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St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

Titel: St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
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beginnen, kehrten Anatoles Zweifel mit all ihrer Wucht zurück. Hatte er denn komplett den Verstand verloren?
    Seit Jahren hatte er bis auf Fitzleger niemanden mehr in sein Haus gebeten. Zum letzten Mal hatten sich alle St. Legers zur Totenwache für seinen Vater hier versammelt. Und an jenem Tag, der ihm nur noch als Albtraum in Erinnerung war, hätte er beinahe Roman umgebracht. Die Verwandten hatten ihm die Hand geben und ihm ihr Beileid aussprechen wollen, aber er hatte sie samt und sonders abgewehrt und Trost allein in der Einsamkeit gesucht. Seitdem hatte er Abstand zu Onkeln und Vettern gewahrt, und man war sich höchstens zufällig irgendwo begegnet. Verdammter Fitzleger und seine unerwünschten Ratschläge.
    Anatoles schlechte Laune verstärkte sich noch, als er auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer die Anwesenheit eines Menschen wahrnahm, der nicht auf der Burg lebte. Vermutlich eine von den Frauen, die Madeline im Dorf angeworben hatte.
    Sie hielt sich im Schatten unter der Treppe verborgen, und das behagte ihm überhaupt nicht.
    »Ihr da, kommt sofort heraus, und zeigt Euch!«
    Zögernd schlich ein Mädchen hervor, und zuerst bekam er von ihr nur Schürze, zerschlissenes graues Kleid und weiße Haube zu sehen. Dann war die junge Frau aus den Schatten.
    Der Burgherr erschrak, als er die Tochter der verstorbenen Marie Kennack erkannte.
    Ihr habt sie getötet, schien ihre verbitterte Miene auszudrücken. Ihr seid für ihren Tod verantwortlich. Anatole wich vor ihr zurück, als habe Bess ihn laut beschuldigt.
    »Was wollt Ihr hier?«
    »Die Kleider der Herrin abholen, die geflickt werden müssen.«
    »Nein, was sucht Ihr hier auf Castle Leger?«
    »Ich bin gekommen, weil es im Dorf hieß, auf der Burg würden Mägde gebraucht. Mylady war so freundlich, mir eine Stellung anzubieten. Oder wollt Ihr mich hier nicht haben?«
    Das war genau sein Wunsch, würde sie ihn doch ständig an die dunklen Seiten seiner Fähigkeiten erinnern. Aber er brachte es nicht übers Herz, das Mädchen fortzuschicken. »Die Auswahl des weiblichen Personals obliegt allein der Mylady. Doch merkt Euch für die Zukunft, Euch offen zu zeigen und Euch nicht in irgendwelchen Ecken herumzudrücken.«
    »Ja, Sir«, antwortete sie mit einem Knicks, aber ihm entging der blanke Hass in ihrem Blick nicht. Anatole sah ihr hinterher, als sie wie ein Geist die Gesindetreppe hinunterschlich. Sein Instinkt warnte ihn dringend, dass Bess nur Ärger bedeutete.
    Aber wenn jemand seine Großherzigkeit verdient hatte, dann dieses arme Mädchen. Offenbar hatte Fitzleger ihr Bescheid gegeben, und der alte Mann hatte sich ohne Zweifel etwas dabei gedacht.
    Vielleicht hatte Bess ihm ja inzwischen vergeben und ihren Fehler eingesehen, ihn für den Tod ihrer Mutter verantwortlich zu machen.
    Und wenn nicht, dann machte das auch nichts mehr aus.

12
    Wolkenbänke rasten über den schwarzen Himmel und löschten die Sterne aus. Ein frischer Wind ließ die Äste gegen die Fenster schlagen, und selbst der Mond schien sich versteckt zu haben.
    Was für eine Nacht, dachte Anatole, während er zum Himmel blickte und einen neuen Sturm spürte. Die perfekte Zeit, alle St. Legers bei sich zu versammeln. Er fühlte sich unbehaglich in seinem Sonntagsgehrock und den Kniebundhosen, als er die Treppe zur Auffahrt hinunterlief. Ranger folgte ihm nervös, so als spüre er die innere Unruhe seines Herrn.
    Der Wind zerrte an seinem Zopf und an seiner Halsbinde, aber er hatte es nicht eilig damit, ins Haus zurückzukehren. Der Burgherr sog noch einmal an seiner Pfeife - Fitzleger hatte ihn dazu verleitet und behauptet, das beruhige die Nerven -, aber die Brise hatte sie längst ausgehen lassen. Anatole klopfte seufzend den Tabak heraus und ließ das gute Stück in der Westentasche verschwinden. Ein Pfeifchen schmauchen zu wollen, war nur eine Ausrede von ihm gewesen, um der Hektik der letzten Vorbereitungen zu entgehen. Eine Woche lang hatte er sich mit dem Gedanken anfreunden können, sich mit der vermaledeiten Abendgesellschaft abzufinden, und er glaubte, dass ihm das mittlerweile gelungen sei. Madeline hatte er völlig freie Hand bei allen Arrangements gelassen und war ihr aus dem Weg gegangen.
    St. Leger hätte nie erwartet, wie merkwürdig ihre Vorbereitungen für ihn sein würden. Seine Frau hatte lange verschlossene Türen geöffnet, auch im übertragenen Sinn, und überall in der Galerie brannten jetzt helle Kerzen. Er lief ein Stück die Auffahrt entlang, bis er von außen

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