St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
und der andere habe in Zinnminen investiert. Und mehr hatte sie nicht zu hören bekommen.
Vertraut mir, hatte er von ihr verlangt. Das versuchte sie ja, aber alles wäre ihr etwas leichter gefallen, wenn er sich nicht so distanziert verhielte. Und wie die tückischsten Feinde meldeten sich ihre Zweifel in der Nacht am deutlichsten zu Wort, wenn sie allein in ihrem Bett lag.
Von einem zärtlichen Liebhaber konnte sie dann nur träumen; wie er süße Worte in ihr Ohr flüsterte, wie er mit seinen Küssen standig neue Leidenschaften in ihr weckte.
Nach der Hochzeitsnacht war sie ganz froh darüber gewesen, von ihm in Ruhe gelassen zu werden, aber mittlerweile ...
Hatte ihr Gemahl überhaupt vor, noch einmal ihr Schlafgemach aufzusuchen? Natürlich, denn er wollte doch Erben haben, und sie Kinder.
Oder gab es an der Vereinigung von Eheleuten noch einige Dinge, die sie erst lernen musste? Vielleicht war die männliche Anatomie ja so beschaffen, dass gewisse Abstände herrschen mussten. In der Hochzeitsnacht war ihr aufgefallen, dass der Akt dem männlichen Körper viel mehr abverlangte als dem weiblichen. Vielleicht brauchte er eine Ruhephase und konnte nur alle vierzehn Tage. Oder gar nur einmal im Monat.
Ihr blieb nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ihn fragen.
Aber ihr zog sich bei der Vorstellung das Herz zusammen, als sie ihn jetzt unter der Lampe über dem Eingang stehen sah. Von dem kleinen, verlorenen Jungen hatte er jetzt so gar nichts mehr an sich, im Gegenteil, er sah aus wie der Herr dieses Anwesens. Der beste Rock mit Goldbesatz und Satinhosen, die wie eine zweite Haut an seinen muskulösen Schenkeln saßen.
Sie hob die Röcke und eilte ihrem Kriegerprinz entgegen.
Ranger war bereits im Haus verschwunden. Als Madeline vor ihm stand, nahm sie allen Mut zusammen.
»Anatole, darf ich Euch etwas fragen?«
Sofort trat die alte Vorsicht wieder in seinen Blick. »Ihr stellt eindeutig zu viele Fragen, Madam. Worum geht es diesmal?«
»Ich habe mich nur gefragt, nun ... warum ...«
Warum Ihr nachts nicht mehr zu mir kommt?
Die heikle Frage wollte ihr nicht über die Lippen kommen.
Und als sie in seine samtschwarzen Augen blickte, verließ sie der Rest ihres Mutes. »Ich habe mich nur gefragt, ob Eure Familie mich akzeptieren wird.«
Das verblüffte ihn sichtlich. »Aber natürlich. Warum denn nicht?«
Das beruhigte sie sehr, doch dann fügte er hinzu: »Schließlich hat der Brautsucher Euch für mich gefunden.«
»Ach so, ja, das hatte ich für einen Moment vergessen.« Madeline senkte enttäuscht den Blick. Dabei hatte sie so sehr gehofft, die Familie würde sie um ihrer selbst willen... was für ein närrischer Wunsch!
»Dann glauben die St. Legers also alle an die segensreiche Tätigkeit des Brautsuchers?«
»Äh ... die meisten von ihnen.«
»Und haben Eure Onkel und Vettern auch ihrer Gemahlin ihr Schwert überreicht?«
»Nein, als Herr von Castle Leger oblag mir als Einzigem diese Pflicht.«
Pflicht? Das hörte sich entschieden anders an als Wunsch oder—
Madeline riss sich zusammen. Welcher Mann, der noch bei Trost war, übergab seiner Frau schon ein Schwert? »Können wir jetzt hineingehen, Madam?« Er wartete ihre Antwort gar nicht erst ab und führte sie hinein. Doch unvermittelt verstärkte sich sein Griff so sehr, dass es ihr Schmerzen bereitete.
Sie wollte protestieren, bemerkte dann aber den ungewöhnlichsten Gesichtsausdruck, den sie je bei ihm wahrgenommen hatte. Anatole schien von Kopf bis Fuß erstarrt zu sein und hatte die Augenbrauen zusammengezogen. »Mylord? Was ist mit Euch?«
»Sie kommen«, antwortete er heiser. Madeline drehte sich um und hielt nach den St. Legers Ausschau und lauschte angestrengt - vernahm aber nichts, weder das Rumpeln von Wagenrädern noch das Klappern von Pferdehufen. Aber Anatole irrte sich sicher nicht. Schon einige Male hatte sie feststellen müssen, dass er über ein ausgezeichnetes Gehör verfügte.
Die junge Frau atmete tief durch und nahm sich fest vor, heute Abend die perfekte Gastgeberin zu sein. Charmant und vor allem ruhig. Wenn ihr Gatte bloß nicht wie ein Ritter dagestanden hätte, der sich einer Schlacht stellt.
Madeline hatte eigentlich beabsichtigt, sich im Salon aufzubauen und die Gäste in der Reihenfolge ihres Eintreffens zu begrüßen. Aber sie hätte sich gleich sagen können, dass die St. Legers ihren Plan über den Haufen werfen würden.
Sie eilte nach oben, um ihre vom Wind zerzauste Frisur zu richten und sich
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