St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
er glaubte, diesen Abend überstehen zu können. Nun war er sich auch sicher, dass die anderen seinen Wunsch respektieren würden. Madelines Nervosität hatte sich bald gelegt, und sie konnte richtig fröhlich lächeln, als etwas später auch Septimus Fitzleger zu der Runde stieß.
Die St. Legers hießen ihn auf das Herzlichste willkommen, und der Brautsucher grüßte ebenso herzlich zurück. Doch schien der alte Mann völlig außer Atem zu sein, und er wandte sich an Madeline, um sich für seine Verspätung zu entschuldigen.
»Meine Enkelin Elfreda ist viel früher gekommen als erwartet. Mrs. Beamus und ich hatten alle Hände voll zu tun, sie bei uns unterzubringen. Mein Gott, wie lange ist es her, seit wir etwas Kleines im Pfarrhaus hatten?«
»Das muss doch eine große Freude für Euch sein, Mr. Fitzleger«, sagte Madeline. »Wird das Kind denn lange bleiben?«
»Ich glaube, ja. Die schlechte Luft in London bekommt Mutter und Kind anscheinend nicht. Und meine jüngste Tochter, Corinne, kann Elfreda nicht nehmen, weil sie selbst bald niederkommt.«
»Na, hoffentlich wird's ein Junge«, dröhnte der Captain. »Das wäre wirklich gut, weil wir doch für unsere nächste Generation einen Brautsucher benötigen.«
»Ich bin davon überzeugt, dass meine Corinne ihr Bestes geben wird, Sir.«
»Na, Ihr solltet wohl mehr Euren Söhnen und Schwiegersöhnen Beine machen, damit sie sich mehr Mühe geben!«, lachte Hadrian.
Anatole fragte sich, warum der Reverend darauf keine passende Antwort bereithatte, aber dem kleinen Mann stand die Sorge ins Gesicht geschrieben, und der Burgherr kannte diese Miene nur zu gut.
Er musste nicht lange warten. Wenig später konnte Fitzleger sich von den anderen lösen und nutzte die Gelegenheit, sich zu Anatole zu stellen.
»Mylord, auf ein Wort. Ich habe etwas bemerkt, das mir große Sorge bereitet.«
»Nicht schon wieder die mysteriöse Frau auf dem Friedhof!«
»Nein, dem Himmel sei Dank. Aber etwas ähnlich Gefährliches. Mir war bis heute Abend gar nicht bewusst, dass Ihr Bess Kennack in Eure Dienste genommen habt.«
»Wie? Habt Ihr sie denn nicht zu mir geschickt?«
»Nein, Mylord, ganz gewiss nicht.« Anatole runzelte die Stirn, meinte dann aber: »Dann wird das jemand anderer getan haben.«
»Aber haltet Ihr es für klug, sie unter Eurem Dach zu haben? Ich weiß, dass Ihr glaubt, etwas an ihr gutmachen zu müssen, doch dazu besteht nicht der geringste Anlass, mag die arme Bess denken, was sie will.« Der Alte schüttelte den Kopf. »Schickt sie zu mir. Wenn die Kleine eine Stellung braucht, so werde ich schon etwas für sie finden. Aber sie hier bei Euch zu wissen, lässt mir keine ruhige Minute.«
»Lasst es gut sein, Fitzleger. Solange Bess ihre Pflichten nicht vernachlässigt und meiner Mylady zu Gefallen ist, habe ich gegen ihre Anwesenheit nichts einzuwenden.« Anatole glaubte nicht, das Mädchen fürchten zu müssen, vor allem nicht, weil sich jetzt eine Gefahr näherte, die ihm wirklich Kopfschmerzen bereitete. Jemand kam, doch er konnte sich nicht auf ihn konzentrieren. Wenn mehrere St. Legers beisammen waren, störte das seine inneren Sinne, und er hatte dann das Gefühl, im Nebel zu stochern.
Nein, das war niemand aus der Dienerschaft, sondern eine Persönlichkeit, deren Präsenz sich wie ein kalter Dolch in seine Gedanken bohrte.
»Roman!«
Er stieß den Namen wie einen Fluch aus und schob sich an dem Reverend vorbei, um zum Eingang zu eilen. Doch er kam zu spät. Die Galerietür flog schon auf, und herein stolzierte Roman. Wieder erstarb die Unterhaltung, und alle richteten ihre Blicke auf den Neuankömmling. Anatole dachte bitter, dass sich niemand so auf einen gelungenen Auftritt verstand wie sein verhasster Vetter. Roman nahm brav Chapeau und Umhang ab und warf beides Bess Kennack in die Arme, die etwas verdutzt dastand. Er strich ihr mit zwei Fingern übers Kinn und lächelte sie so dreist an, dass das Mädchen rot anlief und sich hastig zurückzog.
Damit präsentierte sich der späte Besucher den anderen, auf dass sie ihn bewundern konnten. Er trug einen elfenbeinfarbenen Rock und eine passende Hose, dazu eine blaue, mit Silberfäden durchwirkte Weste. Das goldblonde Haar hatte er weit zurückgekämmt, damit seine edlen Züge mehr zur Geltung kamen. Als sein Blick auf Anatole fiel, funkelten seine Augen vor Boshaftigkeit. Die böse Fee, die man einzuladen vergessen hatte ... Anatoles Magen knotete sich zusammen, als er loslief, um dem Cousin den Weg
Weitere Kostenlose Bücher