St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
Zeichnungen Jeremies unterschied. »Es sieht so geschwollen aus«, bemerkte sie. »Tut Euch das nicht weh?«
»Nur wenn es nicht behandelt wird«, entgegnete er mit einem schiefen Grinsen. Als Anatole auf sie zu schritt, verstärkte das Feuer in seinen Augen das Flattern in ihrem Bauch.
»Jetzt bist du an der Reihe«, forderte er sie heiser auf. »Oh, nein ...« Madeline wich vor ihm zurück und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. »Bitte, ich ... ich kann das nicht.«
St. Leger stellte sich so vor sie, dass sie nicht an ihm vorbei konnte. »Wenn wir heute Nacht zu etwas gelangen wollen, müsst Ihr das aber, meine Liebe.«
Auch wenn er immer noch knurrig klang, hatte er doch zum ersten Mal einen Kosenamen gebraucht, und das löste wohlige Wärme in ihr aus.
Madeline senkte die Arme. »Dann müsst Ihr aber die Kerze löschen.«
»Ich will Euch doch sehen!«
»Nein, das wollt Ihr nicht«, erwiderte sie unglücklich, weil ihr noch zu gut im Gedächtnis war, wie herablassend er sich noch vor kurzem über ihre Formen geäußert hatte. »Ihr wärt nur enttäuscht. Schließlich habt Ihr ja selbst gesagt, dass es mir an den richtigen Rundungen mangele.«
»Da war ich ja auch noch ein kurzsichtiger Idiot. Als ich Euch aber aus dem verdammten Korsett geschält habe, musste ich feststellen, wie sehr ich mit meiner ursprünglichen Meinung falsch gelegen hatte.«
»Wann habt Ihr mich denn aus dem, dem -« Madeline unterbrach sich. Aus ihrem Verdacht vom Morgen war fürchterliche Gewissheit geworden. »Ihr wart letzte Nacht in meinem Zimmer!«
Im ersten Moment glaubte sie, der Burgherr würde das abstreiten, aber er zuckte nur die Achseln. »Ich sah, wie schlecht Ihr mit diesem verwünschten Ding am Leib schlieft, und da wollte ich Euch Linderung verschaffen.«
»Wie seid Ihr denn überhaupt in meine Kammer gelangt?«
»Zwischen unseren beiden Räumen befindet sich eine Tür.«
»Das weiß ich, aber ich hatte sie an meiner Seite abgesperrt und verriegelt. Seid Ihr vielleicht so etwas wie ein Phantom, das durch Türen oder Mauern gehen kann?«, fragte die junge Frau halb im Scherz. Anatole lachte nicht.
Ein ungutes Gefühl kroch Madelines Rückgrat entlang. »Wie konntet Ihr mich entkleiden, ohne mich gleichzeitig zu wecken? Und warum habt Ihr es eigentlich unterlassen, mich zu wecken? Was hattet Ihr überhaupt in meinem Raum zu suchen?«
»Genug!«, befahl St. Leger. »Mit Euren vielen Fragen treibt Ihr mich noch in den Wahnsinn. Eines solltet Ihr bei der liebe zwischen Mann und Frau unbedingt beherzigen: Sie ist am schönsten, wenn sie wortlos genossen wird.«
»Aber-«
»Schweigen.« Er hinderte sie mit einem Kuss am Weiterreden. Nicht zu rau und nicht zu wild, gerade so viel, dass ihre Lippen verschlossen wurden.
Und wie durch ein Wunder erlosch die Kerze in diesem Augenblick, und Anatole traf auch keine Anstalten, sie wieder anzuzünden.
Madeline versuchte, sich zu entspannen, und sagte sich, dass sie dem Vorfall in der letzten Nacht zu viel Bedeutung zumaß. St. Leger war nur nachsehen gekommen, ob ihr nichts fehlte, und hatte für ihre Bequemlichkeit gesorgt. Sehr nett und sehr rücksichtsvoll von ihm. Warum bekam sie dennoch eine Gänsehaut, wenn sie sich vorstellte, wie er über ihrem Bett gebeugt dastand und sie im Schlaf beobachtete? Verschwieg Anatole ihr am Ende etwas?
Während er mit den Bändern ihres Kleids beschäftigt war, wünschte Madeline sich plötzlich wieder Licht. In der Dunkelheit kam Anatole ihr noch fremder vor, so als sei er tatsächlich ein Phantom. Und außerdem schienen die Knoten unter seinen Fingern viel zu leicht aufzugehen. Ein Kleidungsstück nach dem anderen sank zu Boden, bis die Braut nur noch im dünnen Hemdchen dastand. Sie bekam es wieder mit der Angst zu tun. Für ihren Geschmack ging alles etwas zu rasch vor sich.
Madeline zwang sich tapfer, zu schweigen. Doch irgendwann konnte sie es einfach nicht mehr aushalten. »Anatole, ich muss wissen, was vor sich geht. Du musst es mir sagen.«
Doch was wollte sie von ihm hören? Wie es in der Hochzeitsnacht zuging, oder was er letzte Nacht in ihrer Kammer verloren hatte?
Er legte eine ihrer Schultern frei, und sie spürte die Hitze seines Mundes auf ihrer Haut.
»Manche Dinge kann man einfach nicht erklären, Madeline, man muss sie erleben. Wie mit einem Ross über ein Tor mit fünf Stangen zu springen.«
»Ich war nie eine gute Reiterin«, entgegnete sie mit einem leisen Kichern.
Anatole entfernte auch das
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