegen Thia sorgen zu müssen.
Als sie die Räume durchstreifte, bemerkte Prynn, dass immer mehr Leute weiße Trauerkleidung anhatten. Der Moment der Versammlung schien nicht mehr fern.
Plötzlich ahnte sie, wo Shar stecken mochte. Ohne sich um etwaige tadelnde Blicke oder Beschwerden der anderen Klansitzbewohner zu scheren, rannte sie los.
Sie fand ihn, wo sie ihn vermutet hatte. Zuerst hielt sie ihn für einen anderen
chan
, doch als er das bronzene Kopfteil mit der Zeremonienmaske auszog, bestand kein Zweifel mehr. In seiner traditionellen Kleidung der
chan
ähnelte er kaum noch dem schlanken, drahtigen Sternenflottenwissenschaftsoffizier, den sie kannte. Das hier war ein Krieger, die Arme in Leder und Metall gewandet. Sein Haar fiel ihm frei über die Schultern. Prynn hatte es noch nie offen gesehen.
Die Kammer war dunkel. Einzig Thriss’ Sarg, neben dem Shar stand, verströmte weißes Licht. Prynn trat zu ihm, und die schwere Tür schloss sich hinter ihr.
»Ich hätte dich fast nicht erkannt«, sagte sie. Sie berührte seinen Brustpanzer mit den Fingerspitzen, strich über das in das Leder eingravierte Symbol der
chan
, spürte die Kraft der Linien und Formen. »Ich dachte mir schon, dass ich dich hier finden würde.«
»Ich hatte noch eine Sache zu erledigen.« Er öffnete die Hand. Prynn sah, dass er drei Haarsträhnen hielt. Das Symbol des Bundes. Er hielt sie, als wisse er nichts damit anzufangen. Und warum sollte er? Sie repräsentierten ein gebrochenes Versprechen.
Prynn sah ihn an und fand in jeder Kurve und jedem Winkel seines wunderschönen Gesichts die Trauer gespiegelt. »Kann ich helfen?«, fragte sie leise.
Er nickte sichtlich erleichtert und atmete aus. Eine Last schien von ihm abzufallen.
Prynn fand eine Taste an der Seite des Sarges und berührte sie. Sofort glitt der Sargdeckel zur Seite. Prynn wich zurück – dies war ein privater, heiliger Moment, und sie wollte kein Eindringling sein –, doch Shar ergriff ihre Hand.
»Bleib.«
Prynn war, als schnüre ihr etwas die Kehle zu. Sie konnte kaum noch atmen. Sie drückte seine Hand, schob ihre Finger zwischen die seinen.
Shar streckte die andere vor, die mit den Flechten. Sie zitterte, als er sein Opfer darbrachte, dann ließ er sie an seine Seite sinken. Schweigend stand er da, und Prynn neben ihm. Regungslos.
Die Glocken der Feste erklangen: fünf sonore Schläge, die die Trauernden zum Tor riefen, wo man sich versammeln würde.
Prynn hörte die Tür aufgehen, drehte sich um und sah Anichent. Er trug das Kettenhemd der
thaan
. Dizhei neben ihm hatte das Gesicht in den Farben der
shen
bemalt, Thantis war in das weiße
Ceara
der
zhen
gewandet. Als Dizhei Shar sah, atmete sie erschrocken ein und hob die Hände zum Mund. Anichent aber trat seinem
ch’te
mit offenen Armen entgegen.
Prynn ließ Shars Hand los und wich zurück in die Schatten. Sie sah zu, wie sich Anichent und er umarmten und Dizhei schließlich dazustieß. Die Partner fassten sich an den Händen. Tränen auf den Wangen, sangen sie geflüsterte Worte in Alt-Andorii.
Prynn, die sie nicht verstand, schlich sich aus einer Nebentür.
»Wo warst du?«, zischte Phillipa und zog Prynn aus der Menge der Trauernden, die um die landwirtschaftlichen Gebäude versammelt war. Sie hatte drinnen so lange auf
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